Daumen runter für Facebook-Button
29. Juli 2019Eine alltägliche Situation im Internet: Ich surfe auf die Seite eines Kaufhauses und schaue mir dort Waren an. Irgendwo auf der Seite ist auch ein "Gefällt mir"-Knopf von "Facebook" oder ein "Social media"-Knopf als Verbindung zu anderen Plattformen zu sehen. Solange ich nicht auf diese Knöpfe klicke, habe ich auch keine Verbindung mit "Facebook" hergestellt, denke ich mir. Falsch! "Facebook" nutzt meine Daten, also die IP-Adresse und mein Surfverhalten bereits, wenn ich die Seite nur aufrufe. Ein aktives Klicken ist nicht erforderlich, um die Daten abzusaugen.
Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen fand diese Geschäftspraxis anrüchig und sah einen Verstoß gegen Datenschutzgesetze. "Das kommt einem Ausverkauf der informationellen Selbstbestimmung gleich", monierten die Verbraucherschützer. Sie verklagten einen Modeanbieter, der auf seiner Webseite einen Facebook-Like-Knopf verlinkt hatte. Die Forderung der Verbraucherzentrale: Jedes Mal, bevor die Seite aufgerufen wird, muss der Verbraucher gefragt werden, ob er der Datenübermittlung an "Facebook" zustimmt. Neben den Fenstern, die aufgehen, um auf die Verwendung von "Cookies" hinweisen, müsste also eine zweite Abfrage zur "Facebook"-Verbindung erfolgen.
Verbraucherzentrale setzt sich durch
Die Modefirma, die die Verbindung zu "sozialen Medien" als notwendiges Marketing ansieht, wies das Ansinnen zurück. Die Verbraucherzentrale klagte sich seit 2015 durch alle Instanzen. Das Verfahren landete schließlich vor dem Europäischen Gerichtshof, weil das Oberlandesgericht in Düsseldorf wissen wollte, ob europäisches Recht die ungefragte Datenübermittlung an "Facebook" und andere sogenannte "soziale Medien" untersagt.
Nach drei Jahren hat der Gerichtshof in Luxemburg jetzt geurteilt, dass Anbieter, die einen "Facebook"-Link einbinden, tatsächlich jeden Nutzer um Erlaubnis fragen müssen. Der Europäischen Gerichtshof sieht eine "Mitverantwortung" des Anbieters für die Datenerhebung durch den US-Internetkonzern. Was jedoch "Facebook" anschließend mit den Daten - etwa zu Werbezwecken - anstelle, dafür trage das Modehaus in diesem Fall keine Verantwortung. "Facebook" selbst hat nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass der eingebundene "Like"-Knopf dazu benutzt wird, Kundendaten zu erheben und in eine "Werbegemeinschaft" einzubinden. Selbst wenn der Kunde, der da fröhlich klickt, kein Mitglied bei "Facebook" ist, werden seine Daten für das Unternehmen, das Kritiker auch "Daten-Krake" nennen, nutzbar.
Auswirkungen in der gesamten EU
Das Oberlandesgericht in Düsseldorf muss nun noch in dem konkreten Fall sein Urteil fällen. Die Entscheidung aus Luxemburg hat aber weitreichende Auswirkungen in der ganzen EU. Sämtliche Webseiten, die einen Link zu "Facebook" per "Like"-Knopf anbieten, müssen nun eine Genehmigung von ihren Kunden einholen. In manchen EU-Staaten wie zum Beispiel Belgien ist das bereits seit vielen Jahren geltendes Recht.
Die beklagte Modefirma "ID Fashion" in Düsseldorf hatte bereits lange vor dem Urteil reagiert. Sie hat am Ende ihrer Internetseite ein Portal geschaltet, in dem der Kunde der Nutzung seiner Daten durch "Facebook" und andere "soziale Medien" zustimmen muss. Erst dann wird der nach oben zeigende Daumen des "Like"-Knopfes sichtbar und aktiv. "Facebook kann dann zugreifen, auch wenn man nicht aktiv auf die Knöpfe drückt.
Facebook unter Druck
Das Bundeskartellamt hatte "Facebook" bereits im Februar untersagt, Daten aus "Drittquellen" zu nutzen, um werberelevante Profile von Nutzern anzulegen. Zu den "Drittquellen" gehören neben den Webseiten, die einen "Like"-Knopf eingebunden haben, auch Tochterunternehmen wie "Whatsapp" oder "Instagram", die dem Interkonzern gehören. Das Sammeln der Daten an sich ist nicht verboten, nur die Zusammenführung zu einem konkreten Profil. "Facebook" hat noch bis Anfang nächsten Jahres Zeit, auf die Anordnung des Bundeskartellamtes zu reagieren. Bislang stimmt jeder Nutzer von "Facebook" im Kleingedruckten automatisch der Nutzung seiner Daten für alle möglichen Werbezwecke pauschal zu. Das sei nicht mehr zulässig, meint das Bundeskartellamt.
Vergangene Woche hat eine Aufsichtsbehörde in den USA Facebook zu einer Geldstrafe von fünf Milliarden Dollar verurteilt, weil Daten von Wählerinnen und Wählern im US-Wahlkampf an die Firma "Cambridge Analytica" weitergegeben wurden. Wegen des "Cambridge Analytica"-Skandals laufen noch weitere Verfahren in Irland. Die US-Behörde "Federal Trade Commission" hat Facebook außerdem auf dem Kieker, weil das marktbeherrschende Unternehmen auch Schlüsselwörter und Telefonnummern von Nutzern fremder Webseiten sammeln soll.