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Endspurt bei Atom-Verhandlungen mit Iran

Barbara Wesel, Brüssel16. März 2015

Die EU drängt Teheran noch einmal zu einem Atom-Abkommen - und kämpft gegen neue Hürden. Bei den Verhandlungen mit dem Iran läuft Ende nächster Woche die letzte Frist des US-Senats ab. Barbara Wesel aus Brüssel.

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Iranische Atomanlagen
Iranische Atomanlagen sollen Beschränkungen und Kontrollen unterworfen werdenBild: Atta Kenare/AFP/Getty Images

"Die nächsten beiden Wochen sind kritisch bei diesen Verhandlungen", sagte Federica Mogherini zum Stand der Atomgespräche mit dem Iran. Die Außenbeauftragte der EU hat den iranischen Unterhändler Dschawad Sarif in Brüssel zunächst unter vier Augen getroffen. Erst danach sind die Außenminister von Großbritannien, Frankreich und Deutschland dazugekommen, um auszuloten, wie und ob die Europäer noch bestehende Blockaden vor einer Einigung über die Beschränkung des iranischen Atomprogramms beseitigen könnten. "Es gibt noch einige Diskrepanzen", sagt Mogherini zum Stand der Gespräche kryptisch. Und Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier plädierte dafür, nach über zehn Jahren der Verhandlungen die Gelegenheit zu ergreifen und die Gespräche zu einem guten Ende zu bringen.

Es gibt neue Differenzen

Dabei sind nach Berichten von Diplomaten aus Lausanne, wo derzeit die offiziellen Verhandlungen mit US-Außenminister John Kerry geführt werden, in jüngster Zeit wieder neue Hindernisse aufgetaucht. Dabei soll es um eine der unterirdischen Atomanlagen Irans gehen, wo Teheran neuerdings den Fortbestand von Hunderten von Zentrifugen zur Urananreicherung fordert. Der Westen hatte für diese besonders gut gegen Angriffe geschützte Anlage verlangt, sie ganz in eine Forschungsstätte umzuwandeln. Auch US-Außenminister Kerry räumte ein, es gebe noch politische Differenzen zwischen den Forderungen beider Seiten. Die könnten sich auf die Zahl und Intensität von Inspektionen oder die Schritte zur Rücknahme der Sanktionen gegen Teheran beziehen. Alle spielen die Karten derzeit eng an der Brust, es werden keine Einzelheiten veröffentlicht. Klar ist nur, dass Ende März als Frist wohl bindend ist. Bis dahin soll eine Rahmenvereinbarung stehen, mit der Teheran sein Atomprogramm für mindestens zehn Jahre einfriert, und Washington im Gegenzug die schweren Wirtschaftssanktionen gegen das Land schrittweise aufhebt. Bis zum Sommer soll dann diese Rahmenvereinbarung mit den technischen Details ausgefüllt und unterschriftsreif sein. Aber noch ist der Ausgang offen.

Atomverhandlungen zwischen US-Außenminister John Kerry und iranischem Außenminister Javad Zarif im schweizerischen Lausanne
Kerry (l.) und der iranische Außenminister Sarif: In Lausanne wird im 5+1 Format mit dem Iran verhandeltBild: Reuters/Brian Snyder

Keine Fristverlängerung über Ende März hinaus

"Es ist eher ein gutes Zeichen, dass man wenig über den Verlauf der Gespräche hört", sagt Cornelius Adebahr von der politischen Denkfabrik Carnegie-Stiftung. Es gebe ein gewisses Missverhältnis zwischen den kargen Meldungen von den Verhandlungen und dem, was intern bei den Experten für internationale Politik diskutiert wird. Das deute eher darauf hin, dass man voran komme. Allerdings meint er auch, dass die vom US-Senat gesetzte Frist bis Ende nächster Woche nicht verlängerbar sei. "Kerry kann dann nicht weitermachen", sagt Adebahr, unmöglich könne er noch einmal hingehen und in Washington um eine weitere Frist bitten. Komme es nicht zu dem gewünschten Ergebnis, würde dort eine neue Debatte um eine Ausweitung der bestehenden harten Sanktionen gegen den Iran losgehen.

