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Erster Schritt zur Selbstbestimmung

Peter Philipp14. Juli 2003

Wesentlich früher als geplant ist im Irak ein von den USA ernannter Regierungsrat zusammengetroffen. Die Einsetzung des Gremiums signalisiert einen Politikwandel der US-Verwaltung im Irak.

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Handverlesenes Gremium: der irakische RegierungsratBild: AP

Und es bewegt sich doch etwas: Bei seinem Dienstantritt vor zwei Monaten hatte der Chef der amerikanischen Zivilverwaltung im Irak, Paul Bremer, zunächst alle Pläne seines Vorgängers Jay Garner auf die baldige Bildung einer Übergangsregierung beiseite geschoben. Doch jetzt traf sich ein von Bremer eingesetzter irakischer "Regierungsrat" zum ersten Mal, der in etwa Kompetenzen und Aufgaben einer Übergangsregierung hat.

Bremer hat den Meinungsumschwung nicht erläutert. Aber mit einiger Sicherheit haben er und die Verantwortlichen in Washington einzusehen begonnen, dass ein Volk, das man befreien und dem man Demokratie geben will, dabei auch etwas mitzureden haben muss. Und dass man es nicht länger als irgend nötig am politischen Gängelband führen darf. Solch eine Erkenntnis ist nicht neu: Auch in Nachkriegsdeutschland – das George W. Bush ja so gerne als Beispiel heranzog – gingen die Alliierten relativ bald daran, eine einheimische zivile Verwaltung zuzulassen und mit aufzubauen. Und es dauerte vier Jahre, bis ein erstes Mal Bundestagswahlen abgehalten werden konnten.

Keine Demokratie im Schnellverfahren

Wann der Irak zum ersten Mal wirklich freie Wahlen erleben wird, steht auch jetzt noch in den Sternen. Wem dies alles zu lange dauert und wie amerikanische Willkür vorkommt, dem sei aber das erwähnte Beispiel Deutschlands in Erinnerung gerufen. Es ist einfach unmöglich, sich binnen Wochenfrist von einer der schlimmsten Diktaturen zu einer funktionierenden Demokratie zu wandeln. Zumal es im Irak ja auch keine demokratische Grundsubstanz im Untergrund gegeben hatte.

Kein Wunder, dass der 25-köpfige Regierungsrat sich deswegen mehrheitlich aus Vertretern bisheriger irakischer Exilgruppen zusammensetzt. Diese werden ihr Verständnis von Demokratie zwar auch noch unter Beweis stellen müssen, es dürfte aber leichter sein, mit ihnen einen Neuanfang zu machen als mit so manchem Iraker, der das Saddam-Regime im Lande selbst überlebt hat und das meist nur, indem er demselben diente.

Breites Spektrum

Ein Erfolg Bremers ist es zweifellos, dass die 25 von Bremer handverlesenen Ratsmitglieder sämtliche relevanten Gruppen im Irak vertreten. Von den Schiiten - die entsprechend ihrer Bevölkerungsmehrheit auch im Regierungsrat die Mehrheit stellen – über die Kurden bis hin zu Turkmenen, Christen oder sogar Kommunisten. Besonders bemerkenswert sicher auch, dass der "Oberste Rat für die Islamische Revolution im Irak" (SCIRI) prominent vertreten ist. Dieser Rat hatte bis zum Fall des Saddam-Regimes in Teheran residiert, hatte lange die Gründung einer islamischen Republik Irak gefordert und war – trotz gewisser Kontakte zu Washington – nicht gerade gut zu sprechen auf die USA.

Die Beteiligung von SCIRI könnte heißen, dass sich die Amerikaner weitaus konzilianter verhalten werden als zunächst vermutet. Und das, obwohl Paul Bremer klar gestellt hat, dass er "das letzte Wort" haben werde. Der Regierungsrat könne zwar in weitreichenden Fragen entscheiden und unter anderem Minister berufen und Wahlen vorbereiten, der Chef der amerikanischen Zivilverwaltung habe aber ein Vetorecht. - Es gibt noch keine Demokratie im Irak, sicher. Aber ein erster Schritt in die richtige Richtung ist getan.