Endlich 18: Regierung spendiert Kulturpass
13. Juni 2023Als sei es eine bemerkenswerte Eigenleistung, ein bestimmtes Alter zu erreichen, gehört es zum guten Ton: Wer 18 wird und damit endlich volljährig, bekommt etwas Geld zugesteckt - von den Eltern oder Großeltern, vielleicht sogar von Tanten und Onkels. Die Geste soll ausdrücken: Gönn' Dir mal was! Zu den Gratulanten in Geberlaune gesellt sich nun auch Deutschland.
Die Bundesregierung spendiert den Jugendlichen zum 18. Geburtstag ab sofort 200 Euro. Wer jetzt gedanklich schon den nächsten Kurztrip zum Ballermann vorplant: Stopp! Der Betrag wird nicht ausgezahlt, sondern steht im sogenannten Kulturpass zur Verfügung. Die Summe kann für kulturelle Veranstaltungen auf den Kopf gehauen werden: in Museen, für Theaterbesuche, Pop-Konzerte, die Oper oder für Kinofilme. Ob der Kulturpass auch das Popcorn abdeckt, müssen die 18-Jährigen selbst herausfinden. Alt genug sind sie ja jetzt.
Comics, Oper, Konzerte - bezahlt mit dem Kulturpass
Auch der Kauf von Schallplatten, Büchern, Noten und sogar Musikinstrumenten wird gefördert. Einzige Voraussetzung: Das Budget muss vor Ort eingelöst werden, in einem richtigen Laden. Streaming- und Abodienste sind vom Kulturpass genauso ausgenommen wie Online-Versandhändler.
Um in den Kulturgenuss zu kommen, reicht es aus, sich per App oder über eine Internet-Plattform zu registrieren, auf diese Weise wird auch abgerechnet. Anspruch haben alle, die im Jahr 2023 18 Jahre alt werden und ihren Wohnsitz in Deutschland haben. Nach Schätzungen des Statistischen Bundesamts trifft das auf rund 750.000 Jugendliche zu. Für die Förderung stehen aus dem Etat der Staatsministerin für Kultur und Medien 100 Millionen Euro zur Verfügung. Das klingt spendabel, bedeutet aber auch: Wenn alle Anspruchsberechtigten die Förderung beantragen, fehlen 50 Millionen Euro.
"Nach der entbehrungsreichen Corona-Zeit können Kulturanbieterinnen und -anbieter nun durch den Kulturpass ein junges Publikum vor Ort gewinnen und langfristig an sich binden", sagte Kulturstaatsministerin Claudia Roth im Mai bei der Vorstellung des Pilotprojekts.
Andere Staaten sind spendierfreudiger
Einrichtungen und Geschäfte können sich auf der Plattform ebenfalls registrieren. Die von den Jugendlichen in Anspruch genommenen Angebote werden den Anbietern im Nachgang erstattet. Mehr als 700 Kulturanbietende haben sich bereits angemeldet.
Mit dem Kulturpass folgt Deutschland dem Vorbild anderer europäischer Staaten. Bereits seit 2016 gewährt Italien mit der 18app einen Kulturbonus in Höhe von 500 Euro. Die rechtspopulistische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni drohte im vergangenen Jahr zwar mit der Abschaffung der Förderung, die Pläne wurden bislang aber verschoben.
Dass die Förderung nicht zwingend den kulturellen Spielstätten nützt, zeigt derweil ein Blick nach Frankreich: Das dort 2021 aufgelegte Programm gewährt den 18-Jährigen ein Budget in Höhe von 300 Euro. Im ersten Jahr wurden drei Viertel des Budgets in Bücher investiert, davon zwei Drittel in japanische Manga. Kinos und Theater konnten kaum von dem Programm profitieren.
So einer Entwicklung beugte Spanien direkt vor, als es im vergangenen Jahr die 400 Euro hohe kulturelle Förderung der neuen Volljährigen einführte: Die Hälfte des Budgets stand ausschließlich für Live-Veranstaltungen zur Verfügung. Stierkämpfe - in weiten Teilen des Landes als kulturelles Gut verankert - nahm die Regierung nach einigen Streitigkeiten mit der Opposition im Parlament von der Förderung aus.