72 Leichen in Mexiko entdeckt
27. August 2010Anhand von Dokumenten, die bei einigen der Toten gefunden wurden, soll die Herkunft der Opfer herausgefunden werden. Experten haben bis Freitag 15 der 59 Männer und 14 Frauen identifiziert. Darunter seien auch mindestens vier Staatsbürger aus El Salvador und ein Brasilianer, sagte ein Vertreter der Staatsanwaltschaft im mexikanischen Bundesstaat Tamaulipas, der seinen Namen nicht nennen wollte, am Donnerstag (24.08.2010) der Nachrichtenagentur AFP. Weitere Einzelheiten wurden nicht genannt. Die Identifizierung sei jedoch schwierig, da die meisten der Opfer keine Dokumente bei sich trügen, so der Botschafter von El Salvador in Mexiko, Hugo Castillo.
Bei den am Dienstag auf einer Farm entdeckten Toten handelt es sich ersten Erkenntnissen zufolge um illegale Einwanderer aus Brasilien, Ecuador, Honduras und El Salvador, die in die USA wollten. Vertreter der vier Länder reisten nach Tamaulipas, um die mexikanischen Ermittler bei der Identifizierung der Toten zu unterstützen.
Über die Motive der Tat kann nur gemutmaßt werden. Die mutmaßlichen Migranten wurden vermutlich Opfer eines in der Gegend aktiven Drogenkartells. Nach Angaben der Nationalen Kommission für Menschenrechte werden jeden Monat etwa 1.600 Migranten von Mitgliedern der Drogenkartelle gekidnappt. Oft werden sie gezwungen, die Telefonnummern ihrer Verwandten in den USA herauszugeben, um von diesen Lösegeld zu erpressen.
Bestürzung in ganz Lateinamerika
Der Fund des Massengrabes hatte in Mexiko und anderen lateinamerikanischen Staaten Entsetzen ausgelöst. Mexikos Präsident Felipe Calderón verurteilte das Massaker in einer Erklärung scharf und schrieb den Mord an den mutmaßlichen Einwanderern den blutigen Auseinandersetzungen zwischen dem in Tamaulipas dominierenden Golf-Drogenkartell und der Bande der "Zetas" zu. Die "Zetas" haben sich von dem Golf-Kartell abgespalten und machen ihrem früheren Arbeitgeber seit einigen Jahren die Schmuggelrouten für Drogen streitig.
Entdeckt wurden die Leichen, nachdem ein verwundeter Mann an einem Kontrollpunkt der Sicherheitskräfte erschienen war und berichtete, er sei von Schützen auf einer nahe gelegenen Ranch angegriffen worden. Als die Marine ein Flugzeug zum Tatort entsandte, eröffneten die Verdächtigen das Feuer und versuchten in einem Fahrzeugkonvoi zu fliehen. Die Soldaten konnten ein jugendliches Mitglied der Gruppe festnehmen und zahlreiche Waffen sicherstellen. Bei der anschließenden Untersuchung des Geländes stießen die Sicherheitskräfte auf die Leichen.
Opfer des Drogenkrieges
Der Leichenfund ist der bislang größte dieser Art, seit der mexikanische Präsident Felipe Calderón 2006 eine Offensive gegen die Drogenkriminalität mit Hilfe der Armee begann. Im Mai hatten Behörden 55 Tote in einer verlassenen Mine südlich von Mexiko-Stadt entdeckt. Im Juli fanden Ermittler innerhalb von zwei Tagen 51 Leichen in der Nähe einer Müllhalde nördlich von Monterrey.
Mexikanische Drogenkartelle nutzen häufig leere Grundstücke oder Minenschächte, um sich der Leichen von Entführungsopfern oder Mitgliedern rivalisierender Banden zu entledigen. Die Drogengewalt in dem Land hat in den vergangenen vier Jahren mehr als 28.000 Menschen das Leben gekostet.
Autor: Anne Herrberg (ap, dpa, rtr)
Redaktion: Oliver Pieper