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Schulterschluss gegen Russland

Bernd Riegert4. November 2014

Die EU-Außenbeauftragte und der NATO-Generalsekretär wollen die "Wahlen" der Separatisten in der Ostukraine ignorieren. Wie man aber auf Russland einwirken kann, wissen beide nicht so recht. Aus Brüssel: Bernd Riegert.

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Federica Mogherini (EU) und Jens Stoltenberg (NATO) in Brüssel (Foto: picture alliance)
Federica Mogherini und Jens Stoltenberg: Harmonischer geht es kaumBild: picture-alliance/dpa/O. Hoslet

Beide sind neu im Amt, beide kennen sich aber schon länger. Beide sind zumindest politische Duz-Freunde. Und beide suchen Wege aus der gleichen Krise. Deshalb lud die neue EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini an ihrem zweiten Arbeitstag den neuen Generalsekretär der ebenfalls in Brüssel beheimateten NATO, Jens Stoltenberg, zur politischen Plauderstunde in ihren Amtssitz. Federica und Jens, so nennen sich die beiden öffentlich, waren sich schnell einig. Die am Sonntag abgehaltenen Wahlen in den Separatistengebieten der Ostukraine seien illegal gewesen und würden auf keinen Fall von der NATO oder der EU anerkannt. Gemeinsam forderten der Chefdiplomat der NATO und die Chefdiplomatin der EU Russland auf, mehr für eine friedliche Lösung des Konflikts zu tun.

Wahllokal in der Ostukraine (Foto: AFP/Getty Images)
Wahlen in der Ostukraine am vergangenen Sonntag: EU und NATO sagen NeinBild: Alexander Khudoteply/AFP/Getty Images

NATO: Russland verstärkt militärische Aktionen

Jens Stoltenberg hielt Russland vor, es verlege wieder mehr Truppen an die Grenze zur Ukraine. Es verstärke seine militärischen Aktivitäten am Boden und in der Luft, so Stoltenberg. "Russland setzt seine Unterstützung für die Rebellen in der Ostukraine fort - durch Training, Ausrüstung und die Entsendung von russischen Spezialtruppen in den östlichen Teil der Ukraine." Moskau täte besser daran, seinen Einfluss auf die Separatisten zu nutzen, "damit diese die Vereinbarung von Minsk und einen Waffenstillstand einhalten". In der weißrussischen Hauptstadt Minsk hatten ukrainische Regierungsmitglieder und Vertreter der Separatisten Anfang September einen zwölf Punkte umfassenden Friedensplan vereinbart. Der Plan sieht Wahlen in der Ostukraine nur im Einklang mit den Gesetzen des Gesamtstaates Ukraine vor. Entgegen dieser Vereinbarung erkennt Russland den Wahlsieg der Separatisten an.

Die Regierung der Ukraine in Kiew schlägt jetzt wieder härtere Töne an und will die Separatistengebiete mit militärischer Gewalt zurückerobern. Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko hat laut Agenturberichten befohlen, weitere Truppen in die Ostukraine zu verlegen.

Sanktionen: Lockern oder verschärfen?

Die EU-Außenbeauftragte Mogherini sieht in den "sogenannten Wahlen in der Ostukraine eine ernste Gefahr für den Friedensprozess". Was in Minsk mühsam und schwierig erarbeitet wurde, dürfe nicht aufgegeben werden, warnte Mogherini. "Das Risiko ist, dass wir diese Gelegenheit für einen internen Dialog in der Ukraine und auch einen Dialog mit Russland verpassen."

Konkrete Schritte leitet die neue Außenministerin der EU aus dieser Gefahr aber nicht ab. Am Montag hatte sie gegenüber verschiedenen europäischen Zeitungen den Sinn der Wirtschaftssanktionen gegen Russland in Frage gestellt. Die Sanktionen würden zwar die Wirtschaft treffen, aber die Politik Moskaus nicht ändern. Heute rückte Mogherini diesen Eindruck wieder zurecht. "Die Überprüfung der Sanktionen ist eine ständige Aufgabe. Wir haben immer gesagt, dass die Überprüfung der Situation vor Ort das Ausschlaggebende für eine Schwächung, Verstärkung oder Aufhebung der Sanktionen ist. Dieser Prozess geht in den kommenden Wochen weiter."

Die Bundesregierung in Berlin hatte Russland gedroht, die Sanktionen zu verschärfen, genauso wie die USA. In Wien sagte Österreichs Bundeskanzler Werner Faymann allerdings vor Journalisten, dass er gegen weitere Sanktionen sei und auf Dialog setze. "Wir sind entschlossen der Meinung, dass Gespräche unter Einbeziehung Russlands der richtige Weg sind", so Faymann.

Enge Abstimmung zwischen EU und NATO

Beim nächsten Treffen der EU-Außenminister Mitte November in Brüssel will Federica Mogherini die Ukrainekrise und Sanktionen auf die Tagesordnung setzen. "Sanktionen können ein Mittel sein, mal mehr, mal weniger effizient. Das hängt vom Timing und von der Breite der Sanktionen ab, aber auch von der Einigkeit, mit der man sie durchsetzt", gab sie in Brüssel zu bedenken. "Sanktionen sind ein politisches Instrument, nicht das Ziel der Politik." Es komme vor allem darauf an, die Lage in der Ukraine zu verbessern. Die Fakten vor Ort seien entscheidend.

Der EU steht bei der nächsten Außenministertagung Mitte November sicherlich ein lebhafte Diskussion um mögliche weitere Strafmaßnahmen gegen Russland und die Separatisten bevor. Federica Mogherini wird dann auf der Suche nach einem Konsens zum ersten Mal die Runde der 28 Minister leiten, der sie bislang selbst als italienische Außenministerin nur für ein halbes Jahr angehört hatte. Um den guten Draht zur NATO zu pflegen, wird auch Freund Jens zur Tagung des EU-Ministerrates eingeladen. Der NATO-Generalsekretär revanchierte sich mit der Ankündigung, dass Federica Mogherini zum Außenministertreffen der NATO Anfang Dezember eingeladen werde.

Die traditionell schwierigen Themen zwischen der EU und der NATO wie die militärische Zusammenarbeit oder Kompetenzgerangel zwischen beiden Organisationen wurden am Dienstag ausgeklammert. So viel Harmonie war selten. Der Gegner Russland schweißt zusammen.