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Politik

Eskalation am Golf

14. Juni 2019

Mit den Anschlägen auf zwei Tanker spitzt sich die Lage am Golf von Oman noch einmal zu. Zur Brisanz der Situation tragen mehrere Konflikte in der Region bei. Ein Blick auf die wichtigsten Akteure.

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USA Mike Pompeo, Außenminister | Konflikt Angriff auf Tankschiffe, Straße von Hormus
Bild: picture-alliance/AP Photo/A. Brandon

In den internationalen Gewässern zwischen den Vereinigten Arabischen Emiraten und dem Iran werden zwei Frachtschiffe attackiert. Als "klare Bedrohung des Weltfriedens" wertet der US-amerikanische Außenminister Mike Pompeo diesen Angriff im Golf von Oman. Pompeo nannte gleich auch den seiner Einschätzung nach Verantwortlichen: den Iran. Sein Chef schlägt in dieselbe Kerbe: "Der Iran hat es getan", sagte US-Präsident Donald Trump dem Sender Fox News. 

Doch noch immer ist nicht klar, wie es am Donnerstag zu dem Angriff kam und wer dafür verantwortlich ist. Der Vorfall beunruhigt die internationale Staatengemeinschaft, sogar der UN-Sicherheitsrat ist zusammen gekommen. Direkt oder indirekt sind in der Region einige Staaten in verschiedene Konflikte verwickelt:

Der Iran

Der Iran steht derzeit an mehreren internationalen Frontlinien. Ganz aktuell geht es derzeit um eine Auseinandersetzung mit den USA. Im April hatten die USA den Flugzeugträger USS Abraham Lincoln in Richtung Golfregion geschickt - die einen sagen, der Einsatz der Abraham Lincoln lange sei lange geplant gewesen. Andere sagen, das Weiße Haus nutze geplante Operationen, um ein Statement zu machen. Außenminister Pompeo begründete den Schritt mit "eskalierenden Aktivitäten der Iraner", ohne allerdings zu präzisieren, was er damit meinte. Der Iran sieht sich seinerseits durch die Entsendung des Flugzeugträgers bedroht, insbesondere, seit die USA danach ein weiteres Kriegsschiff und ein Patriot-System in die Region geschickt haben. Seitdem die USA unter Präsident Trump unilaterial aus dem internationalen Atomabkommen mit dem Iran ausgestiegen sind, sind die Spannungen zwischen beiden Ländern gestiegen. Die USA haben den Iran zudem mit massiven Wirtschaftssanktionen belegt.

Begleitschiffe des Flugzeugträger USS Abraham Lincoln im Sueskanal vor der Küste von Ägypten
Auf dem weg Richtung Golf: Begleitschiffe des Flugzeugträgers USS Abraham Lincoln im Suez-Kanal, Mai 2019Bild: picture-alliance/Mass Communication Specialist 3r/U.S. Navy/AP/dpa

Zugleich steht der Iran schon seit langer Zeit im Konflikt mit Saudi-Arabien. Die beiden Staaten ringen um die Vormachtstellung in der Region. Das Zerwürfnis reicht von den unterschiedlichen Interessen in Syrien - Teheran unterstützt Assad, Riad die oppositionellen Kräfte - über die unterschiedliche Haltung zu Israel, Aber auch bis hin zum fast vier Jahre anhaltenden Kräftemessen im Jemen.

Er sei "überzeugt", dass die Iraner für den Angriff auf die beiden Schiffen verantwortlich seien, sagte Nahost-Experte Guido Steinberg von der Berliner "Stiftung Wissenschaft und Politik" im Gespräch mit der DW. Diesen Schluss legten die Umstände des Angriffs nahe. "Außerdem passt dazu der Umstand, dass die Iraner den USA zeigen wollen, dass sie den Ölhandel im Persischen Golf und der Straße von Hormuz attackieren können. Aber zugleich greifen sie nicht direkt an. Also ich denke, es gibt klare Anzeichen dafür, dass die Iraner dafür verantwortlich sind." Wäre der Iran verantwortlich für die Attacke, dann wäre die Botschaft klar: Ein Angriff würde weite Teile der globalen Erdölwirtschaft beeinträchtigen. Der iranische Außenminister Mohammed Dschawad Sarif bezeichnete indessen Vermutungen, sein Land stünde hinter den Angriffen, als "gegenstandslos". Der Iran dürfte an einer militärischen Auseinandersetzung mit den USA kein Interesse haben, sagt der Sicherheitsexperte Markus Kaim von der Berliner "Stiftung Wissenschaft und Politik": "Der Iran ist militärisch hoffnungslos unterlegen. Ich kann nicht erkennen, dass er ein Interesse daran hätte, eine militärische Eskalation mit den USA zu wagen."

Golf von Oman Öltanker Front Altair
Der brennende Öltanker Front Altair im Golf von Oman Bild: picture-alliance/AP Photo/Tasnim News Agency

Die USA

US-Präsident Donald Trump ist nicht davon überzeugt, dass der Atomdeal mit dem Iran die gewünschte Wirkung hat. Das Abkommen sei "desaströs", twitterte er im Mai 2018. Wiederholt prangerte er angebliche Verstöße der iranischen Regierung gegen das Abkommen an. Trump vertritt den Standpunkt, dass der Iran durch den Besitz von Atomwaffen unangreifbar würde und entsprechend aggressiv in der Region auftreten würde.

