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Politik

EU trotzt Kritik an Libyen-Politik

15. November 2017

Die EU will ihr Ausbildungsprogramm für libysche Küstenwächter trotz der vernichtenden Kritik der Vereinten Nationen fortsetzen. Allerdings räumte die Bundesregierung Missstände ein. 

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Afrikanische Migranten werden in ein Internierungslager in der Küstenstadt Sabratha gebracht
Afrikanische Migranten werden in ein Internierungslager in der Küstenstadt Sabratha gebrachtBild: Reuters/H. Amara

Ist die EU-Hilfe für Libyens Küstenwache im Ergebnis "unmenschlich"? Diese Frage hat der UN-Hochkommissar für Menschenrechte aufgeworfen. Doch die Europäische Union will an ihrem Kurs in der Flüchtlingspolitik rund um Libyen festhalten. "Wir trainieren sie, damit sie in den Küstengewässern gegen Schleuser vorgehen und Menschen aus Seenot retten können", sagte eine Sprecherin der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini in Brüssel. Das Trainingsprogramm, mit dem bereits 142 libysche Küstenschutzkräfte ausgebildet worden seien, werde weitergehen. 

Auch Bundesaußenminister Sigmar Gabriel nahm das EU-Engagement in Schutz. "Wenn wir die Küstenwache Libyens nicht mehr unterstützen, hat das nur zur Folge, dass wieder Tausende von Menschen im Mittelmeer ertrinken werden", sagte der SPD-Politiker nach einem Treffen mit seinem italienischen Amtskollegen Angelino Alfano in Rom. "Ich kenne keine Alternative als den Versuch, erstens die Küstenwache besser in Stand zu setzen, zu arbeiten, aber auch darauf zu achten, dass sie mit Menschen respektvoll umgehen, dass sie tatsächlich Leben retten." 

Libysche Küstenwächter während einer Patrouille im Juli
Libysche Küstenwächter während einer Patrouille im JuliBild: Getty Images/AFP/T. Jawashi

Der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Said Raad al-Hussein, hatte am Vortag kritisiert, die Unterstützung für die libysche Küstenwache führe dazu, dass noch mehr Menschen unter entsetzlichen Bedingungen in libyschen Haftzentren eingepfercht würden. 

Das Hochkommissariat zitierte Schilderungen von Migranten, die in Libyen in Lagern der Regierung gefangengehalten werden. Darin war von Hunger, Schlägen, Elektroschocks und Vergewaltigungen die Rede. Die Vereinten Nationen hatten Anfang November vier Lager unter Kontrolle der Regierung besucht. Nach libyschen Angaben befanden sich in den Lagern zuletzt 19.900 Menschen. Im September waren es erst 7000 gewesen. 

Libyen Küstenwache rettet Flüchtlinge auf dem Mittelmeer
Unter bewaffneter Bewachung werden im Juni rund 150 Bootsflüchtlinge zurück nach Libyen gebrachtBild: Getty Images/AFP/T. Jawashi

Die EU und allen voran Italien unterstützen die libysche Küstenwache seit Monaten verstärkt mit dem Ziel, Flüchtlingsboote an der Fahrt Richtung Europa zu hindern. Bis vor kurzem konnten Schleuserbanden Migranten noch nahezu unbedrängt von der Küstenwache in Schlauchbooten durch die Küstengewässer bis in internationale Gewässer bringen. Dort wurden sie dann von europäischen Schiffen aufgenommen und nach Italien gebracht.

Die EU unterstützt versucht auch, unter anderem gemeinsam mit dem UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR), die Zustände in den Lagern zu verbessern und fordert deren Schließung. Die EU wies denn auch die Verantwortung für die Zustände in den Lagern von sich. "Es ist nicht EU-Handeln, das das unmenschliche System in Libyen geschaffen hat", sagte die Sprecherin in Brüssel.

Die libysche Küstenwache nimmt Migranten von einem Schlauchboot an Bord
Die libysche Küstenwache nimmt Migranten von einem Schlauchboot an BordBild: Getty Images/AFP/A. Paduano

Gabriel sagte, es müsse dafür gesorgt werden, dass die rund 30 Haftzentren in dem Bürgerkriegsland unter eine Kontrolle der UN und der Internationalen Organisation für Migration gebracht würden und dort Sicherheit garantiert werde. "Dass wir weit davon entfernt sind, gute Zustände zu haben, da hat die UN völlig recht", räumte Gabriel ein. 

Alfano verteidigte, dass die italienische Marine vor allem mit Überwachungstechnik die libysche Küstenwache im Kampf gegen den Menschenhandel unterstützt. Das habe den Schmugglern einen "schweren Schlag" versetzt, sagte der Minister. Gabriel sprach den Italienern eine "Vorreiterrolle" in der Flüchtlingskrise zu. Trotz öffentlicher Kritik habe die Regierung in Rom "große Anstrengungen unternommen". "Ich kenne kein anderes Land in Europa, das so engagiert versucht, in einer menschlichen Art und Weise die Flüchtlingsströme zu bewältigen", sagte Gabriel. 

stu/sam (dpa, epd)