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Politik

EU-Parlament stellt sich quer

23. Juli 2020

Das Europaparlament will mitreden: Es spricht mit Blick auf den jüngsten EU-Gipfel von einem teuer erkauften Deal. Änderungen im mühevoll geschnürten Milliardenpaket müssten her, heißt es von den Fraktionen.

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Außerordentliche Plenarsitzung des EU-Parlaments in Brüssel
Auf der außerordentlichen Plenarsitzung des EU-Parlaments formulierten Abgeordnete ihren UnmutBild: Reuters/F. Lenoir

Das Europaparlament will das beim EU-Gipfel vereinbarte europäische Haushaltspaket erst einmal stoppen. Es müsse mehr Geld für Klimaschutz, Forschung, Gesundheit und Studenten fließen, meinte der Fraktionschef der Europäischen Volkspartei, Manfred Weber. Ähnlich sehen das die anderen großen Fraktionen. Sie verlangen zudem eine klare Regelung, dass EU-Geld bei Verstößen gegen die Rechtsstaatlichkeit künftig gekürzt werden kann. 

Die Staats- und Regierungschefs hatten sich am Dienstag nach einem langen und zähen Ringen auf ein Corona-Krisenprogramm im Umfang von 750 Milliarden Euro und einen siebenjährigen EU-Haushalt von 1074 Milliarden Euro geeinigt. Der Haushalt braucht die Billigung des EU-Parlaments, das nun in einem Vermittlungsverfahren Änderungen durchsetzen will. Die Entscheidung fällt wahrscheinlich im September. Auch die Parlamente in allen 27 EU-Staaten müssen Ja sagen. Der Haushaltsrahmen 2021 bis 2027 soll dann zum 1. Januar in Kraft treten. Das erste Geld aus dem 750-Milliarden-Paket soll dann im Laufe des Jahres 2021 fließen.

Michel: "Wir haben geliefert"

In einer Analyse erklärte das Europaparlament, die Einigung beim Gipfel sei mit teuren Geschenken erkauft worden. Um die Zustimmung bestimmter Länder zu sichern, habe EU-Ratspräsident Charles Michel eine "Serie von Zugeständnissen in letzter Minute" gemacht - zum Beispiel höhere Rabatte für Länder wie Österreich und Dänemark sowie zusätzliche Sonderzahlungen. 

Außerordentliche Plenarsitzung des EU-Parlaments in Brüssel
EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen verteidigte die Gipfelergebnisse, sprach aber auch von einer "bitteren Pille"Bild: Reuters/F. Lenoir

Michel und Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen verteidigten die Ergebnisse im Parlament. "Wir haben geliefert", sagte der belgische EU-Ratspräsident. Er betonte erneut die historische Dimension des insgesamt 1,8 Billionen Euro starken Pakets und das Novum, dass die EU gemeinsam Schulden aufnimmt.

Abgeordnete fordern klaren Zeitplan

Von der Leyen sagte, viele Milliarden flössen in die Modernisierung der Wirtschaft, zum Beispiel in den Ausbau des 5G-Mobilfunknetzes oder in besser gedämmte Häuser. Die Einschnitte im Haushalt gegenüber ihrem ursprünglichen Entwurf bedauerte aber auch sie - vor allem beim Forschungsprogramm Horizon, bei Gesundheit, beim Investitionsplan InvestEU und beim Geld für die internationale Zusammenarbeit. "Dieser schmale mehrjährige Finanzrahmen ist eine bittere Pille", sagte von der Leyen.

Das griff dann nicht nur Weber auf, sondern etliche weitere Redner in der Debatte. "Diese bittere Pille, die Sie heute erwähnt haben, die uns serviert wurde, werden wir so nicht schlucken", formulierte auch der SPD-Abgeordnete Tiemo Wölken. In einer von allen großen Fraktionen ausgehandelten Resolution wurden die Nachforderungen formuliert: mehr Ausgaben für Forschung, Gesundheit, das Studentenprogramm Erasmus und den "Fonds für einen gerechten Wandel" hin zur klimafreundlichen Wirtschaft. Zudem forderte Wölken einen stärkeren Rechtsstaatsmechanismus, notfalls müsste so Staaten wie Ungarn oder Polen die Subventionen aus Brüssel gekappt werden. 

Die Abgeordneten forderten einen klaren Zeitplan zur Einführung weiterer neuer Finanzquellen. Im Gespräch sind eine Digitalsteuer, eine Ausweitung des Emissionshandels und Klimazölle auf Importwaren, die im Ausland nicht umweltfreundlich produziert wurden.

nob/haz (afp, dpa)