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Erste Konsequenzen nach Flughafendebakel

Heiner Kiesel7. Januar 2013

Die Eröffnung des Berliner Großflughafen wird erneut verschoben. Der Ruf nach personellen Konsequenzen zeigte Wirkung. Berlins Regierender Bürgermeister Wowereit gibt den Vorsitz im Flughafenaufsichtsrat ab.

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Flughafen Berlin Brandenburg - zumindest das Werbeplakat stimmt positiv (Foto: dpa)
Bild: picture alliance/Andreas Franke

Der Flughafen Berlin Brandenburg (BER) wird nicht im Oktober diesen Jahres eröffnet. Es ist bereits die vierte Terminverschiebung - eigentlich sollte der Flughafen im Herbst 2011 fertig sein. Am Beginn des Jahres 2013 gibt es noch keinen neuen Termin, nicht einmal einen Zeitkorridor, in dem das Großprojekt, an dem seit 2006 gebaut wird, in Betrieb gehen kann. Vielleicht irgendwann 2014, spekuliert die Boulevardzeitung "Bild" mit Hinweis auf interne Unterlagen. Aber bisher wagt niemand eine offizielle Prognose. Ebenso ungeklärt ist, wie weit die Kosten für das Großprojekt jetzt noch steigen werden. Nach der letzten Verschiebung mussten Bund und Länder über eine Milliarde Euro mehr bewilligen. Da sollte der Airport noch 4,3 Milliarden Euro kosten. Am Flughafen sind die Länder Berlin und Brandenburg mit je 37 Prozent beteiligt. Der Bund hält 26 Prozent.

Begleitet wird das Flughafendebakel von einem Informationschaos. Offenbar war den Verantwortlichen schon vor Weihnachten klar, dass der zuletzt genannte Eröffnungstermin zur Makulatur geworden war. Grund seien Fehler an der Brandschutzanlage gewesen, die erstens nicht funktioniere und zweitens auch nicht nach den Vorgaben der Baupläne installiert worden sei. Das war laut "Bild" der Stand vom 18. Dezember. Am selben Tag versprach Flughafen-Aufsichtsratschef Klaus Wowereit den Berlinern noch eine Inbetriebnahme im Oktober 2013. Der Regierende Bürgermeister der Hauptstadt, verkündete das in seiner Weihnachtsbotschaft, was jetzt viele ärgert.

Klaus Wowereit (Foto: dpa)
Schlecht informiert: Berlins Landeschef Wowereit ist einer der Verantwortlichen für das GroßprojektBild: picture-alliance/dpa

Wowereit zieht erste Konsequenzen

Vor der Presse in Berlin kündigte Wowereit jetzt an, er werde das Amt des Aufsichtsratsvorsitzenden der Flughafenbetreibergesellschaft auf einer vorgezogenen Sitzung des Kontrollgremiums am 16. Januar an den brandenburgischen Ministerpräsidenten Matthias Platzeck (SPD) übergeben. Auf der Sitzung solle auch über eine Neuordnung der Flughafen-Geschäftsführung beraten werden. Er gehe davon aus, dass bei dem Treffen auch ein Antrag auf Ablösung des derzeitigen Geschäftsführers der Flughafengesellschaft gestellt werde. Fragen zu einem neuen Eröffnungstermin könne er derzeit nicht beantworten, betonte Wowereit.

Nach der erneuten Verschiebung der Flughafeneröffnung will Brandenburgs Regierungschef Platzeck im Landtag die Vertrauensfrage stellen. Die Staatskanzlei in Potsdam begründete dies damit, dass Platzeck sich der vollen Unterstützung der Regierungsfraktionen von SPD und Linkspartei bei den künftigen Entscheidungen über die wirtschaftliche Zukunft Brandenburgs absolut sicher sein müsse.

Suche nach Schuldigen

Die Grünen-Fraktionschefin im Berliner Abgeordnetenhaus, Ramona Pop, forderte Wowereits Rücktritt sowohl von seinem Posten in der Flughafengesellschaft Berlin-Brandenburg (FBB) als auch als Regierender Bürgermeister. Pop kündigte ein Misstrauensvotum gegen Wowereit an. Landespolitiker der Union und der Piratenpartei zeigten sich enorm verärgert, erst durch Medienberichte von der Verschiebung erfahren zu haben.

Berlins Regierender Bürgermeister, habe der Hauptstadt einen "schweren Schaden" zugefügt, bemerkte der Vorsitzende des Verkehrsausschusses des Bundestages, Anton Hofreiter, nach Angaben der Nachrichtenagentur dapd. Als einer der wenigen Politiker, die dem Aufsichtsrat öffentlich den Rücken stärken, trat der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel am Montag vor die Mikrofone. Wowereit sei als Aufsichtsratschef auf Informationen der Projektleiter angewiesen, nahm Gabriel seinen Parteifreund in Schutz, es gelte nun, einen "kühlen Kopf zu bewahren."

Berlin: Konsequenzen nach Flughafendebakel

Verkehrsminister verärgert

Auch im Verkehrsministerium ist man vom Platzen des Eröffnungstermins überrascht worden. Noch in der ersten Dezemberhälfte, so ein Sprecher von Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU), sei man davon ausgegangen, dass der bislang angekündigte Termin machbar bleibe. "Den Kenntnisstand, dass die Probleme doch größer sind, haben wir an diesem Wochenende erhalten, nicht früher." Es sei am vergangenen Freitag per Boten ein entsprechendes Schreiben von der Flughafengesellschaft überbracht worden und am Wochenende gelesen worden. Was genau der FBB-Betreiber geschrieben habe, wollte der Sprecher nicht offen legen. Die Lage sei ernst, betonte dieser. Auf die Frage nach personellen Konsequenzen aus dem Flughafendebakel verwies der Sprecher auf frühere Aussagen Ramsauers, die nicht zurückzunehmen oder zu korrigieren seien. Der Verkehrsminister hatte mit Blick auf Flughafenchef Rainer Schwarz gesagt, dass dieser "schon längst weg" sei, wenn es nach ihm gegangen wäre.

Peter Ramsauer (Foto: AP/dapd)
Harsche Kritik am Airport-Management: Bundesverkehrsminister RamsauerBild: AP

Neben Wowereit und Schwarz gibt es auch Kritik an Brandenburgs Ministerpräsidenten Matthias Platzeck. Die Nachrichtenagentur dpa zitiert Aussagen des FDP-Generalsekretärs Patrick Döring aus der "Rheinischen Post", nach denen es Zeit werde, "dass jemand fliegt beim BER." Wowereit und Matthias Platzeck sollten Geschäftsführer Rainer Schwarz umgehend feuern und selbst Platz machen für Bau- und Finanzexperten im Aufsichtsrat.