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PolitikUkraine

EU-Erweiterung: Gute Nachrichten für die Ukraine

8. November 2023

Die Europäische Kommission empfiehlt, mit der Ukraine und Moldau Beitrittsgespräche zu beginnen. Bevor die Gespräche starten können, müssen jedoch in beiden Ländern begonnene Reformen vollendet werden.

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Ursula von der Leyen am vergangenen Wochenende mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in Kiew
Alles in trockenen Tüchern? Ursula von der Leyen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj Anfang November in KiewBild: Ukrainian Presidential Press Service/REUTERS

Es sei ein "historischer Tag", erklärte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen mit Blick auf ihre Ankündigung, Beitrittsgespräche mit der Ukraine zu beginnen. "Es ist nun zehn Jahre her, dass die Proteste auf dem Maidan begannen. Damals wurden Menschen erschossen, da sie sich in EU-Flaggen einhüllten." Der Fortschritt, den die Ukraine seitdem gemacht habe, sei beeindruckend, sagte von der Leyen am Mittwoch in einer Pressekonferenz. Das Land, das sich seit der russischen Invasion im Februar 2022 im Krieg befindet,  habe bereits weit über 90 Prozent der von der EU geforderten Reformen umgesetzt. 

Die Europäische Kommission empfiehlt zudem, auch mit Moldau Beitrittsgespräche zu beginnen. Über diese Empfehlung müssen nun die Staats- und Regierungschefs einstimmig entscheiden. Es wird erwartet, dass sich die EU-Spitzen bei ihrem regulären Gipfeltreffen Mitte Dezember damit befassen.  Bevor die Kommission sich jedoch auch für das konkrete Verhandlungsmandat ausspricht, müssen laut dem Bericht der EU-Kommission noch die begonnenen Reformen in der Republik Moldau zu Ende geführt werden.

Bei den in der Ukraine noch ausstehenden zehn Prozent handelt es sich um Verbesserungen bei der Korruptionsbekämpfung, die Beschränkung des Einflusses von Oligarchen auf die Gesetzgebung sowie die Politik gegenüber nationalen Minderheiten. Erst wenn diese Schritte vollendet sind, werde die Kommission dem Europäischen Rat empfehlen, das Verhandlungsmandat - die Grundlage der Gespräche - zu verabschieden.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen
"Historischer Tag": EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen will Beitrittsgespräche mit der Ukraine beginnenBild: Yves Herman/REUTERS

Das gleiche Vorgehen wählt die EU-Kommission für die Republik Moldau. Auch dort mahnt sie weitere Schritte in der Korruptionsbekämpfung, der Justizreform und der De-Oligarchisierung an.

EU-Kommission will im März 2024 erneut berichten

Nach derzeitigem Stand will die EU-Kommission über die Reformfortschritte beider Länder den EU-Staats- und Regierungschefs beim Gipfel im März berichten. In Brüssel ist man bemüht, die jetzige Ankündigung nicht kleinzureden. Sobald die Staats- und Regierungschefs im Dezember zugestimmt hätten, werde der Prozess beginnen, sagte ein hochrangiger EU-Beamter am Mittwoch. Dieser umfasse  unter anderem das sogenannte Screening. Dabei bestimmt die EU-Kommission gemeinsam mit dem Beitrittsstaat, wie gut vorbereitet das Land in einzelnen Themenbereichen ist. In der Vergangenheit habe das manchmal ein Jahr gedauert, hier seien sechs Monate angepeilt. Doch auch wenn die tatsächlichen Verhandlungen beginnen, kann es noch Jahre - oder sogar Jahrzehnte -  bis zum tatsächlichen EU-Beitritt dauern.

Lob und Kritik für die Entscheidung

In Kiew freut man sich jedenfalls über die Empfehlung der EU. Auf der Plattform X (ehemals Twittter) lobt der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj die Empfehlung der EU-Kommission als einen "starken und historischen Schritt, der den Weg zu einer starken EU mit der Ukraine als Mitglied ebne". Auch die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock betont auf X, dass die Menschen in der Ukraine zur europäischen Familie gehörten. 

Moldaus Präsidentin Maia Sandu spricht von einem "wichtigen Meilenstein für Moldau" und dass das Land entschieden auf seinem Weg Richtung EU sei.

Ukraine: Gute Aussichten für einen EU-Beitritt

Auch im EU-Parlament begrüßten die meisten Abgeordneten die Empfehlung der Kommission. Michael Gahler, Mitglied der konservativen CDU und zuständig für die Ukraine, weist auf die erheblichen Fortschritte der Ukraine im Bereich der Rechtsstaatlichkeit und Korruptionsbekämpfung hin. Auch der litauische Abgeordnete Petras Austrevicius von der liberalen Renew-Fraktion spricht von einem "wichtigen und historischen Moment für die Ukraine und ihr mutiges Volk". Kritische Töne schlägt Bernhard Zimniok an, außenpolitischer Sprecher der rechtspopulistischen AfD in der rechten ID-Fraktion. Er hält den Schritt in Angesicht des Krieges für "unbegreiflich".

Falls die Staats- und Regierungschefs der Empfehlung folgen, wäre es das erste Mal, dass die EU Beitrittsgespräche mit einem Land führt, dass sich in einem Krieg befindet. Nach der russischen Invasion im Februar 2022 hatte die Ukraine einen Antrag auf Aufnahme in der EU gestellt. Am 24. Juni 2022 erhielt das Land den Kandidatenstatus.

Georgien soll Beitrittskandidat werden

Auch in Georgien freut man sich über den Bericht der EU-Kommission. Diese schlägt - unter gewissen Bedingungen -  vor, dem Land den Status einen Beitrittskandidaten zu gewähren.

In dem Bericht ging es auch um die Türkei und die Länder des Westbalkans. Bosnien-Herzegowina muss wohl noch etwas auf die Beitrittsverhandlungen warten. Die Kommission hat sich für die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen ausgesprochen, wenn alle Beitrittskriterien erfüllt sind. Spätestens im März will sie dazu einen Bericht vorlegen. 

DW Mitarbeiterin Lucia Schulten
Lucia Schulten Korrespondentin in Brüssel