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Politik

EuGH rügt erneut polnisches Justizgesetz

Catherine Martens
5. November 2019

Im Streit um Polens Justizreform bekommt Brüssel Rückendeckung. Das EU-Gericht in Luxemburg sieht den polnischen Rechtsstaat in Gefahr: Warschau darf Richter nicht frühzeitig in Rente schicken.

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Luxemburg Europäischer Gerichtshof EuGH
Bild: Imago Images/H. Galuschka

Der Konflikt zwischen Polen und der EU-Kommission in Sachen Rechtsstaatlichkeit geht weiter. Das unterschiedliche Pensionsalter für Männer und Frauen an ordentlichen Gerichten sei unzulässig, so das jüngste EuGH-Urteil aus Luxemburg.

Die EU-Kommission lobt das jüngste Urteil als wichtiges Signal für die Unabhängigkeit der Justiz in Polen und anderswo. Nun, so Mina Andreeva Sprecherin der EU-Kommission, liege der Ball bei Polen, umgehend zu reagieren und dem Urteil Folge zu leisten.

Bereits im Sommer befand das oberste EU-Gericht das frühzeitigere Ruhestandsalter für Staatsanwälte und Richter als gesetzeswidrig.Nun urteilten die Luxemburger Richter in einem weiteren Schritt, dass obendrein unmittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts vorliege. Mit seiner Rüge gibt das Oberste europäische Gericht einer Klage der EU-Kommission statt. Die von Polen veranlasste Justizreform sieht ursprünglich vor, dass Frauen bereits mit 60 Jahren das Pensionsalter erreichen. Männer hingegen erst fünf Jahre später.

Brüssel nimmt Warschau weiter in die Pflicht

Der derzeitige Vize-Präsident der EU-Kommission Frans Timmermans hatte gegen Polen ein Vertragsverletzungsverfahren wegen Missachtung der Rechtsstaatlichkeit eingeleitet. Die EU-Kommission wirft Polen seit langem vor, die Unabhängigkeit der Gerichte zu untergraben und damit den Rechtsstaat abzubauen. Seitdem bewegt sich Warschau auf Konfrontationskurs mit Brüssel.

Das Ruhestandsalter von Männern und Frauen anzugleichen sei zu begrüßen, so Mina Andreeva, Sprecherin der EU-Kommission. Es reiche als zufriedenstellende Reaktion allerdings nicht aus. Die Brüsseler Behörde erwarte von Polen, nun auch die Lage für die bereits betroffenen Richter und Staatsanwälte rückwirkend "zu adressieren".

Seit die rechtskonservative PIS-Regierung per Gesetz das Ruhestandsalter für Oberste Richter im Sommer 2017 herabsetzte, kriselt es zwischen der EU-Kommission und der Regierung Polens. Der Vorwurf aus Brüssel: Die Unabhängigkeit der Justiz sei in Gefahr. Kritiker werfen der PIS-Regierung vor, Voraussetzungen für Zwangspensionierung zu schaffen, um sich unliebsamer Richter zu entledigen und damit ihren politischen Einfluss zu erhöhen. So versetzte Polens Regierung vergangenes Jahr etwa die Oberste polnische Richterin Malgorzata Gersdorf mit 65 Jahren zwangsweise in Ruhestand und löste damit internationale Kritik aus.

Weniger Geld für schwarze Schafe

"Wir stehen bereit, die polnische Regierung zu unterstützen und die Gespräche über eine Lösung aller anderen noch offenen Rechtsstaatsfragen in Polen fortzusetzen", so die Kommission. Eine Frist müsse Polen dabei nicht einhalten.

Wie mit problematischen Mitgliedststaaten künftig umgehen? EU-Parlamentarierin Katarina Barley der europäischen Sozialdemokraten (S&D) spricht sich dafür aus, "das vorhandene Instrumentarium der EU zu erweitern". Sie plädiert deshalb für einen "jährlichen Rechtsstaats-TÜV in allen EU-Mitgliedsstaaten". Was passieren soll mit Kandidaten, die durch den TÜV fallen, lässt sie offen.

Im Kreise der EU-Staaten wird derzeit ein anderes Modell besprochen.Einige Mitgliedsländer, darunter auch Deutschland, sprechen sich dafür aus, Rechtsstaatlichkeit und Haushaltsprinzipien zu verknüpfen. In der Debatte, wo und wie künftig EU-Gelder fließen sollen, wird deshalb in Brüssel eine mögliche Novelle besonders heiß diskutiert: Bei Verstoß gegen Rechtsstaatlichkeit könnte es demnächst auch weniger Geld aus den EU-Fördertöpfen bedeuten. Das könnte Empfänger-Länder wie Polen empfindlich treffen.