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Syriens letzte Hoffnung?

Hendrik Heinze2. September 2012

Der neue Syrien-Beauftragte der Vereinten Nationen ist auf seinem Posten. Kann der frühere algerische Außenminister und versierte Krisenmanager Lakhdar Brahimi mehr erreichen als sein Vorgänger Kofi Annan?

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Neuer Syrien-Sonderbeauftragter Lakhdar Brahimi (Foto: Reuters)
Neuer Syrien-Sonderbeauftragter Lakhdar BrahimiBild: Reuters

Afghanistan, Irak, Sudan, Haiti: Wo immer es in den vergangenen Jahrzehnten brannte, Lakhdar Brahimi war dort. Als Feuerwehrmann - mal der Vereinten Nationen (UN), mal der Arabischen Liga. Der Algerier gilt als einer der erfahrensten Krisendiplomaten überhaupt. Nun ist er der neue Syrien-Beauftragte der UN und der Arabischen Liga. Brahimi soll schaffen, woran Kofi Annan gescheitert ist: Frieden für Syrien.

Denkbar schlechte Startbedingungen

"Kofi Annan ist gescheitert, weil die entscheidenden Mächte keinen Willen hatten, zu einer friedlichen Lösung in Syrien beizutragen", sagt Thorsten Benner vom Global Public Policy Institute (GPPi) in Berlin. Weder die syrische Regierung unter Präsident Assad noch die Rebellen seien an einer friedlichen Lösung des Konfliktes interessiert. "Und es sind natürlich auch die großen Mächte im Sicherheitsrat, vor allem Russland und China, die eine Lösung blockiert haben."

Kofi Annan in einem UN-Büro. (Foto: Reuters)
Als Syrien-Vermittler gescheitert: Kofi AnnanBild: Reuters

Denkbar schlechte Startbedingungen also für einen neuen Vermittler, glaubt Benner. "Aber der neue Gesandte kann sich auch sagen: Der größtmögliche Diplomat, der Friedensnobelpreisträger Kofi Annan, ist gescheitert. Ich gehe dieses Mandat ohne Illusionen an und kann dabei nur gewinnen." Mit 78 Jahren habe Brahimi schließlich nicht mehr viel zu verlieren.

Der Publizist und Nahostexperte Michael Lüders widerspricht und zitiert einen libanesischen Journalisten: Brahimi werde immer dann aufgestellt, wenn es politisch nichts mehr zu gewinnen gebe. Lüders ist auch davon überzeugt, dass ein Friedenskompromiss gar nicht Brahimis Auftrag sei: "Vor allem die westlichen Staaten, aber auch Saudi-Arabien, Katar und die Türkei, wollen einen Sturz von Baschar al-Assad." Dafür sei Brahimi ideal, weil er sich diesem Anliegen nicht widersetzen werde. Kofi Annan dagegen habe ernsthaft zwischen Regierung und Opposition vermitteln wollen.

"Freundlicher, analytischer Kopf"

"Brahimi ist ein sehr offenherziger, freundlicher, zugewandter, analytischer Kopf", sagt Lüders, "der aber genau um die begrenzten Möglichkeiten weiß, wenn es um politische Veränderungen geht." Man dürfe nicht vergessen, dass Brahimi Karriere in Algerien gemacht habe - einem durch Militärdiktatur und Bürgerkrieg geprägten Land.

Gute Eigenschaften für die knifflige Syrien-Mission bringt der Algerier jedenfalls mit: Der, wie Thorsten Benner es formuliert, "mit allen Wassern gewaschene" Diplomat gilt als exzellenter Kenner der internationalen Beziehungen. Weggefährten beschreiben den dreifachen Vater als kommunikativ und höflich, aber dennoch in der Lage, Klartext zu reden. Brahimi spricht fließend Englisch, Französisch und Arabisch und ist allseits respektiert. Fast all das gilt allerdings auch für den bisherigen Syrien-Beauftragten Kofi Annan - und der hat entnervt das Handtuch geworfen.

Brahimis Beziehungen

Beschädigte Panzer in der syrischen Stadt Aleppo (Foto: rtr)
Kein Frieden in Sicht: Kämpfe in der syrischen Stadt AleppoBild: Reuters

Der Algerier Brahimi ist in der arabischen Welt zuhause, mit besten Kontakten auch zu Regierungen und Königshäusern. Brahimis Schwiegersohn etwa ist jordanischer Prinz, Halbbruder von König Abdullah II. "Das ist Fluch und Segen zugleich", glaubt Thorsten Benner vom Berliner GPPi. "Einerseits hilft es natürlich, Arabisch zu sprechen und in der Region sehr gut vernetzt zu sein." Andererseits sei Brahimi in seiner Karriere sicher einigen auf den Fuß getreten.

Brahimis Missionen seien allerdings nur selten wirklich erfolgreich, sagen seine Kritiker. So lud er 2001 die afghanischen Konfliktparteien zur Petersberg-Konferenz ein - nicht aber die einflußreichen Taliban. "Man kann nicht allgemein sagen, dass Brahimi in all seinen Mandaten erfolgreich oder erfolglos war", sagt Benner. Afghanistan sei keine blühende Landschaft - aber das sei kaum Brahimis Schuld.

"Die Zeit für eine diplomatische Lösung ist vorbei"

Bei den UN ist Brahimi geachtet als Autorität in Sachen "Peacekeeping", der "Brahimi Report" aus dem Jahr 2000 gilt noch immer als Schlüsseldokument für UN-Blauhelmeinsätze. Quintessenz damals: Die Bemühungen der Vereinten Nationen seien höchst ehrenvoll - oft sei die Wirkung aber gering.

Der Nahostexperte Lüders glaubt nicht, dass Brahimi das Ruder noch herumreißen kann. "Die Zeit für eine diplomatische Lösung ist vorbei. Die Entscheidungen in Syrien werden militärisch getroffen werden, und das weiß auch Brahimi. Er wird vor Ort definitiv nichts bewegen."