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Politik

Keine Entschuldigung - Erleichterung in Japan

28. Dezember 2016

In Pearl Harbor hat Japans Premier Abe der Gräuel des Pazifikkriegs mit den USA 1941 bis 1945 gedacht. Um Entschuldigung für den Angriff auf den US-Stützpunkt 1941 bat er nicht. In Japan kommt das gut an.

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USA Barack Obama und Shinzo Abe auf dem USS Arizona Memorial in Honolulu
Bild: picture-alliance/AP Photo/C. Kaster

Am frühen Morgen des 7. Dezember 1941 flog die erste Angriffswelle auf den US-Militärhafen von Pearl Harbor auf der hawaiianischen Insel O'ahu. Am Ende des Angriffs hatten die Japaner zahlreiche Kriegsschiffe und Flugzeuge der US-Streitkräfte zerstört oder beschädigt. Mehr als 2400 Angehörige des US-Militärs und mehr als 60 Japaner waren tot. Der Überfall auf Pearl Harbor veranlasste die USA, militärisch in den Zweiten Weltkrieg einzugreifen, der erst mit den Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki im August 1945 endete.

Am Dienstag hat Shinzo Abe als erster japanischer Ministerpräsident gemeinsam mit dem US-Präsidenten Barack Obama der Opfer gedacht. An der Gedenkstätte über dem Wrack des damals versenkten Schlachtschiffs USS Arizona bekundete er an der Seite Obamas "aufrichtiges und immerwährendes Beileid" für die Opfer des Krieges, dankte den USA für die Versöhnungsbereitschaft und betonte, dass aus zwei einst verfeindeten Nationen enge Verbündete geworden seien: "Wir dürfen die Schrecken des Krieges niemals wiederholen."

Der Linie treu geblieben

Beileidsbekundungen, Wünsche für eine noch bessere Zukunft, Ankündigungen für eine verstärkte Sicherheitskooperation: "Im Grunde ist Abe der Linie treu geblieben, die er selbst 2015 vor dem US-Kongress eingeschlagen hatte, und der auch Barack Obama bei seinem Besuch in Hiroshima 2016 gefolgt war", sagt Jun Okumura vom Meiji Institute for Global Affairs (MIGA) in Tokio.

Japan Hiroschima Obama Kranzniederlegung Gedenkstätte
Barack Obama und Shinzo Abe im Mai an der Gedenkstätte für die Opfer der Atombombe in Hiroschima Bild: Getty Images/AFP/J. Watson

Was Abe jedoch nicht getan hat: sich für die Geschehnisse jenes 7. Dezember 1941 zu entschuldigen. "Ich bin sicher, dass Teile der US-Bevölkerung darüber verärgert sind - genau wie es manche Japaner waren, weil sich Obama in Hiroshima nicht entschuldigt hat", erklärt Okumura. "Aber denjenigen, die kein Interesse an gegenseitigen Schuldzuweisungen mehr haben, sondern lieber auf eine Zukunft mit guten Beziehungen zwischen Japan und den USA blicken, hat Abe gegeben, was sie wollten."

Aber nicht nur die, die nach vorne blicken, dürften mit Abes Auftritt zufrieden sein. Auch erzkonservative Kreise der japanischen Gesellschaft sind es: "Warum sollte er sich entschuldigen", fragt Hiromichi Moteki, Vorsitzender der "Gesellschaft zur Verbreitung Historischer Tatsachen": "Eine Entschuldigung wäre eine Verzerrung der Geschichte."

Eine Frage der Geschichtsschreibung

Tatsächlich, so Moteki, hätten die Aggressionen bereits im Juli 1941 seitens der USA begonnen, nämlich als Washington Wirtschaftssanktionen über Japan verhängte. Zudem wehrt sich Moteki gegen den Vorwurf, Japan habe in Pearl Harbor einen Überraschungsangriff ausgeführt: Dass die Kriegserklärung an die USA erst nach dem Angriff in Washington eintraf, sei der Ineffizienz im Außenministerium geschuldet.

USA USS Arizona Memorial in Honolulu
Die schwimmende Gedenkstätte über dem Wrack der versenkten USS Arizona in Pearl HarborBild: picture-alliance/Motoya Taguchi/Jiji Press

Auch die Besetzung Koreas sei "unvermeidlich" gewesen, da das dortige Königreich seine Unabhängigkeit ohnehin nicht hätte wahren können; unter japanischer Herrschaft sei das koreanische Volk dagegen aufgeblüht. Statt Japan hätten die USA wegen Kriegsverbrechen angeklagt werden sollen - für den Abwurf der Atombomben am Ende des Konflikts.

Dass auch die japanische Geschichtsschreibung Japan als Aggressor sehe, liege an dem bis heute starken Einfluss der Tokioter Prozesse, die die Siegermächte nach Ende des Krieges abhielten. Die "linken" Medien in Kombination mit einem Lehrplan, der Generationen von Japanern betrogen habe, hätten das japanische Volk einer Gehirnwäsche unterzogen, damit sie das Narrativ der Allierten glauben. "Wenn Japan in seinen Beziehungen mit anderen Ländern vorankommen soll, muss es endlich die historische Sicht gerade rücken", sagt Moteki.

Blick nach vorn

Hawaii Camp H.M. Smith Barack Obama Shinzo Abe
Aus Feinden wurden enge Partner in Sicherheists- und WirtschaftspolitikBild: picture-alliance/AP Photo/C. Kaster

In China sieht man das freilich ganz anders: "Nach Pearl Harbor gehen und sämtliche Schuld des Zweiten Weltkriegs begleichen, ist Wunschdenken", sagt Hua Chunying, Sprecherin des chinesischen Außenministeriums. Man solle nicht vergessen, dass China das Hauptschlachtfeld der Kriegs gegen den Faschismus in Ostasien gewesen sei. "Das chinesische Volk hat ein großes nationales Opfer für diesen Sieg gebracht", so Hua. Ohne die Versöhnung mit China und anderen Ländern, die unter der japanischen Invasion gelitten hätten, könne Japan diesen Teil seiner Geschichte nie hinter sich lassen.

Zumindest mit Blick auf die USA ist es wohl genau das, was der japanische Regierungschef tun will. Abe hofft offenbar, dass die gegenseitigen Staatsbesuche in Hiroshima und Pearl Harbor einen Schlusspunkt setzen. Seiner Meinung nach wurde zu viel Zeit darauf verwendet wurde, zurückzublicken. Stattdessen will er in eine Beziehung investieren, die die Sicherheit und die wirtschaftliche Zukunft der beiden Nationen stärken soll. 

"Für manche Menschen mag nie vorübergehen, was damals geschah", sagt MIGA-Dozent Okumura. "Aber auch wenn die Narben auf ewig bleiben, haben diese beiden Reden vielleicht dazu beigetragen, dass die Wunden verheilen."