Von Frauen für Frauen
26. Januar 2007
Mit der Emma, der Zeitschrift "von Frauen für Frauen" in Deutschland, ist der Name Alice Schwarzer eng verknüpft. Sie ist seit 30 Jahren die bestimmende Kraft in der Redaktion, die Chefin und Herausgeberin. Im Blitzlichtgewitter der Fotografen fühlt sich Alice Schwarzer nach wie vor wohl. "Was ich interessant finde ist, dass Emma aus dieser Atmosphäre der klassischen, politischen Agitation in den siebziger Jahren kommt", sagt sie. "Dass ein Blatt aus dieser Zeit, dass die Emma es geschafft hat in diesen 30 Jahren, sich lebendig und offen den Entwicklungen zu stellen."
Von Romy Schneider zu Angela Merkel
276 Ausgaben der Emma sind bislang erschienen und die Themen haben sich in den 30 Jahren kaum gewandelt: Die Diskriminierung von Frauen, Abtreibung, Pornografie, die Arbeitsbedingungen für Frauen und das Verhältnis zur katholischen Kirche oder - jetzt aktuell - zum Islam. Besonders dreiste Exemplare des männlichen Geschlechts werden als Pascha des Monats an den Emma-Pranger gestellt.
Alice Schwarzer hat von Anfang an das Prinzip durchgehalten, ihre Themen mit der Geschichte einer einzelnen Frau zu verknüpfen. Ein anderes Emma-Prinzip ist, konsequent auf prominente Frauen zu setzen. Unter den Frauen, über die Emma berichtet, sind Wissenschaftlerinnen wie die Nobelpreisträgerin Christiane Nüsslein-Volhard eher in der Minderheit - Emma bevorzugt Schauspielerinnen, Musikerinnen und andere Akteurinnen aus der Medienszene. Bundeskanzlerin Angela Merkel wurde vorbehaltlos von der Emma-Redaktion unterstützt. "Angefangen mit dem Thema Vorbilder, das haben wir ja von Anfang an gehabt", erzählt Schwarzer und verweist auf Virginia Woolf und Romy Schneider. "Da war das noch gar nicht Mode und auch feministisch sehr verpönt."
Drei Viertel der Leserinnen sind über 30
Der erste spektakuläre öffentliche Auftritt der Journalistin Alice Schwarzer lag einige Jahre vor dem Start der Emma: 1972 initiierte sie die Aktion "Ich habe abgetrieben". 374 Frauen beteiligten sich damals an dem öffentlichen Bekenntnis. Ende 1975 erschien das Buch "Der kleine Unterschied und seine großen Folgen". Das Taschenbuch analysierte den Alltag in den Schlafzimmern der Bundesrepublik und wurde zum ersten feministischen Bestseller. Mit dem Honorar aus dem Verkauf ihres ersten Buches finanzierte Alice Schwarzer den Start ihrer Zeitschrift.
Anke Engelke ist eine der wenigen weiblichen Comedy-Stars im deutschen Fernsehen. Sie ist seit zehn Jahren bekennende Emma-Leserin und wird in unregelmäßigen Abständen für das Blatt interviewt. "Ich verkörpere einiges von dem, was gesellschaftlich eigentlich nicht funktionieren kann oder darf: Ich bin Mehrfachmutter, bin heterosexuell glücklich und bin sehr berufstätig", sagt sie. "Und - das ist für mich das Wichtigste und auch für Alice und das Blatt - ich bin für manch junges Mädchen nicht ganz unwichtig, weil die Mädchen und jungen Frauen auf das schauen, was ich mache, das sehr bewusst wahrnehmen und sich damit auseinandersetzen." Rund 25 Prozent der Leserinnen sind jünger als die Emma. Vor allem aber sind die Leserinnen gebildet. Die Hälfte hat ein abgeschlossenes Hochschulstudium.
Gegen Prostitution
Alice Schwarzer und die Emma haben in den vergangenen 30 Jahren auch selbst für Schlagzeilen gesorgt. 1978 verklagten Alice Schwarzer und neun andere Frauen die Wochenzeitschrift "Stern" wegen sexistischer Titelbilder. 1978 berichtete die Emma das erste Mal über sexuellen Missbrauch, 1984 sorgte die Emma mit dafür, dass das Thema Essstörungen einer breiten Öffentlichkeit bewusst wurde. Im Jahr 2000 feierte Emma die erste Bundeswehrsoldatin. Inzwischen ist es immer wieder die Forderung für ein schärferes Vorgehen gegen muslimische Extremisten, die Alice Schwarzer in die Schlagzeilen bringt.
Und ein anderes Thema zieht sich durch die Geschichte der Emma wie ein roter Faden: Alice Schwarzers Kampf gegen die Prostitution. "Meine Haltung zur Prostitution war immer: Solidarität mir Prostituierten", sagt sie. Mit dem Prostitutionsgesetz von 2002 sei die Prostitution gesellschaftsfähig geworden, ohne dass die betroffenen Frauen davon profitiert hätten. Alice Schwarzer will eine gesellschaftliche Debatte anstoßen. Ziel der Debatte ist die Rücknahme des Gesetzes. Gleichzeitig macht sie sich für ein Freiergesetz wie in Schweden stark, das den käuflichen Erwerb sexueller Dienstleistungen unter Strafe stellt.