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EuGH soll Staatsanleihenkäufe der EZB prüfen

15. August 2017

Das Bundesverfassungsgericht hat Bedenken gegen die Geldschwemme der Europäischen Zentralbank (EZB). Deshalb soll der Europäische Gerichtshof (EuGH) die Staatsanleihenkäufe der EZB unter die Lupe nehmen.

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Deutschland Europäische Zentralbank (EZB) in Frankfurt am Main
Bild: picture-alliance/dpa/A. Dedert

Die umstrittenen Staatsanleihenkäufe der EZB werden vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) überprüft. Das gab das Bundesverfassungsgericht am Dienstag in Karlsruhe bekannt. Damit steht die Geldpolitik der EZB ein zweites Mal auf dem Prüfstand der Gerichte. Nach Auffassung des Senats sprechen gewichtige Gründe dafür, dass die dem Anleihekaufprogramm zugrundeliegenden Beschlüsse gegen das Verbot der Staatsfinanzierung durch die Notenbank verstoßen. Sie gingen über das Mandat der EZB für die Währungspolitik hinaus und würden damit in die Zuständigkeit der Mitgliedsstaaten eingreifen.

Zur Ankurbelung von Inflation und Konjunktur kauft die Notenbank seit März 2015 Staatsanleihen und andere Papiere in großem Stil - derzeit für 60 Milliarden Euro monatlich. Das viele Geld soll die Zinsen drücken und die Kreditvergabe ankurbeln. Nach Auffassung der Kläger überschreiten die Währungshüter damit ihr Mandat. Die EZB unter Präsident Mario Draghi betreibe eigenmächtig Wirtschaftspolitik. Das ist in Europa aber die Aufgabe der nationalen Finanzminister. Außerdem würden verbotenerweise Staatshaushalte finanziert.

Risiko für deutschen Staatshaushalt

Kläger sind der AfD-Gründer Bernd Lucke, der frühere CSU-Politiker Peter Gauweiler und der Berliner Professor Markus Kerber. Sie wollen erreichen, dass das Bundesverfassungsgericht die Beteiligung der Bundesbank an dem EZB-Programm stoppt. Deutschland hafte, wenn ein totaler Wertverlust der aufgekauften Staatsanleihen eintrete, so die Kläger. Das Risiko für den deutschen Staatshaushalt sei unverhältnismäßig hoch.

"Das Bundesverfassungsgericht teilt unsere Meinung", erklärte Gauweiler. Die Mitwirkung von deutschen Staatsorganen einschließlich der Haftung des Bundeshaushaltes sei vom Grundgesetz nicht gedeckt. "Erstes Fazit: Unsere Regierung finanziert die Politik anderer Staaten in astronomischer Höhe." Der Bundestag, der darüber entscheiden müsse, delegiere seine Macht an die EZB. Klaus Wiener, Chefvolkswirt beim Versicherungsverband GDV, sagte, die EZB sei mittlerweile der größte Gläubiger der Euro-Staaten. "Der Abbau der aufgeblähten Notenbankbilanz - sie hat mittlerweile das unfassbare Volumen von mehr als vier Billionen Euro erreicht - wird Jahre, wenn nicht Jahrzehnte dauern." Die mittlerweile verbesserte Konjunktur rechtfertige die "extreme Geldpolitik" nicht mehr.

Der Vorlagebeschluss bedeutet, dass die Verfassungsrichter diese Vorwürfe ernst nehmen. Weil es um EU-Recht geht, soll zunächst der EuGH urteilen. Auf dieser Grundlage entscheidet dann Karlsruhe. Im äußersten Fall könnten die Richter der Deutschen Bundesbank die Teilnahme an den Anleihenkäufen untersagen.

OMT-Programm verfassungsgemäß

Die Bundesbank ist größter Anteilseigner der EZB, entsprechend viele Papiere kauft sie. Das Gericht könnte Bundesregierung und Bundestag verpflichten, auf eine Anpassung oder Beendigung der Käufe hinzuwirken. Vorerst soll das Programm, dessen Risiken auch die nationalen Notenbanken tragen, noch bis mindestens Ende 2017 laufen - insgesamt werden sich die Käufe dann auf 2,28 Billionen Euro summieren. Die EZB bewertet ihre Geldpolitik als Erfolg. Die Wirtschaft im Euroraum wächst inzwischen robust. Die Zeiten der Mini-Inflation sind vorerst vorbei. Beobachter halten es für wahrscheinlich, dass die EZB die gewaltigen Wertpapierkäufe 2018 schrittweise zurückfährt. Ob es bis dahin schon ein Urteil aus Karlsruhe gibt, ist zumindest fraglich.

Es ist bereits das zweite Mal, dass das Bundesverfassungsgericht zur Frage von EZB-Programmen den EuGH einschaltet. 2014 hatte der Zweite Senat unter Vorsitz von Andreas Voßkuhle Zweifel, ob die Notenbank das sogenannte OMT-Programm (Outright Monetary Transactions) auflegen durfte. Damit wollte Draghi Sorgen zerstreuen, der Euro könnte auseinanderbrechen. Der EuGH billigte dieses bislang noch nie eingesetzte Kriseninstrument, machte der EZB aber Auflagen. Die Karlsruher Richter erklärten daraufhin 2016 das OMT-Programm unter bestimmten Bedingungen für verfassungsgemäß. Viele Experten waren damals der Ansicht, dass das Gericht damit der EZB auch den Rücken für ihre laufenden Wertpapierkäufe gestärkt hat.

ul/hb (dpa, rtr)