Diese Sorge teilen auch die beiden engsten Verbündeten der USA in der Region, Saudi-Arabien und Israel. Diesen stehen den USA in enger Freundschaft zur Seite. Zudem sind die USA - wie alle anderen Staaten auch - an gesicherten Transporten für den Erdölhandel interessiert. Der Golf von Oman ist ein Nadelöhr. Durch ihn passieren sämtliche Schiffe, die Erdöl an der Ostküste der Arabischen Halbinsel geladen haben. Diesen Weg wollen die USA sichern. Allerdings will Trump keine weitere Eskalation am Golf. Das hatte auch der japanische Premier Shinzo Abe während seines Besuchs in Teheran erklärt.

Abes Präsenz, sagt Sicherheitsexperte Markus Kaim in der ARD-Sendung "Tagesthemen", sei "Ausdruck der enormen internationalen Besorgnis über die bereits erreichte und weitere potenzielle Eskalation in der Region. Ich würde ebenso lesen wollen, dass wir hier Kräfte am Werk sehen, die diese Bemühungen um Deeskalation torpedieren wollen."

Saudi-Arabien

Das Königreich sorgt sich vor der iranischen Expansion. Die Feindschaft zwischen dem Iran und Saudi-Arabien ist nicht nur auf einem konfessionellen Konflikt aufgebaut. Es geht dabei auch um die politische Vormachtstellung im Nahen und Mittleren Osten. In Riad beobachtet man, wie der Iran seinen Einfluss teils militärisch - wie etwa in Syrien oder im Jemen -, teils diplomatisch - wie im Irak - ausbaut. Um dem entgegenzutreten, hat der neue starke Mann in Saudi-Arabien, Kronprinz Mohammed bin Salman, vor knapp vier Jahren eine internationale Koalition geschmiedet. Diese bekämpft seitdem im Jemen die aufständischen Huthis, die ihrerseits vom Iran unterstützt werden. Allerdings ist der Krieg mindert dieser Krieg den seit der Ermordung des Regimekritikers Jamal Khashoggi im Oktober im saudischen Konsulat in Istanbul ohnehin angeschlagenen Ruf des Königreichs weiter. Insofern hat Saudi-Arabien ein Interesse daran, den Konflikt nicht noch weiter eskalieren zu lassen.

Israel

Israel hat seit mehreren Jahren eine äußerst angespannte Beziehungen zum Iran. Dieser hat den Krieg in Syrien auch dazu genutzt, sich dort militärisch fest zu installieren. Die vom Iran unterstützte Hisbollah ist bis auf die Golan-Höhen vorgedrungen, die iranischen Revolutionsgarden halten derweil einen Sicherheitsabstand von rund 100 Kilometern zur israelischen Grenzen. Wiederholt hatte die israelische Luftwaffe Angriffe auf iranische Stellungen in Syrien geflogen.

Israel - Syrien Golan-Höhen israelische Soldaten
Abwehrbereit: Israelisches Militär auf den Golanhöhen, März 2019Bild: Imago/Xinhua/A. Margolin

"Iran macht aus Syrien eine neue Front gegen Israel, ein Sprungbrett, um von dort aus Israel zu erobern", hatte die israelische Justizministerin Ayelet Shaked bereits im April 2018 in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung" erklärt. "Israel wird nicht tatenlos am Rande stehen und zuschauen, wie Iran Syrien übernimmt", sagte sie.

Mittlerweile arbeiten Saudi-Arabien und Israel gemeinsam gegen die Mullahs in Teheran. Israel begrüßte auch den Schritt der USA, aus dem Atomabkommen mit den USA auszusteigen. Ihnen war der Deal schon lange ein Dorn im Auge. Sie fürchtet, Iran könne sein Atomprogramm insgeheim weiter vorantreiben. Nach Angaben der Nachrichtenagentur Reuters hatte der iranische Revolutionsführer Ayatollah Khamenei im Mai ein Statement auf seiner Website veröffentlicht, in dem er schrieb, dass die jungen Menschen noch den Niedergang Israels erleben würden.

Eine solche Bedrohung vor Augen, hofft Israel, dass die USA eine militärische Drohkulisse aufbauen. "Netanjahu ist Politiker, und ich habe keinen Zweifel daran, dass wenigstens ein Teil seiner Iran-Strategie der eigenen Machtsicherung dienen sollte", sagte der Iran-Experte Ras Zimmt vom israelischen Institute for National Security Studies in der vergangenen Woche im Interview mit der Zeitschrift "Zenith". "Er kann das Thema nutzen, um sich der israelischen Gesellschaft als einzigen Politiker zu präsentieren, der in der Lage ist, Iran die Stirn zu bieten. Dennoch - und ich bin kein Jünger Netanjahus - glaube ich, dass er den Iran tatsächlich als existentielle Bedrohung des Staates Israel ansieht und ihn nicht allein der Wahlkampf zu den entsprechenden Aussagen trieb."

Ein drohender Krieg?

Die Aussichten einer direkten militärischen Konfrontation zwischen den USA und Iran seien gering, sagt Sicherheitsexperte Markus Kaim. Daran hätten beide Staaten kein Interesse. Nicht auszuschießen sei allerdings eine nahezu zufällige Eskalation. "Stellen Sie sich vor ein iranisches Schnellboot nähert sich einem amerikanischen Kreuzer Es kommt zu einem ungewollten Schusswechsel der dann eskaliert und keine der beiden Seiten will zurückziehen. Das sollte uns wirklich die Sorgenfalten auf die Stirn treiben."

DW Kommentarbild | Autor Kersten Knipp
Kersten Knipp Politikredakteur mit Schwerpunkt Naher Osten und Nordafrika