EU-Agrarsubventionen erreichen die Falschen
28. April 2010Es könnte eigentlich eine gute Nachricht sein. Die Subventionen der Europäischen Union für deutsche Bauern haben im Vergleich zu 2008 zugenommen. Im Jahr 2009 schüttete die EU mit über 7,5 Milliarden Euro fast eine Milliarde mehr aus als noch ein Jahr zuvor. Ein dickes Plus von über 12 Prozent. Die größten Empfänger waren Molkereien, Zuckerproduzenten und Tiermastbetriebe. Kleinbäuerliche Familienbetriebe finden sich unter den Großempfängern hingegen nicht.
Die höchsten Subventionen in Deutschland erhielt so der Nordmilch-Konzern aus Bremen (51 Millionen), gefolgt von Südzucker (42 Millionen) und dem Zuckerhändler Pfeifer und Langen (17 Millionen). Mit fast 1,5 Milliarden Euro nach Bayern und Niedersachsen mit 1,15 Milliarden erhielten die beiden Bundesländer die meisten Zuschüsse aller 16 Bundesländer. Die Liste über die größten Subventionsempfänger veröffentlichte die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung am Montag (26.04.).
Jeder Deutsche zahlt pro Jahr 100 Euro Steuern für die Landwirtschaft
Jeder Deutsche zahlt knapp 100 Euro Steuern für die Landwirtschaft. Die Agrarwirtschaft ist der EU liebstes Kind, etwa 56 Milliarden Euro flossen an die Agrarbetriebe. Für keinen anderen Bereich gab Brüssel 2009 mehr Geld aus. Mit den Subventionen sollen die Einkommen der Landwirte stabilisiert und ihre Grundversorgung gesichert werden. Außerdem fördert die EU damit die ländliche Entwicklung. Doch seit im vergangenen Jahr erstmals veröffentlicht wurde, wen das Geld tatsächlich begünstigt, wird die Kritik an den Subventionen immer lauter. Nicht die kleinbäuerliche Landwirtschaft, sondern große Agrarbetriebe würden am stärksten gefördert, klagen Umweltverbände.
Tatsächlich stehen etwa Deutschlands größter Rinderzüchter Osterhuber Agrar (3,7 Millionen Euro) sowie Europas größter Produzent von Geflügelfleisch, die französische Gruppe Doux (3,2 Millionen), die ein Werk in Nordpommern betreibt, ganz oben auf der deutschen Empfängerliste. Auch einheimische Großbauern, die es eigentlich gar nicht nötig hätten, beziehen Leistungen der EU: So erhält der Unternehmer Albert von Thurn und Taxis, der auf der Forbes-Liste der 500 reichsten Menschen der Welt steht, für die Betriebe des Fürstenhauses mehr als eine Million Euro Fördergeld. Erstaunlicherweise finden sich auch agrarferne Konzerne wie RWE, BASF oder der Waffenkonzern Rheinmetall unter den Empfängern. Anders als in anderen EU-Staaten gibt die deutsche Liste keine Auskunft darüber, wofür die Empfänger das EU-Geld genau erhalten.
Umweltschutz soll belohnt werden
Aufgrund der Undurchsichtigkeit und der ungerechten Verteilung der EU-Subventionen fordern 30 Agrar- und Umweltverbände nun eine radikale Reform der EU-Subventionen zugunsten kleinerer Bauernhöfe und der Umwelt. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), das katholische Hilfswerk Misereor, der Anbauverband Bioland und andere Organisationen kritisierten am Dienstag (27.04.), dass derzeit vor allem Großbetriebe die EU-Hilfen bekämen. Manche der kleinen Betriebe würden in den Ruin getrieben. Deshalb fordern sie, dass die Milliarden-Hilfen der Europäischen Union bei der nächsten Agrarreform ab 2014 neu verteilt werden sollen. Umweltschutz, Tierschutz und die Sicherung von Arbeitsplätzen müssten stärker honoriert werden.
Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) hält jedoch nichts von Kürzungen im EU-Agrarbudget. Sie will sich weiterhin für Subventionen einsetzen. Umweltverbände fordern hingegen, die Beihilfen stärker an Verpflichtungen der Bauern zu koppeln, die Umwelt zu schützen. Derzeit erhalten die zwölf Millionen Bauern in Europa den Großteil der Förderungen, solange sie sich an die allgemeinen Gesetze zum Umweltschutz halten.
Autor: Arne Lichtenberg
Redaktion: Hartmut Lüning