Ende des Exils für St. Helena
15. Oktober 2017Der Jungfernflug ist geglückt. Einmal wöchentlich geht künftig ein Linienflug von Johannesburg zu der Vulkaninsel im südlichen Atlantik, rund 1900 Kilometer westlich von Angola. Der Flug einer südafrikanischen Fluggesellschaft zu dem britischen Überseegebiet soll sechs Stunden dauern - statt einer fünftägigen Reise per Schiff.
Den Flughafen zu bauen, war eine technische Herausforderung: Da der beste Ort wegen der in der Nähe liegenden Brutplätze einer gefährdeten Vogelart als Option ausschied, musste ein ganzer Berggipfel abgetragen und ein Tal aufgefüllt werden, um eine ebene Fläche für die Start- und Landepiste zu bekommen.
Für weitere Schwierigkeiten sorgten die heftigen Winde auf St. Helena. Die im vergangenen Jahr geplante feierliche Einweihung des Flughafens musste wenige Wochen zuvor verschoben werden, weil die Landung mit der Boeing 737 bei den herrschenden Seitenwinden kaum möglich war. Nun fliegen kleinere Maschinen die Insel an. Mit ihnen seien Landung und Start sicher, beteuert Flughafenchefin Janet Lawrence nach mehr als einjährigen Tests. Einer der Passagiere des ersten Linienflugs drückte auf Twitter dennoch seine Hoffnung auf ruhiges Wetter aus.
Fünf Jahre hatte der Bau des Flughafens gedauert. Wegen der Kosten von 285 Millionen Pfund (320 Millionen Euro) gab es heftige Kontroversen. Britische Medien hatten den Flughafen als "nutzlosesten Flughafen der Welt" betitelt und errechnet, dass die Kosten sich für jeden der rund 4500 "Saint", wie die Einwohner der kleinen Insel genannt werden, auf rund 60.000 Pfund (67.400 Euro) belaufen.
Die Gouverneurin Lisa Phillips betonte, dass der Flughafen schon vor seiner jetzigen kommerziellen Nutzung seinen Wert bewiesen habe. In den vergangenen 18 Monaten habe es einige lebensrettende Flüge für medizinische Notfälle gegeben.
Von der Investition erhofft sich das Vereinigte Königreich, nicht nur die Isolation der Einwohner zu beenden, sondern auch eine neue Einkommensquelle zu erschließen. Der Flughafen werde "den Tourismus ankurbeln", hieß es aus dem für die Entwicklung der Überseegebiete zuständigen Ministerium. Es locken: karge Felspanoramen, seltene Vögel und Pflanzen und die letzte Bleibe von Napoleon.
London möchte für das Erbe der Kolonialzeit langfristig weniger Geld ausgeben als bisher. Allein im Jahr 2015 lag die Finanzhilfe aus Steuermitteln bei 53,5 Millionen Pfund (60 Millionen Euro).
Und das Postschiff "RMS St. Helena", das alle drei Wochen Post, Lebensmittel, Autos und Besucher transportierte? - Wird im 21. Jahrhundert überflüssig. Sein Dienst endet im kommenden Jahr.
ust/wa (afp, rtr)