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Experten kritisieren Ermittlungen

8. Februar 2015

Mexikos Regierung möchte den Fall der 43 im September verschleppten Studenten zu den Akten legen. Die Opfer: ermordet, die Leichen: verbrannt, die Täter: geständig, so die offizielle Lesart. Forensiker warnen.

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Angehörige der Studenten bei einer Mahnwache (Foto: Reuters)
Angehörige der Studenten bei einer MahnwacheBild: Reuters/H. Romero

Ausländische Experten warnen vor einem vorschnellen Abschluss des Falls. Das internationale Forensikerteam aus 30 Ländern veröffentlichte einen 16-seitigen Bericht, in dem die Schlussfolgerungen der mexikanischen Ermittler in Zweifel gezogen werden. Die von der Familie der Opfer engagierten Forensiker verweisen unter anderem darauf, dass österreichische Experten eines renommierten Labors in Innsbruck bisher nur die Überreste eines der 43 Opfer identifizieren konnten.

Weiteres auf einer Müllhalde sichergestelltes DNA-Material sei kaum noch auswertbar und habe aber vermutlich nichts mit dem Fall der Studenten zu tun, da es auf der Müllhalde seit 2010 nachweislich mehrfach gebrannt habe, erklärten die ausländischen Experten. So sei bei den nach Österreich gebrachten Überresten eine Zahnprothese gewesen, keiner der Studenten habe aber eine gehabt. Auch sei die Müllkippe noch drei Wochen nach der Entdeckung der sterblichen Überreste für die Öffentlichkeit zugänglich gewesen. Zudem seien weite Teile des Gebiets nicht untersucht worden.

Im Januar offiziell für tot erklärt

Der mexikanische Generalstaatsanwalt Jesús Murillo Karam hatte am 27. Januar erklärt, es gebe "rechtliche Gewissheit", dass die Ende September verschwundenen 43 Studenten von Mitgliedern einer Drogenbande getötet wurden. Den Ermittlern zufolge wurden die jungen Leute von Polizeibeamten mit Mafia-Verbindungen in Iguala im südmexikanischen Bundesstaat Guerrero gefangen genommen. Die Polizei habe die Studenten dann an verbündete Mitglieder der Drogengang Guerreros Unidos übergeben. Festgenommene Bandenmitglieder sagten aus, sie hätten die Studenten in zwei Lastwagen auf eine Müllhalde gebracht, sie getötet, die Leichen verbrannt und die Überreste dann im Fluss San Juan versenkt.

Als Drahtzieher der Tat werden der Bürgermeister von Iguala, José Luis Abarca, und seine Frau vermutet. Das Politikerpaar soll den Auftrag zur "Beseitigung der Studenten" gegeben haben, um zu verhindern, dass sie eine Rede seiner Frau stören. Außer dem Politikerpaar wurden fast 100 weitere Personen in dem Fall festgenommen. Gegen 45 von ihnen wurde Anklage erhoben. Die Ermittlungsakte füllt inzwischen mehr als 2000 Seiten.

Viele Fragen weiter offen

Der Fall hatte in Mexiko breite Empörung ausgelöst sowie zu wochenlangen, teils gewaltsamen Protesten geführt. Noch immer drängen die Angehörigen mit Demonstrationen und Mahnwachen auf eine lückenlose Aufklärung.

Sie weigern sich, die offizielle Version der Behörden zum Tathergang zu akzeptieren. Sie fürchten, dass die Regierung den Fall vorschnell zu den Akten legen will. Eine von den Angehörigen immer wieder geäußerte Vermutung ist, dass die Studenten noch am Leben sind und von mexikanischen Sicherheitskräften festgehalten werden. Trotz Bitten der Angehörigen hat die Justiz bisher weder Spuren zur Bundespolizei noch zum Militär verfolgt.

Das Verschwinden der 43 Studenten ist in Mexiko zum Symbol geworden für die Verstrickung von Politik und Polizei in das organisierte Verbrechen. Die Regierung von Staatschef Enrique Peña Nieto stürzte dadurch in eine Krise.

qu/se (afp, APE)