Endlich wieder Karneval in Rio de Janeiro!
Nach der Corona-Zwangspause ziehen wieder Wagen und Tänzer durch das Sambodrom. Viele Sambaschulen würdigen mit ihren Kostümen das afrikanische Erbe des Sambas - und kritisieren damit Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro.
Eng an eng - das Sambodrom voller Menschen
Die Tribünenstraße Sambodrom, in den 1980er Jahren von Oscar Niemeyer entworfen, beherbergte in der Pandemie Obdachlose und ein Impfzentrum. Noch im vergangenen Jahr war Brasiliens Gesundheitssystem unter der Zahl der Corona-Infektionen zusammengebrochen. Mit einer Impfquote von 76 Prozent kehrt das Land nun langsam zur Normalität zurück. Und das Sambodrom gehört wieder Tänzerinnen und Tänzern.
Respekt für das Leben - und die Toten
"Nur wer Sambatänzer ist, weiß, wie wichtig es für uns ist, diesen heiligen Boden wieder zu betreten", erzählt Rafaela Teodoro von der Sambaschule Imperatriz der ARD-Korrespondentin in Rio de Janeiro. Sie erinnert auch an die Corona-Toten: "Mit Respekt für all die Leben, die wir in diesen zwei Jahren verloren haben. Für all sie geben wir heute alles."
Die Geister der Pandemie vertreiben
Brasilien hatte nach den USA die meisten Corona-Toten zu beklagen. Zusätzlich litt die Wirtschaft der Karnevalsmetropolen unter der Absage der Paraden - nach offiziellen Angaben hängen bis 45.000 Jobs an den Umzügen. Nun sieht sich das Land auf dem Weg der Besserung. So sind laut Hotelverband während der diesjährigen Karnevalszeit 78 Prozent der Hotels in Rio de Janeiro wieder ausgelastet.
Kreativ und politisch - der Sambakünstler
Martinho da Vila, einer der prägendsten Vertreter des Sambas und Ehrenvorsitzender der Sambaschule Vila Isabel, fährt als Ehrengast auf dem Wagen der Schule. Der 84-jährige Musiker hat zahlreiche Sambas komponiert. In seinen Artikeln und Kolumnen hat er sich als Sprecher der afrobrasilianischen Community und Kritiker des konservativen Präsidenten Jair Bolsonaro profiliert.
Rassismus ist Geschichte und Gegenwart
Widerstand - Resistencia: Motive der Sklaverei sind ein thematischer roter Faden, der sich durch diesen Karneval zieht. Es geht dabei auch um den Kampf der Afrobrasilianer für die Bewahrung ihrer Kultur, Geschichte und Religiosität. Wie schon 2019 und 2020 positionieren sich die Schulen damit kritisch gegenüber der Bolsonaro-Regierung, die mit vielen Aussagen Hass und Intoleranz schürt.
Karneval - die pure Lebensfreude
Neben aller Gesellschaftskritik überwiegt in diesem Jahr die Freude darüber, dass der Karneval zurück ist und seine Formen, Farben und Klänge wieder die Fantasie anregen. Ergriffen sagt Sambatänzerin Ana Paula Varca der Deutschen Presseagentur: "Diese Freude. Schrecklich ohne Karneval." Sie schränkt aber auch ein: "Selbst dieser Karneval jetzt ist nicht der, den wir kennen."