Nach Presseberichten wie etwa in der Londoner "Times" ist es vor allem der miserable Zustand der iranischen Wirtschaft, der sogar Hardliner im iranischen Regime derzeit kompromissbereit mache. Ein interner Bericht spreche sogar von einem Ruin, im Öl- und Gassektor fehlten viele Milliarden an Investitionen, 60 Prozent der kleinen Unternehmen seien bankrott, der Verfall des Ölpreises habe das Unglück noch vergrößert. Adebahr hält es allerdings für falsch, darauf zu setzen, dass Teheran allein aus wirtschaftlicher Not einlenken würde. Das habe man schon früher geglaubt, aber die Iraner seien zäh. Ein Abkommen unter zu großem Gesichtsverlust sei nicht vorstellbar. Und Druck gebe es auf beiden Seiten, auch bei der US-Regierung.

Straßenverkäufer im Iran (Foto: DW)
Die Sanktionen haben die iranische Wirtschaft gelähmtBild: Linda Dorigo/Transterra Media

EU braucht eigene Rolle gegenüber Iran

Der Außenpolitik-Experte aber mahnt die EU, zu einer eigenen politischen Rolle gegenüber Teheran zu finden. Es geht um das, was die Außenbeauftragte Mogherini einen "breiter angelegten Dialog" nennt. Je nachdem, wie die Gespräche ausgingen, könnte es dabei verschiedene Ziele geben. Im besten Fall, wenn es zu einer Einigung komme, sei die Liste der möglichen Themen für eine neue Zusammenarbeit zwischen der EU und dem Iran lang: Das fange an mit zivilgesellschaftlichen Aspekten wie Austauschprogrammen für Wissenschaftler oder Sportler über Menschenrechtsfragen, mögliche spätere Gaslieferungen und allgemeine Bemühungen seitens der Europäer, die internationale Isolation des Landes zu beenden. "Es geht um die ganze Bandbreite bilateraler Zusammenarbeit", sagt Cornelius Adebahr.

Politikwissenschaftler Cornelius Adebahr
Politikwissenschaftler Adebahr: "Ein gutes Zeichen"Bild: Carnegie/Kaveh Sardari

Doch selbst wenn die Gespräche einmal mehr scheitern sollten, sei noch nicht alles verloren, meint der Experte. Zwar würde dann die EU in eine Eskalationsspirale mit hineingezogen, die durch weitere Sanktionen der USA und mögliche politische Reaktionen auf iranischer Seite entstehen würde. Aber auch unter diesen Umständen seien noch Elemente eines breiteren Ansatzes, wie zum Beispiel eine Zusammenarbeit bei der Bekämpfung von Drogenhandel, möglich. Solche Einzelprojekte könnten dann auch mit Geld ausgestattet werden.

Falls die Verhandlungen ohne ein positives Ergebnis enden, man aber den Status Quo aus der Interimsvereinbarung weiter bestehen lässt, wäre "Durchwursteln" angesagt. Und gerade dann könnte die Stunde der Europäischen Union kommen, sagt Politikwissenschaftler Adebahr. Wollten die Europäer nicht zurück zur Konfrontation, könnten sie die verschiedensten Ansätze für Verhandlungen nutzen: Etwa die Zusammenarbeit im Kampf gegen den Islamischen Staat (IS) offiziell machen oder die Möglichkeiten beim teilweise erlaubten Handel stärker nutzen. Gespräche über Waffen-Kontroll-Abkommen und die Lösung aktueller Konflikte, wie die Zukunft von Syrien, seien denkbar. Jedenfalls sollte die EU den kontraproduktiven Ausschluss Teherans aus der Konfliktlösung in der Region beenden. Auch unter diesen Umständen wäre es möglich, dass sich die EU der Zivilgesellschaft des Landes zuwendet sowie Themen wie Pressefreiheit und Arbeitsrecht. All das ließe sich am effektivsten in Gang setzen, wenn eine Taskforce Iran bei der Außenbeauftragten in Brüssel angesiedelt würde, so der Experte.

Derzeit aber wird noch um ein positives Ergebnis der Gespräche gekämpft: "Es gibt Fortschritte in einigen Punkten, und keine Fortschritte in anderen", umschrieb der britische Außenminister Philip Hammond die Lage. Und sein französischer Kollege Laurent Fabius erklärte: "Wir wollen eine Vereinbarung nur, wenn sie auch haltbar ist." Die Europäer können jetzt zeigen, ob sie ihre Rolle als Eisbrecher auszufüllen verstehen.