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Euro 2022: die Taktik der DFB-Frauen

Steffen Focke
11. Juli 2022

Das deutsche Fußball-Nationalteam zählt nach dem Paukenschlag gegen Dänemark zum Auftakt plötzlich zu den EM-Favoritinnen in England. Auch, weil es früh Druck auf die Gegnerinnen ausübt.

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Frauen-Fußball-EM: Deutschland - Dänemark
Ein Lächeln in jedem schwarz-weißen Trikot: Die DFB-Frauen ließen mit dem 4:0 EM-Auftaktsieg vor allem ihr Selbstvertrauen in die eigenen Fähigkeiten wachsen.Bild: Sebastian Gollnow/picture alliance/dpa

Als Lina Magull das erste Tor beim 4:0-Sieg gegen Dänemark erzielt, springt die ganze Bank auf, die Trainerin Martina Voss-Tecklenburg, aber auch alle Ersatzspielerinnen, Co-Trainerinnen und des restliche Funktionsteam. Die deutsche Mannschaft hatte sich endlich belohnt. Nach zwei Lattenknallern von Felicitas Rauch brachte ihr intensives Pressing den DFB-Frauen die verdiente Führung in ihrem ersten Spiel bei der Euro 2022. Jahrelang wurde am Anlaufen und der Zugriffsintensität der Mannschaft im 4-3-3-System ausgiebig gefeilt und getüftelt. So gut geklappt wie im EM-Auftaktspiel gegen Dänemark hat es jedoch nur selten.

Offensiv-Pressing als Schlüssel zum Erfolg

Frauen-Fußball-EM: Deutschland - Dänemark
Lenkerin in der Defensive: Innenverteidigerin Marina Hegering Bild: Matteo Ciambelli/DeFodi Images/picture alliance

Bereits in der Innenverteidigung mit Martina Hegering und Kathrin Hendrich startet das ganzheitliche Pressing der Deutschen, über die Außenverteidigerinnen wird der Druck im gegnerischen Mittelfeld erhöht und durch die drei Mittelfeldspielerinnen fortgesetzt. Die Offensiv-Reihe um Klara Bühl, Lea Schüller und Svenja Huth treibt das Pressing dann vorn auf die Spitze. Die Gegnerinnen werden so schon bei eigenem Torabstoß maximal gestresst. Ein ruhiger, kontrollierter Spielaufbau der Gegnerinnen ist zumindest unwahrscheinlich.

Frauen-Fußball-EM: Deutschland - Dänemark
Spielkontrolle in Person: Innenverteidigerin Kathrin Hendrich sucht den nächsten Anspielpunkt.Bild: Daniela Porcelli/ZUMAPRESS.com/picture alliance

"Das hat einfach gepasst. Jede wusste genau, was ihre Aufgaben heute waren. Und Jede hat das, denke ich, perfekt umgesetzt. Darauf kann man jetzt auf jeden Fall aufbauen", zeigte sich Innenverteidigerin Hendrich nach dem Spiel glücklich. Ihre Innerverteidigerin-Kollegin und Pressing-Co-Koordinatorin sieht das genauso. "Das ist unsere Stärke, wenn wir sie in ihrer Hälfte pressen, so dass wir dann in unser starkes Umschaltspiel kommen können. Mit den Spitzen, die wir haben, kommt uns das einfach entgegen und macht uns stark," sagt Hegering.

Hervorragende Laufleistung

Und auch die Bundestrainerin war voll des Lobes nach dem Spiel. "Es war ein großes Geschenk heute, mit dieser Mannschaft auf den Platz zu gehen", gab Martina Voss-Tecklenburg zu Protokoll. Besonders lobte sie ihr "tolles Innenverteidigerpaar" auf dem Platz.

Über 110 Kilometer spulte das deutsche Team laut offizieller UEFA-Statistik in diesem Spiel ab. Hendrich mit 9,3 und Hegering mit rund 10 Kilometern zählen dabei neben den Außenverteidigerinnen Giulia Gwinn (11,5) und Felicitas Rauch (10,3) zu den laufstärksten Spielerinnen der DFB-Auswahl. Hegering ist mit der Funktionsweise des neuen deutschen Sturm und Drangs im Frauenfußball mehr als zufrieden. "Das bringt natürlich auch Selbstbewusstsein für das nächste Spiel, einfach das Gefühl 'wir können diese Leistung bringen', ist ein Riesenvorteil. Da haben wir einen Weg gefunden und uns ein sehr gutes Gefühl für die nächsten Spiele gegeben."

So entspricht die neue Spielweise der DFB-Frauen tatsächlich dem Auftreten ihrer Social-Media-Aktivitäten, die man seit Beginn des Jahres mit dem Hashtag #hungriGER versieht - im Gegensatz zu #DieMannschaft bei den DFB-Männern, die bei der WM 2018 in Russland gekonnt auseinander bröselte.

Euphorie im deutschen Lager

Aufgrund der Leistung ist nun im deutschen Lager in Brentford eine EM-Euphorie erwacht. "Wir haben heute endlich mal sehr selbstbewusst Fußball gespielt. Am meisten beeindruckt haben mich die Dinge, die nicht direkt auffallen: die Defensivlust zum Beispiel," lobte der Direktor der DFB-Nationalmannschaften Joti Chatzialexiou am Samstag nach dem Spiel die Mannschaft. "Das war das beste Spiel, das ich von unserer Mannschaft in meiner sportlichen Verantwortung gesehen habe. Innerhalb der deutschen Mannschaft versucht man jedoch bodenständig und fokussiert zu bleiben. "Wir gehören zu den Titelkandidatinnen und das war uns auch im Vorfeld klar bewusst. Dass wir nun als Top-Favorit bezeichnet werden, liegt nicht an uns, sondern an euch [den Medien, d. Red.]. Das nehmen wir so hin, aber am Ende konzentrieren wir uns auf uns selber," sagt Hegering. Locker bleiben, konzentrieren und weiter machen ist das Gebot der Stunde im DFB-Tross.

DFB-Frauen nun gegen Spanien

Am Dienstag trifft das deutsche Team nun auf die spanischen EM-Mitfavoritinnen. Die haben das verletzungsbedingte Aus von Superstar und Ballon D'or-Gewinnerin 2021 Alexia Putellas zu verkraften, trotzdem gewannen sie ihr Auftaktspiel 4:1 gegen Finnland. Auf der anderen Seite muss Deutschland voraussichtlich auf Stürmerin Lea Schüller verzichten, die am Montag positiv auf Covid19 getestet wurde.

Gewarnt ist das deutsche Team auf jeden Fall: "Spanien wird uns anders fordern. Da müssen wir auch ein sehr gutes Pressing spielen und kompakt bleiben, weil sie sich mit ihrem Kurzpassspiel sehr gerne durch die Reihen spielen," beschreibt Hegering die deutsche Herangehensweise. Das Spiel findet wieder im für die DFB-Frauen vertrauten Brentford Community Stadium statt. Martina Voss-Tecklenburg, ihre Ersatzspielerinnen, die Co-Trainerinnen und das ganze Funktionsteam werden auch diesmal wieder zum Jubeln bereit sein.