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EU drängt Irland zu grundlegenden Reformen

22. November 2010

Nach der fast aufgedrängten Rettungsaktion der Euro-Staaten für das kriselnde Irland gerät das Land weiter unter Druck. Die EU fordert, Irland müsse seine Unternehmenssteuer anheben, um die Staatseinnahmen zu verbessern.

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Premierminister Brian Cowen blickt nach unte (Foto: AP)
Premierminister Brian Cowen - was tut Irland im Gegenzug für den EU-Rettungsschirm?Bild: AP

Als Gegenleistung für die Notfallkredite verlangten die EU, die Euro-Länder und der Internationale Währungsfonds (IWF) am Montag (22.11.2010), dass Irland sein marodes Bankensystem neu aufstellt, seinen Haushalt saniert und seine Unternehmenssteuer erhöht. Diese liegt mit 12,5 Prozent sehr niedrig und wird von vielen Ländern als "Dumping" im internationalen Wettbewerb um Firmenansiedlungen verstanden. Die irische Regierung wehrt sich aber weiter dagegen, obwohl die milliardenschweren Staatshilfen für angeschlagene Banken den Staatshaushalt an den Rand der Finanzierbarkeit gebracht haben. Der irische Finanzminister Brian Lenihan wies abermals Spekulationen zurück, sein Land sei zahlungsunfähig. "Wir sind nicht pleite, wir haben substanzielle Bar-Reserven", sagte Lenihan dem irischen Sender RTE.

Poker um Details des Rettungspakets

Staatsminister Dr. Hoyer (Foto: DW)
'Wir werden mit über die anstehenden Schritte beraten": Staatsminister HoyerBild: DW

Die Details des Rettungspakets werden noch von einer Expertengruppe von EU, Euro-Ländern und IWF in Dublin geklärt. EU-Währungskommissar Olli Rehn kündigte an, die Verhandlungen könnten bis Ende November dauern. "Wir werden mit unseren irischen Freunden über die anstehenden Schritte beraten", erklärte der Vertreter Deutschlands, der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Werner Hoyer. Die genaue Summe der Kredite für Irland sei noch nicht bekannt. "Es gibt eine Spanne, die möglich ist", sagte Hoyer. Die irische Regierung hatte von "unter 100 Milliarden Euro" gesprochen. Hoyer sagte, er erwarte, dass die Märkte sich nun beruhigen werden. Er sei optimistisch, dass "unter diesem gewissermaßen auch psychologischen Schirm" der Prozess der Konsolidierung erfolgreich fortgesetzt werden könne. Eine Ansteckungsgefahr für andere Wackelkandidaten wie Spanien oder Portugal sehe er nicht.

Die Börsen zeigten sich tatsächlich zufrieden. Sowohl der Leitindex DAX als auch der Euro erholten sich.

Konsequente Anstrengungen

Lenihan und Rehn(Foto:picture alliance/Julien Behal)
Der Schutzschirm soll helfen: Irlands Finanzminister Lenihan (l.) und EU-Kommissar RehnBild: picture alliance/empics

Bundesaußenminister Guido Westerwelle lobte im ARD-Fernsehen die vorausblickenden Maßnahmen der EU: "Unterm Strich kann man klar sagen, es trifft uns nicht unvorbereitet - anders als im Frühjahr mit Griechenland als zum ersten Mal so etwas passiert ist."

Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle forderte von Irland, konsequente Anstrengungen zu unternehmen, damit die Wirtschaft des Landes wettbewerbsfähiger werde. Er habe aber keinen Zweifel, dass dies gelingen werde. Eine Gefahr für die deutsche Wirtschaft sehe er nicht.

Ein Hilfsangebot für Irland kam auch aus dem Nachbarland Großbritannien. Man werde Irland mit zusätzlichen Milliardenhilfen zur Seite stehen, sagte Finanzminister George Osborne. Es würden bilaterale Hilfen von rund sieben Milliarden Pfund erwogen: "Wir reden über mehrere Milliarden Pfund, nicht über Dutzende Milliarden."

Die portugiesische Regierung lobte den Antrag Irlands auf Schutz aus dem Euro-Rettungsschirm, hielt sich aber bei Fragen nach der eigenen Hilfsbedürftigkeit bedeckt.

Keine Alternative

Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker stellte klar: Er gebe keine Alternative zu einer Haushaltskonsolidierung in Irland. Wenn die Iren nicht - wie geplant - in den kommenden vier Jahren 15 Milliarden Euro ihres Haushaltes einsparten, werde es nicht möglich sein, Irland mit einem europäischen Begleitprogramm zu helfen, sagte Juncker im Deutschlandradio Kultur. Die Iren seien aber bereit, diese beträchtliche Anstrengung zu leisten, betonte Luxemburgs Premier.

Im Zuge der internationalen Rettungsaktion müssen sich die Iren auf drastische Kürzungen von Sozialleistungen gefasst machen.

Viele Banken der Inselrepublik sind wegen der Finanz- und Immobilienkrise in eine Schieflage geraten und mussten vom Staat mit Milliardenbeträgen gestützt werden. Zudem hängen sie bei der Refinanzierung weitgehend am Tropf der EZB. Das irische Haushaltsdefizit ist im Sog der Bankenkrise explodiert und übersteigt dieses Jahr die im Maastricht-Vertrag festgelegte Obergrenze von drei Prozent der Wirtschaftsleistung voraussichtlich um mehr als das Zehnfache.

Autor: Herbert Peckmann (dpa, rtr, dapd)
Redaktion: Sabine Faber

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