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Politik

Empörung über Erdogan-Entgleisungen

6. März 2017

"Abstrus", "unglaublich", "inakzeptabel" - so reagieren führende deutsche Politiker auf jüngste Äußerungen des türkischen Staatschefs. Erdogan hatte deutschen Behörden zuvor allen Ernstes "Nazi-Methoden" vorgeworfen.

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Recep Tayyip Erdogan in Istanbul
Auftritt vor Anhängern in Istanbul: Recep Tayyip ErdoganBild: Reuters/M. Sezer

Kanzleramtschef Peter Altmaier verurteilte den Nazi-Vergleich des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan als "absolut inakzeptabel". Das werde die Bundesregierung auch sehr klar und deutlich zum Ausdruck bringen, sagte Altmaier im Ersten Deutschen Fernsehen. Man sei im ständigen Kontakt mit den Verantwortlichen in der Türkei. "Wir werden dafür sorgen, dass die Bedeutung und die ganze Problematik der Vorgänge der letzten Tage auch in Ankara erkannt und nachvollzogen wird", kündigte er an. Wahlkampf-Auftritte türkischer Minister sollten grundsätzlich nicht verboten werden, betonte Altmaier. "Aber das muss nach Recht und Gesetz vorgehen. Das muss angemeldet werden, das muss überprüft werden."

Am Vortag hatte bereits Bundesjustizminister Heiko Maas die Vergleiche Erdogans zurückgewiesen, Deutschland verhindere mit Nazi-Praktiken Wahlkampfauftritte türkischer Politiker in der Bundesrepublik. Dies sei "infam, abstrus und aufs Schärfste zurückzuweisen", sagte Maas. Zugleich mahnte er zu etwas Gelassenheit in Bezug auf den türkischen Staatschef: "Es geht ihm darum, zu provozieren. Und wir müssen aufpassen, dass wir uns nicht provozieren lassen."

Heiko Maas
Fand beim Talk "Anne Will" klare Worte: Heiko MaasBild: picture-alliance/dpa/K.Schindler

Eine Eskalation bis zum Abbruch der diplomatischen Beziehungen könne niemand wollen, weswegen er auch gegen ein generelles Auftrittsverbot für türkische Regierungspolitiker in Deutschland sei, führte der deutsche Justizminister weiter aus. "Wenn es darum geht, einen solchen Auftritt zu verbieten, könnte die Bundesregierung das nur durchsetzen, indem sie ein Einreiseverbot ausspricht für Regierungsmitglieder aus der Türkei oder Erdogan - und ich glaube, das ist genau das, was Erdogan jetzt will", mutmaßte der SPD-Politiker.

"Wenn ich will, komme ich"

Erdogan hatte am Sonntag in Istanbul unter anderem gesagt: "Ich habe gedacht, der Nationalsozialismus in Deutschland ist vorbei, aber er geht noch immer weiter." Deutschland habe nichts mit Demokratie zu tun. Er kommentierte damit die Entscheidungen einiger deutscher Kommunen und Veranstalter, geplante Wahlkampfauftritte türkischer Politiker abzusagen - überwiegend wegen Sicherheitsbedenken.

Zu Berichten, dass er selbst einen Auftritt in Deutschland plane, sagte Erdogan: "Wenn ich will, komme ich morgen. Ich komme, und wenn ihr mich nicht hereinlasst oder micht nicht sprechen lasst, dann werde ich einen Aufstand machen."

"Geschichtsvergessen"

Auch die Union im Bundestag verurteilte die Nazi-Vergleiche vehement. "Das ist ein unglaublicher und nicht akzeptabler Vorgang, dass der Präsident eines NATO-Mitgliedes sich so über ein anderes Mitglied äußert", betonte Fraktionschef Volker Kauder. "Unverschämt, geschichtsvergessen, anmaßend!", urteilte Julia Klöckner, Stellvertreterin von CDU-Chefin Angela Merkel. Erdogan sollte sich entschuldigen, sagte Klöckner der "Bild"-Zeitung (Montagsausgabe). CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer sprach von einer "ungeheuerlichen Entgleisung des Despoten vom Bosporus".

Nihat Zeybekci spricht im Senats Hotel in Köln
Auftritt im "Senats Hotel" in Köln: Nihat ZeybekciBild: picture alliance/dpa/H. Kaiser

Der Vorsitzende der türkischen Gemeinde in Deutschland, Gökay Sofuoglu, sagte: "Erdogan ist einen Schritt zu weit gegangen." Wie zuvor Bundesjustizminister Maas sprach er sich auch gegen ein Einreiseverbot für den türkischen Staatschef aus: "Wenn er kommen will, soll er das tun."

Nach zwei geplatzten Wahlkampfveranstaltungen trat der türkische Wirtschaftsminister Nihat Zeybekci am Sonntagabend schließlich in einem Kölner Hotel auf und warb dabei für die Politik Erdogans. Dieser strebt ein Präsidialsystem an, das ihm deutlich mehr Macht verleihen und das Parlament schwächen würde. An einem Referendum am 16. April können auch im Ausland lebende stimmberechtigte Türken teilnehmen, darunter rund 1,4 Millionen in Deutschland.

wa/kle (dpa, afp)