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Erneuter Anschlag in Abuja

Katrin Gänsler (Abuja)2. Mai 2014

Innerhalb von drei Wochen ist der Stadtteil Nyanya in Nigerias Hauptstadt Abuja erneut ins Visier von Terroristen gerückt. Nach dem jüngsten Bombenanschlag fordern Anwohner endlich mehr Sicherheit durch den Staat.

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Anschlag in Abuja, Nigeria
Bild: DW/K.Gänsler

Ein paar Autowracks stehen noch am Straßenrand, zwischen Glassplittern und zerfetzten Plastikflaschen liegen ein paar Orangen. Die Bombe explodierte am Donnerstagabend (01.05.2014) gleich neben einem Markt. Noch ist die Fläche weiträumig mit gelbem Flatterband abgesperrt. Überall stehen Polizisten, Sicherheitskräfte und mehrere hundert Schaulustige. Bei der Explosion sind mindestens 19 Menschen - so lauten die neuesten Zahlen - ums Leben gekommen. 66 Verletzte sollen noch in verschiedenen Krankenhäusern der nigerianischen Hauptstadt Abuja behandelt werden.

Vorort von Abuja im Visier

Für die Anwohner ist das ein großer Schock. Bereits zum zweiten Mal in nicht einmal drei Wochen ist ihr Stadtteil Nyanya in der nigerianischen Hauptstadt offenbar in das Visier der Terroristen gerückt. Erst am Morgen des 14.04.2014 ließen Anhänger der islamistischen Terrorgruppe Boko Haram auf dem belebten Busbahnhof in ummittelbarer Nähe zwei Sprengsätze explodieren, die mindestens 74 Menschen in den Tod gerissen haben. Für den neuen Anschlag am Abend des 01.05.2014 hat zwar noch niemand die Verantwortung übernommen. Aber in Nigeria geht man davon aus, dass auch dieser auf die Rechnung der islamistischen Terrorgruppe geht.

Aufräumarbeiten nach dem Anschlag (Foto: DW)
Aufräumarbeiten nach dem AnschlagBild: DW/K.Gänsler

Die Attentäter haben sich dieses Mal die Einfahrt auf die vierspurige Schnellstraße ausgesucht, die ins Zentrum führt. Gleich nebenan liegt der beliebte Markt. “Ich habe alles gesehen. Ich verkaufe doch dort hinten“, sagt Mohammed, ein junger Mann, der einen Schlapphut trägt, und zeigt auf die Stelle, an der er normalerweise Telefonkarten verkauft. “Die Menschen hier, ja wir alle sind jetzt in großer Sorge.“

Warum sich die Terroristen gleich zweimal den Vorort im Süden der Hauptstadt als Ziel für ihre Anschläge ausgesucht haben, weiß der traditionelle Chef des Stadtteils Haruna Angu Shraibu nicht. “Vielleicht haben sie ihre Gründe gehabt“, sagt er und schaut noch immer fassungslos auf den Anschlagsort. Er kam gerade aus der Moschee, als es passierte. “Im ersten Moment dachte ich, dass ein Reifen geplatzt ist“, erinnert er sich. Danach fing er an, Tote und Verwundete zu zählen.

Haruna Angu Shraibu ist der Chef des betroffenen Stadtteils Nyanya (Foto: DW)
Haruna Angu Shraibu ist der Chef des betroffenen Stadtteils NyanyaBild: DW/K.Gänsler

Straßensperren helfen nicht

Nach dem Schock treibt ihn nun die Frage um, wie es weitergeht und wie sein Stadtteil geschützt werden kann. Der Anschlag auf den Busbahnhof vor knapp drei Wochen brachte zwar mehr Sicherheitskräfte nach Nyanya. Viele sind aber schon wieder abgezogen worden. “Ich verlange deshalb von der Regierung, deren Zahl wieder zu erhöhen. Die Sicherheitskräfte müssen überall in unserem Stadtteil eingesetzt werden“, sagt er.

Die Regierung reagiert in Nigeria allerdings meist anders auf Anschläge: Sie setzt auf Straßensperren, die seit dem letzten Anschlag auch in Nyanya zugenommen haben. Sie sollen den Anschein erwecken, Sicherheit für die Anwohner zu bringen. Aber Haruna Angu Shraibu schüttelt nur den Kopf. Seiner Meinung nach werden durch die Sperren jeden Tag nur unzählige Autos zum Stehen gebracht. Statt Attentäter abzuschrecken könnte sie das vielmehr anlocken, befürchtet er. Denn wenn der Verkehr nicht mehr fließe, sei es für die Insassen der vielen Autos schwierig, überhaupt noch zu fliehen.

Auch nach dem jüngsten Anschlag hat die Polizei eine Straßensperre errichtet (Foto: DW)
Auch nach dem jüngsten Anschlag hat die Polizei eine Straßensperre errichtetBild: DW/K.Gänsler

Sicherheit ist im ganzen Land Thema

Die Frage nach mehr Sicherheit beschäftigt auch am Tag nach dem jüngsten Anschlag viele Menschen auf dem Markt. Zwar sind nicht alle Stände geöffnet, doch trotz des Anschlages sind dort am Freitag viele Menschen unterwegs. “Warum kann man hier nicht auch Metalldetektoren einführen?“, fragt sich zum Beispiel Wale Aneke, der mit ein paar Bekannten die Lage diskutiert. Beispielsweise denkt er an die Markteingänge sowie den Busbahnhof. Im Zentrum der Stadt sei so etwas doch auch möglich. “Warum also nicht auch in Nyanya?“

Am Freitagmorgen hat - so twittere Präsidentensprecher Reuben Abati - Präsident Goodluck Jonathan ein außerordentliches Treffen mit Sicherheitskräften einberufen. Ergebnisse hat es bis zum Freitagnachmittag aber noch nicht gegeben. Ein Thema neben dem Anschlag in Nyanya dürften weiterhin die verschwundenen Schülerinnen sein. Sie wurden in der Nacht zum 15.04.2014 aus einem Internat im Bundesstaat Borno im Norden des Landes entführt. Nach neuesten Informationen der Polizei, so berichtet die Online-Zeitung „Premium Times“, sollen insgesamt 276 Schülerinnen verschwunden sein. Am Mittwoch hatte es in Abuja eine Demonstration gegeben. Die Teilnehmer, darunter Angehörige der Schülerinnen, forderten, die Mädchen sofort unversehrt zurück zu ihren Familien zu bringen. Auch in diesem Fall sind die Menschen in Nigeria von der Sicherheitspolitik ihrer Regierung enttäuscht.

Der Anschlagort liegt direkt an einem belebten Marktplatz (Foto: DW)
Der Anschlagort liegt direkt an einem belebten MarktplatzBild: DW/K.Gänsler