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Erste Verdächtige nach Kölner Übergriffen

6. Januar 2016

Vier Männer stehen im Verdacht, an den Ausschreitungen in der Domstadt in der Silvesternacht beteiligt gewesen zu sein. Und immer dringender wird gefragt, ob es organisierte Verbindungen zu den Hamburger Vorfällen gab.

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Polizisten kontrollieren vor dem Hauptbahnhof in Köln verdächtige Personen (Foto: picture-alliance/dpa/M. Becker)
Bild: picture-alliance/dpa/M. Becker

Nach den massiven Übergriffen am Silvesterabend in Köln hat die Polizei inzwischen vier mutmaßliche Täter identifiziert. Es gebe "konkrete Hinweise auf vier männliche Tatverdächtige", teilte die Polizei mit. Noch in der Silvesternacht seien zwei aus Nordafrika stammende Taschendiebe auf frischer Tat ertappt worden. Nach der Identifizierung der beiden Männer seien sie wieder aus der Obhut der Polizei entlassen worden.

Dagegen befänden sich zwei weitere Verdächtige bereits seit Sonntag in Untersuchungshaft. Demnach wurden sie am frühen Sonntagmorgen von Bundespolizisten auf einem Gleis des Kölner Hauptbahnhofs festgenommen. Sie sollen gemeinsam mit drei Komplizen kurz zuvor einen Reisenden bestohlen haben.

"Derzeit liegen konkrete Hinweise vor, dass die Beschuldigten kurz vor dem Diebstahl mehrere Frauen angesprochen und bedrängt haben", teilte die Polizei weiter mit. Während der Festnahme seien die geschädigten Frauen weggegangen, ohne ihre Personalien zu hinterlassen. Die Polizei rief die Frauen auf, zu den Vorkommnissen auszusagen.

"Ich würde das gerne mal überprüfen"

Unterdessen prüft die Polizei eine mögliche Absprache vor den Übergriffen in Köln und ähnlichen Vorfällen in Hamburg. "Das Ganze scheint abgesprochen gewesen zu sein," sagte Bundesjustizminister Heiko Maas. "Es wäre schön, wenn das keine Organisierte Kriminalität wäre, aber ich würde das gerne mal überprüfen, ob es im Hintergrund Leute gibt, die so etwas organisieren."

So etwas geschehe nicht aus dem Nichts, es müsse jemand dahinterstecken. Nicht nur in Köln wurden etliche Anzeigen registriert, sexuelle Übergriffe gab es an Silvester auch in Hamburg. Auf der Reeperbahn wurden Frauen nach Polizeiangaben jeweils von mehreren Männern umringt und an der Brust oder im Intimbereich begrapscht. Inzwischen wurden 53 Strafanzeigen gestellt.

In Köln gingen nach Polizeiangaben mittlerweile mehr als 100 Anzeigen von mutmaßlichen Opfern ein, davon haben drei Viertel einen sexuellen Hintergrund. "Viele Frauen geben in den Gesprächen an, dass sie auch angefasst wurden", sagte eine Polizeisprecherin. Zwei Drittel der Opfer seien zum Feiern in die Domstadt gereist, hieß es. Augenzeugen und Opfer hatten nach den Übergriffen ausgesagt, die Täter seien dem Aussehen nach größtenteils nordafrikanischer oder arabischer Herkunft. Die Polizei spricht von einer sehr schwierigen Beweisführung. Das liege vor allem an der "Gemengelage" in der Silvesternacht.

Nun auch Fälle in Düsseldorf

Nach einem WDR-Bericht gab es auch in Düsseldorf in der Silvesternacht ähnliche Übergriffe. Elf Frauen hätten Anzeige wegen sexueller Nötigung und zum Teil auch Diebstahl gestellt, sagte ein Polizeisprecher. Sie seien von größeren Männergruppen sexuell bedrängt, und einige von ihnen seien auch bestohlen worden. "Die Art der Delikte ist mit denen in Köln vergleichbar", sagte der Sprecher. Ob es einen Zusammenhang zu den Fällen in Köln gebe, sei noch unklar.

Die Szenerie am Kölner Hauptbahnhof am Silvesterabend (Foto: picture-alliance/dpa/M. Böhm)
Die Szenerie am Kölner Hauptbahnhof am SilvesterabendBild: picture-alliance/dpa/M. Böhm

Die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) wehrte sich unterdessen gegen die Kritik an ihren Ratschlägen für Frauen zur Vorbeugung gegen sexuelle Übergriffe. Durch eine verkürzte Darstellung in einigen Medien sei teilweise der Eindruck entstanden, ihre Präventionsinitiativen würden sich nur auf Verhaltenstipps für Frauen beziehen, sagte Reker. "Davon kann keine Rede sein." Vorrang habe, dass die Sicherheit auf den Kölner Straßen und Plätzen verbessert werde. In sozialen Netzwerken hatte Reker unter dem Hashtag einearmlaenge viel Kritik und Spott für ihre Empfehlung geerntet,# Frauen sollten zum Schutz vor Übergriffen bei Großveranstaltungen eine Armlänge Abstand zu Fremden halten.

"So kann die Polizei nicht arbeiten"

Doch nicht nur die Stadtspitze, auch die Polizei steht weiter in der Kritik. Bundesinnenminister Thomas de Maizière bemängelte in den ARD-"Tagesthemen" den Einsatz der Kölner Beamten: "Da wird der Platz geräumt - und später finden diese Ereignisse statt, und man wartet auf Anzeigen. So kann die Polizei nicht arbeiten." Die Kölner Polizeiführung räumte zwar ein, am Neujahrsmorgen falsch über die Ereignisse der Nacht berichtet zu haben. In einer Erklärung hatte sie die Lage zunächst als recht entspannt beschrieben und sich selbst gelobt. Kritik am Einsatz wies sie allerdings zurück. "Wir waren nicht überfordert", sagte Polizeipräsident Wolfgang Albers. Das ganze Ausmaß der Vorfälle sei erst später klar geworden. Einen Rücktritt schließt Albers weiter aus.

Minister de Maizière wandte sich zugleich sowohl gegen Pauschalurteile als auch gegen Tabus bei der Debatte über die Täter der Silvester-Übergriffe von Köln. "Das Verhalten der Täter war empörend, abstoßend und (...) nicht hinnehmbar." Diese Bewertung gelte unabhängig von der Nationalität der Männer. Aus den Personenbeschreibungen der Täter dürfe aber kein Generalverdacht gegenüber Flüchtlingen entstehen, mahnte der CDU-Politiker. Falls Flüchtlinge unter den Tätern gewesen seien, dürfe das allerdings auch nicht tabuisiert werden.

In diesem Zusammenhang äußerte de Maizière auch die Absicht, die Abschiebung straffälliger Asylbewerber zu erleichtern. "Wer schwere Straftaten begeht, in welchem Status auch immer er sich befindet, der muss damit rechnen, aus Deutschland abgeschoben zu werden", sagte der Minister. Die Genfer Flüchtlingskonvention mache dazu allerdings strenge Vorgaben. In Deutschland gelte bisher die Regel, dass sich erst eine Haftstrafe von drei Jahren auf ein Asylverfahren auswirke. "Wir werden darüber zu reden haben, ob das nicht geändert werden muss", sagte der Minister.

sti/SC (afp, dpa, rtr)