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Politik

Streit über Flüchtlingsrettung vor Libyen

17. Juli 2017

Die Bilanz der EU-Außenminister zur Flüchtlingskrise fällt ernüchternd aus. In diesem Jahr haben schon Zehntausende von Libyen aus die Überfahrt nach Europa gewagt. Italien sieht sich inzwischen an der Kapazitätsgrenze.

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Italien Salerno Ankunft von Flüchtlingen
Bild: picture-alliance/Pacific Press/M. Amoruso

Angesichts der hohen Ankunftszahlen in Italien streitet die EU über die Rettung von Bootsflüchtlingen vor Libyen. Italien blockiert die Verlängerung des EU-Militäreinsatzes vor der libyschen Küste. Weil die Regierung in Rom kurzfristig weiteren Prüfbedarf ankündigte, konnten die EU-Außenminister nicht wie geplant ein erweitertes Mandat für die Marineoperation "Sophia" beschließen. Es sei nicht auszuschließen, dass Italien mit der Blockade Zugeständnisse anderer Staaten bei der Aufnahme von Migranten erzwingen wolle, hieß es aus Diplomatenkreisen.

Großes Problem für Italien

Für Italien ist der EU-Einsatz bereits seit einiger Zeit mehr Problem als Hilfe. Das liegt vor allem daran, dass sich die Regierung 2015 damit einverstanden erklärt hatte, dass am Rande des Einsatzes gerettete Migranten in italienische Häfen gebracht werden. Damals war noch nicht absehbar gewesen, dass die eigentlich für den Kampf gegen Schleuserkriminalität losgeschickten EU-Schiffe Zehntausende Menschen an Bord nehmen würden. Allein die deutsche Marine rettete bereits mehr als 21.000 Migranten, die dann nach Italien gebracht wurden.

Kritik an der Seenotrettung durch "Sophia" kommt auch aus Belgien. Migrationsstaatssekretär Theo Francken forderte, das belgische Marineschiff aus der "Sophia"-Mission abzuziehen. Denn die Rettung von Flüchtlingen erzeuge "eine Sogwirkung" und bringe noch mehr "illegale Migranten" nach Europa, sagte er dem Sender VTM am Sonntag. Menschen müssten gerettet werden, aber sie dürften nicht nach Europa gebracht werden.

Der österreichische Außenminister Sebastian Kurz forderte in Brüssel, "die Mittelmeerroute zu schließen". Gerettete Flüchtlinge dürften nicht mehr nach Italien gebracht werden. "Die Rettung im Mittelmeer darf nicht verbunden werden mit dem Ticket nach Mitteleuropa", sagte Kurz. Denn je mehr Flüchtlinge in Italien ankämen, desto mehr machten sich überhaupt erst auf den Weg.

Forderung nach Solidarität

Die Bundesregierung bekräftigte, sie setze sich für eine Verlängerung des EU-Militäreinsatzes ein. Bei der Versorgung der aus Seenot geretteten Geflüchteten sei aber klar, "dass man Italien unter die Arme greifen muss", sagte eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes in Berlin.

Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini zeigte sich bei dem Außenministertreffen in Brüssel optimistisch, dass die Laufzeit des Einsatzes wie geplant bis zum 31. Dezember 2018 verlängert werden könne. Das aktuelle Mandat ende erst Ende Juli, sagte sie in Brüssel. Bis dahin seien noch ein paar Wochen Zeit.

Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn forderte "Solidarität" gegenüber Italien und eine wirksame Umverteilung von Flüchtlingen auf die anderen 27 EU-Staaten. Sonst drohe "eine Katastrophe" - nicht nur für Italien, sondern "für die ganze Europäische Union". Asselborn warnte gleichzeitig davor, gerettete Flüchtlinge nach Libyen zurückzubringen, solange sich die Zustände in den dortigen Aufnahmelagern nicht verbesserten. "Das sind zum Teil Konzentrationslager", in denen "Menschen vergewaltigt werden, wo kein Recht gilt", sagte er. Die EU müsse"finanziell viel tiefer in die Tasche greifen", um der UN zu helfen, Lager nach internationalen Standards zu errichten.

Beschlüsse spiegeln Hilflosigkeit wieder

Derweil beschlossen die EU-Außenminister Regeln, die dazu beitragen sollen, das Geschäftsmodell der Menschenschmuggler in Libyen zu zerstören. So dürfen EU-Staaten künftig den Export von Schlauchbooten und Außenbordmotoren stoppen. Wenn es Hinweise darauf gebe, dass solche Güter von Schleuserbanden benutzt würden, könnten sich EU-Staaten ab sofort auf neue Ausfuhrbeschränkungen berufen, teilte die Vertretung der Mitgliedsstaaten mit. Kritiker monieren, dass diese Regeln dafür sorgen könnten, dass Migranten auf noch klapprigere Boote gesetzt würden. Zudem werde der Großteil der Schlauchboote aus China importiert.

cr/djo (dpa, afp)