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PolitikEuropa

EU gibt neue Gelder für die Ukraine frei

24. Juni 2024

Mit einem Kniff machen die EU-Außenminister Zinsgewinne russischer Vermögenswerte frei. Ein Land ist davon nicht begeistert.

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Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock läuft mit ihren Begleitern einen Gang entlang
Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock (weißer Hosenanzug) in LuxemburgBild: Thomas Koehler/AA/picture alliance

"1,4 Milliarden Euro werden im Laufe des nächsten Monats zur Verfügung stehen und eine weitere Milliarde bis Ende des Jahres", verspricht der Hohe Außenbeauftragte der EU, Josep Borrell, in seiner Pressekonferenz nach einem EU-Außenministertreffen in Luxemburg. Diese seien für die Luftverteidigung, Munition und Unterstützung der ukrainischen Industrie vorgesehen. 

Bei diesen Geldern handelt es sich um die Zinserträge von in Europa eingefrorenem russischen Vermögen. Bestrebungen, diese für die Ukraine zu verwenden, gibt es schon länger. Nun hat sich der Rat - gegen den Willen Ungarns - darauf geeinigt, verfügbare Zinserträge zu 90 Prozent im Rahmen der sogenannten Europäischen Friedensfazilität (EFF) zu nutzen. Auch die G7-Staaten hatten kürzlich beschlossen, anhand von Zinsgewinnen Kredite für die Ukraine abzusichern.

Porträtaufnahme des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell
Kündigte die Freigabe von Geldern aus Zinsgewinnen russischer Vermögenswerte für die Ukraine an: Josep Borrell (Archivbild)Bild: Alexandros Michailidis/European Union

Aus dem EFF-Topf wurden nach Angaben der Europäischen Union im Zeitraum 2022 bis 2024 bereits über elf Milliarden Euro für die Ukraine mobilisiert. Laut EU-Kommission sind rund 210 Milliarden Euro russische Vermögenswerte in der EU eingefroren. Nach ihren Schätzungen dürfte sich der Ertrag pro Jahr - je nach Zinsrate - auf 2,5 bis drei Milliarden Euro belaufen. Für 2023 hatte das in Belgien ansässige Finanzinstitut Euroclear 4,4 Milliarden Euro an Zinsgewinnen aus russischen Vermögenswerten bekannt gegeben.

Freigabe durch juristischen Kniff

Außerdem verkündete Borrell, man habe ein "rechtliches Verfahren gefunden, um jegliche Art von Blockade zu verhindern. Im Sinn hatte Borrell wohl Ungarn und dessen Ablehnung gegen die Freigabe der Mittel. Vor dem Hintergrund, dass sich das Land bei einer vorhergehenden grundlegenden Entscheidung enthalten hatte, ließ man das Land bei der heutigen ausführenden Entscheidung außen vor.

Ungarns Außenminister Péter Szijjártó kündigte an, dass sein Land rechtliche Schritte gegen das Vorgehen prüfe, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters. Die EU sei dabei, mit dieser Entscheidung "rote Linien" zu überschreiten, zitierte der ungarische Regierungssprecher seinen Außenminister auf der Plattform X. Szijjártó kritisierte einen "beispiellosen Verstoß gegen gemeinsame europäische Vorschriften".

Ungarn bald Ratspräsident

Ungarn und seine Blockadehaltung der Ukraine gegenüber sind in der EU nichts Neues. Das Land blockiert weitere Ukraine-Hilfe in Milliardenhöhe seit mehreren Monaten und lehnt Waffenlieferungen an die Ukraine ab. Das Land begründet dies unter anderem damit, dass diese Hilfen zu weiterer Eskalation führen würden. Laut Borrell handelt es sich bei den blockierten Hilfen für die Ukraine um Gelder in Höhe von rund sechs Milliarden Euro.

Die EU hält Ihrerseits Gelder für Ungarn wegen Bedenken gegen die Rechtsstaatlichkeit zurück. Am 1. Juli 2024 wird Ungarn für sechs Monate die sogenannte EU-Ratspräsidentschaft übernehmen. In dieser Funktion leitet ein Land die sogenannten Ministerratstreffen und ist maßgeblich für die Gestaltung der Agenda und somit das Voranbringen von Gesetzesvorhaben in der EU zuständig.

Mit Blick auf die bevorstehende Rolle Ungarns und die weitere Unterstützung der Ukraine betonte die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock am Montag: "Wir können diese Schritte gemeinsam in der Union beschließen, wie wir das in den letzten zwei Jahren auch immer getan haben, und da braucht es alles, auch die entsprechende Ratspräsidentschaft."

Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock spricht im Plenum
Annalena Baerbock (Die Grünen) im Kreise ihrer Kolleginnen und KollegenBild: Thomas Koehler/AA/picture alliance

Neues Sanktionspaket gegen Russland verabschiedet

Außerdem beschlossen die EU-Außenminister das 14. Sanktionspaket gegen Russland. Dieses zielt insbesondere darauf ab, Schlupflöcher zu schließen. In einem Punkt blieben die Mitgliedstaaten hinter den Forderungen der EU-Kommission zurück. Und das auch wegen Deutschland: Die EU-Kommission wollte Konzerne für Sanktionsumgehungen ihrer Tochterfirmen in Drittstaaten haftbar machen. In dem neuen Paket heißt es nun, die Mutterkonzerne müssten sich nach "besten Kräften bemühen", solches Verhalten zu unterbinden. Mit dem Sanktionspaket wird auch das Umladen von russischen Flüssigerdgas in der EU verboten, wodurch Russlands Einkünfte geschmälert werden sollen.

Russlands Wirtschaft: Sanktionen schaden wenig

Der litauische Außenminister Gabrielius Landsbergis kritisierte, dass das Sanktionspaket mit der Zeit schwächer geworden sei. Russland wies das neue Sanktionspaket als "wirkungslos" zurück.

Weitere Themen waren unter anderem die Situation in Nahost und der Westbalkan. Auch am Dienstag wird die Ukraine die Agenda in Luxemburg dominieren. Bei einer ersten Regierungskonferenz werden dann die EU-Beitrittsverhandlungen mit dem von Russland angegriffenen Land eröffnet.

DW Mitarbeiterin Lucia Schulten
Lucia Schulten Korrespondentin in Brüssel