Juncker unterstütz Idee einer EU-Armee
8. März 2015EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat sich für die Gründung einer gemeinsamen Armee in Europa ausgesprochen. Mit einer solchen könnte Europa glaubwürdig auf eine Bedrohung des Friedens in einem Mitgliedsland oder in einem Nachbarland der Europäischen Union reagieren, sagte Juncker der "Welt am Sonntag". "Eine europäische Armee hat man nicht, um sie sofort einzusetzen. Aber eine gemeinsame Armee der Europäer würde Russland den Eindruck vermitteln, dass wir es ernst meinen mit der Verteidigung der Werte der Europäischen Union", hob Juncker mit Blick auf den Ukraine-Konflikt hervor.
Zustimmung aus der Regierungskoalition
Die europäische Armee solle keine Konkurrenz zur NATO sein, sondern Europa stärken, sagte Juncker weiter. Eine intensive Zusammenarbeit der europäischen Staaten bei der Entwicklung und beim Kauf von militärischem Gerät werde auch "erhebliche Einsparungen bringen".
Zustimmung erhielt Juncker aus der Berliner Regierungskoalition. "Eine gemeinsame Armee ist eine europäische Vision, deren Zeit gekommen ist", sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Aussschusses im Bundestag, Norbert Röttgen, (CDU) dem Blatt. Auch der SPD-Politiker Hans-Peter Bartels, der dem Verteidigungsausschuss vorsitzt, verlangte einen neuen Schub in der europäischen Verteidigungspolitik. "Wir sollten nicht auf ein Gesamtkonzept aller 28 EU-Mitglieder warten, sondern mit Vereinbarungen zwischen den Nationalstaaten beginnen", sagte Bartels.
Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen wirbt ebenfalls für die Zukunftsvision einer europäischen Armee. Sie sei allerdings nicht kurzfristig zu erreichen, betonte die CDU-Politikerin im Februar. Aber so wie sie überzeugt davon sei, dass "vielleicht nicht meine Kinder, aber dann meine Enkelkinder die Vereinigten Staaten von Europa haben werden", so sei sie vom Ziel der europäischen Streitkräfte überzeugt.
Gesamteuropäischer Finanzminister
Auch in haushaltspolitischen Fragen denkt Juncker über Änderungen nach. Seiner Auffassung nach sollten die Euro-Länder auf mittlere Sicht eine gemeinsame Budgetplanung haben. "Ich bin dafür, dass die Staaten der Euro-Zone mittelfristig gemeinsame Haushaltsmittel erhalten, um die Konjunktur steuern zu können", sagte Juncker. Er signalisierte zugleich, dass dazu ein eigener Finanzminister für den kompletten Währungsraum sinnvoll wäre. "Ein solcher Finanzminister bräuchte eine gesamteuropäische Haushaltsgewalt und müsste parlamentarisch kontrolliert werden", führte der frühere Luxemburger Regierungschef aus.
Seinen Worten zufolge sind allerdings zunächst erhebliche politische Hindernisse aus dem Weg zu räumen. "Es bräuchte gewaltige Vertragsänderungen, damit ein solcher Funktionsträger auch mit den nötigen Instrumenten ausgestattet werden kann", sagte Juncker. "Dafür müssten die Mitgliedstaaten bereit sein, auf Souveränität zu verzichten."
pg/wa (pg, rtr, afp)