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EURO 2024: Robert Lewandowski kann Polen nicht helfen

Pascal Jochem
21. Juni 2024

Polen ist bei der Fußball-EM früh ausgeschieden. Weltstar Robert Lewandowski kann nicht glänzen. Nach 15 Jahren im Nationalteam rückt sein Abschied näher, doch die Fans haben sich noch nicht damit abgefunden.

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Deutschland | Fußball Europameisterschaft 2024 | Polen-Österreich
Enttäuschung pur: Robert Lewandowski ist mit Polen so gut wie ausgeschiedenBild: Kieran McManus/IMAGO/Shutterstock

Als der Schlusspfiff ertönt, stemmt Robert Lewandowski die Hände in die Hüfte und senkt den Blick auf den Rasen vom Berliner Olympiastadion. Auf den Rängen wedeln die rot-weißen Schals der Fans aus Österreich, die ihre siegreiche Mannschaft mit Gesängen feiern.

Lewandowski schleicht schließlich mit der leuchtend gelben Kapitänsbinde vom Platz und klatscht noch ein paar Mitspieler ab. Nach zwei Pleiten in den ersten beiden EM-Spielen gegen die Niederlande (1:2) und Österreich (1:3) kann Polen den dritten Gruppenplatz trotz des letzten Spiels gegen Frankreich nicht mehr erreichen und ist als erster EM-Teilnehmer ausgeschieden.

Lewandowski: "Ich denke nicht ans Aufhören."

Bei der WM 2022 in Katar führte der heute 35-Jährige die Mannschaft noch ins Achtelfinale, bei der Europameisterschaft ist dieses Mal schon nach der Vorrunde Schluss. "Aufhören? Daran denke ich noch überhaupt nicht," sagte Lewandowski der DW nach dem Spiel in der Mixed Zone trotzig. "Wir haben noch ein Spiel." Doch die Diskussionen um seine Zukunft im polnischen Nationalteam werden vermutlich jetzt erst richtig an Fahrt aufnehmen.

Schon die Vorzeichen standen nicht gut für das EM-Turnier in seiner früheren Wahlheimat Deutschland, wo Lewandowski bei Borussia Dortmund (2010-2014) und Bayern München (2014-2022) seine erfolgreichste Zeit als Profi verbracht hatte.

Robert Lewandowski wird eingewechselt
Lewandowski konnte als Joker nicht mehr glänzenBild: Kieran McManus/IMAGO/Shutterstock

Der Angreifer, der immer noch in ganz Polen allgegenwärtig von Werbeplakaten grinst und die Zeitschriften füllt, hatte sich im letzten EM-Test gegen die Türkei am Oberschenkel verletzt. Den EM-Auftakt gegen die Niederlande hatte er ganz verpasst, gegen Österreich reichte es nun nach seiner Einwechslung immerhin zu einer halben Stunde Spielzeit.

Rekordnationalspieler und -torjäger

Von der Bank aus gab Lewandowski in der ersten Halbzeit dem Trainerteam Ratschläge. Später auf dem Platz versuchte er seine Mitspieler immer wieder anzufeuern und spendete Beifall. Doch fußballerisch konnte er in den verbliebenden Minuten gegen Österreich seiner Mannschaft nicht mehr weiterhelfen. Von einer Torchance war Lewandowski weit entfernt.

"Er ist sicherlich der beste Spieler, den wir in Polen jemals hatten", sagt Journalist Wojciech Gorski, der die polnische Nationalmannschaft bei dieser EM begleitet. "Aber mit nun 35 Jahren hat er seine beste Zeit hinter sich."

Polens Rekordnationalspieler (151 Einsätze) und Rekordtorschütze (82 Tore) hat sicherlich etwas an Tempo und Geschmeidigkeit eingebüßt, aber dank seiner Physis und dem Torriecher war Lewandowski dennoch der Hoffnungsträger für diese EM.

Weltfußballer und Leader

Mehr als 15 Jahre hat er die polnische Nationalelf angeführt - als Fan-Liebling, Leader und Legende. Elf Mal Polens Fußballer des Jahres, zwei Mal wurde er sogar zum FIFA-Weltfußballer des Jahres gekrönt. Lewandowski ist der alles überstrahlende Superstar in einem sonst durchschnittlichen Nationalteam, das zuletzt ohnehin kaum noch Identifikation stiften konnte.

"Meine Großmutter kennt vielleicht drei Spieler aus der Mannschaft", sagt Journalist Gorski. "Wojciech Szczesny, Piotr Zielinski und eben Robert Lewandowski. Das war es aber auch schon." Die erfolgreichen Zeiten sind lange vorbei, nur mit Mühe und nach einem Elfmeter-Krimi in den EM-Playoffs konnte sich Polen überhaupt für das Turnier in Deutschland qualifizieren.

Lewandowski gibt eine Anweisung
Als Leader und Identifikationsfigur ist Lewandowski immer noch gefragtBild: Kieran McManus/IMAGO/Shutterstock

Auch auf Klubebene hat der erfolgsverwöhnte Lewandowski eine schwierige Saison hinter sich. Kein Titelgewinn mit Barcelona und "nur" 19 Tore in Spanien. Zum ersten Mal seit 2017 wurde Lewandowski nicht Torschützenkönig in seiner Liga.

Eine Zukunft ohne Lewandowski?

Unter Experten wächst seit Monaten die Erkenntnis, dass sich Polen von Lewandowski emanzipieren muss. Immer wieder wurde auch über den zu großen Einfluss Lewandowskis diskutiert, sagt Journalist Gorski. Das Spiel war jahrelang auf ihn zugeschnitten, andere Spieler hätten zurückgesteckt und es schwer gehabt, sich zu entwickeln. Polen stellt bei dieser EM den viertältesten Kader im ganzen Turnier, lediglich der 21 Jahre alte Nicola Zalewski, der für AS Rom spielt, macht Hoffnung für die Zukunft.   

Bei den Fans überwiegen noch Trauer und Nostalgie. Viele polnische Anhänger im Berliner Olympiastadion, angesprochen auf Lewandowski, benutzten das Wort "Legende". Und Fan Marcin hatte einen Wunsch, der wohl nicht in Erfüllung gehen wird. "Die Ära Lewandowski wird niemals enden."