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Erdogan gibt sich großzügig

30. Juli 2016

Der türkische Staatschef zieht alle Anzeigen wegen Präsidentenbeleidigung zurück. Allerdings nur in der Türkei: Die Anzeige gegen TV-Satiriker Jan Böhmermann bleibt laut Erdogans Anwalt bestehen.

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Recep Tayyip Erdogan (Foto: Reuters)
Bild: Reuters/U.Bektas

Diese Maßnahme könnte die türkischen Gerichte entlasten: Noch vor einigen Monaten hatte Justizminister Bekir Bozdag berichtet, dass in der Türkei gut 1800 Verfahren wegen Präsidentenbeleidigung anhängig seien, darunter auch gegen Oppositionspolitiker und Journalisten. Präsident Erdogan sprach am Abend im Präsidentenpalast von hunderten Menschen, die er nun verschonen wolle. "Nur dieses eine Mal" wolle er vergeben und alle Fälle wegen Respektlosigkeit und Beleidigung gegen ihn zurückziehen, so Erdogan.

Ankündigung betrifft nur die Türkei

Nach Angaben von Medienanwalt Ralf Höcker sind die Strafanzeigen Erdogans in Deutschland jedoch noch nicht ad acta gelegt. "Die Ankündigung bezieht sich nur auf die Türkei. In Deutschland ändert sich vorerst nichts", sagte Höcker. Der Anwalt hatte den türkischen Präsidenten bereits bei rechtlichen Auseinandersetzungen wegen Beleidigung vertreten.

Erdogan hatte unter anderem Anzeige gegen den TV-Satiriker Jan Böhmermann erstattet. Böhmermanns Anwalt war für eine Stellungnahme zunächst nicht zu erreichen. Ein ZDF-Sprecher sagte, dem Sender lägen noch keine Informationen darüber vor, welche Konsequenzen Erdogans Ankündigung für die Anzeigen in Deutschland habe.

Böhmermann hatte Ende März in seiner Sendung "Neo Magazin Royale" ein Gedicht mit dem Titel "Schmähkritik" vorgetragen. Für das von Erdogan geforderte Strafverfahren war eine Ermächtigung der Bundesregierung nötig.

"Um die eigenen Angelegenheiten kümmern"

Unnachgiebiger zeigte sich Erdogan gegenüber der Haltung des Westens nach dem Putschversuch vor zwei Wochen. Kritik aus dem Ausland am harten Vorgehen der Sicherheitsbehörden gegen mutmaßliche Verschwörer wies der türkische Präsident zurück und forderte die USA und die Europäische Union auf, "sich um ihre eigenen Angelegenheiten zu kümmmern". "Einige Leute geben uns Ratschläge. Sie sagen sie sind besorgt… Schaut auf eure eigenen Taten", so Erdogan. Er fügte hinzu: Kein einziger ranghoher westlicher Politiker habe zuletzt die Türkei besucht, um nach dem Tod von 237 Zivilisten und loyalen Sicherheitskräften zu kondolieren. Den Kritikern hielt er vor, auf der Seite der Putschisten zu stehen.

fab/kle (dpa, afp)