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Politik

Erdogan ruft zu Frankreich-Boykott auf

26. Oktober 2020

Der Streit zwischen Frankreich und der Türkei über Mohammed-Karikaturen und den Umgang mit dem Islam verschärft sich. Der türkische Präsident nimmt dabei auch europäische Politiker ins Visier und nennt sie "Faschisten".

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Frankreich Paris | Staatstreffen | Erdogan und Macron
Der türkische Präsident Erdogan wirft seinem französichen Amtskollegen eine "Hasskampagne" vor (Archivbild, 2018)Bild: picture-alliance/AP Photo/L. Marin

Nach seinen Verbal-Attacken gegen den französischen Präsidenten Emmanuel Macron legte der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan noch einmal nach: "So wie in Frankreich einige sagen 'kauft keine türkischen Marken', richte ich mich an meine Nation: Achtet nicht auf französisch gekennzeichnete Waren, kauft sie nicht", sagte Erdogan in einer Fernsehansprache.

Muslime seien in Europa einer "Lynchkampagne" ausgesetzt, die mit der Verfolgung "der Juden vor dem Zweiten Weltkrieg" vergleichbar sei, behauptete Erdogan. Europäischen Staats- und Regierungschefs warf er vor, "im wahren Sinne Faschisten" und "Kettenglieder des Nationalsozialismus" zu sein. Europa müsse die "von Macron gesteuerte Hasskampagne" gegen Muslime beenden.

Frankreich verteidigt Mohammed-Karikaturen

Hintergrund seiner scharfen Äußerungen ist Macrons Reaktion auf die mutmaßlich islamistisch motivierte Ermordung eines Geschichtslehrers nahe Paris in der vergangenen Woche. Der französische Präsident hatte nach der Tat strengere Kontrollen von Moscheen und anderen muslimischen Einrichtungen angekündigt. Außerdem hatte er das Recht auf Veröffentlichung religionskritischer Karikaturen bekräftigt.

Frankreich werde nicht "auf Karikaturen und Zeichnungen verzichten, auch wenn andere sich davon zurückziehen", sagte Macron bei einer Gedenkfeier zu Ehren des ermordeten Lehrers Samuel Paty. Dieser hatte Mohammed-Karikaturen im Unterricht gezeigt und war auf offener Straße getötet und danach enthauptet worden.

Frankreich | Paris | Macron bei der Gedenkzeremonie für den Lehrer Samuel Paty 21.10.2020
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron bei der Gedenkfeier für den ermordeten Lehrer Samuel PatyBild: Francois Mori/Reuters

Supermärkte nehmen französische Waren aus dem Sortiment

Nicht nur in der Türkei sorgten Macrons Äußerungen für Empörung. Supermärkte in Katar und Kuwait bereiten ebenfalls den Boykott französischer Produkte vor. Auch in Jordanien sollen Waren aus Frankreich verbannt werden.

Für den Präsidenten des französischen Arbeitgeberverbandes Medef, Geoffroy Roux de Bézieux, sind die Boykottaufrufe gegen Frankreich in arabischen Staaten eine "schlechte Nachricht". Zugleich rief er die Verbandsmitglieder auf, sich einer solchen "Erpressung" zu widersetzen: "Unsere Werte zählen mehr als unsere Geschäfte", sagte er dem Radiosender RMC.

Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) bekräftigte derweil die deutsche Solidarität mit Frankreich und nannte Erdogans persönliche Angriffe auf Macron einen "neuen Tiefpunkt" und "völlig inakzeptabel". Erdogan hatte Macron am Wochenende Islamfeindlichkeit vorgeworfen und Zweifel an seiner geistigen Gesundheit angemeldet.

Lira weiter auf Talfahrt

Die Boykott-Drohungen von Präsident Erdogan gegen Frankreich beflügeln den Abschwung der türkischen Lira. Die Währung erreichte im Handel mit dem US-Dollar und dem Euro jeweils Rekordtiefs. Erstmals müssen für einen Dollar mehr als acht Lira gezahlt werden. Seit mittlerweile neun Wochen befindet sich die türkische Währung zum Dollar auf Talfahrt. Experten warnen vor den Folgen des Wertverfalls.

mir/rb (rtr, dpa, afp)