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Europa droht die soziale Spaltung

Eleonore Uhlich8. Januar 2013

Die EU-Kommission sieht eine tiefe Kluft zwischen Nord- und Südländern. Während Staaten wie Deutschland in der Krise ganz gut dastehen, wächst der wirtschaftliche Unterschied zu Ländern wie Spanien und Griechenland.

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Menschen vor einem Büro für Arbeitslose in Spanien (Foto: REUTERS)
Bild: Reuters

In der Untersuchung über Beschäftigung und die soziale Lage in Europa im Jahr 2012 stellt die EU-Kommission einen "besorgniserregenden Trend" und ein "neues Muster" der Auseinanderentwicklung zwischen Ländern aus dem Norden und dem Süden fest. Sozialkommissar László Andor sprach bei der Präsentation in Brüssel von einer "neuen Kluft". Die Randstaaten "scheinen in der Abwärtsspirale von Leistungsabfall, schnell steigender Arbeitslosigkeit und erodierenden Einkommen gefangen", heißt es in dem Bericht.

Europas armer Süden wird ärmer

Mit 11,8 Prozent (November 2012) befindet sich die Arbeitslosenquote in der Eurozone auf dem höchsten Stand seit fast zwanzig Jahren. In der gesamten EU war vor fünf Jahren die Quote in Nord und Süd noch fast gleich groß. Derzeit klafft sie 7,5 Prozentpunkte auseinander.

Zugleich sind die realen Einkommen der privaten Haushalte in zwei von drei Mitgliedsstaaten gesunken. In Griechenland haben Familien gegenüber 2009 fast ein Fünftel weniger Geld (17 Prozent) zur Verfügung. In Spanien sind es acht und auf Zypern sieben Prozent weniger.

Vor allem für die Euro-Retter dürften die Untersuchungsergebnisse niederschmetternd sein. Denn trotz milliardenschwerer Notkredite und Hilfsprogrammen geht es im Süden weiter abwärts. Wegen der harten Auflagen hätten den Krisenländer keinerlei Spielraum für Steuersenkungen oder höhere Sozialleistungen, stellte der Sozialkommissar fest.

"Dieser bislang blinde Fleck der EU-Krisenpolitik schafft enormen sozialen Sprengstoff und reißt alte Gräben auf", warnt der Deutsche Gewerkschaftsbund und schlägt einen 'Marshallplan für Europa' vor. "Mit einer Investitions- und Modernisierungsoffensive von jährlich 260 Milliarden Euro können mindestens neun Millionen Vollzeitstellen in Europa geschaffen werden. Das würde den Krisenländern eine völlig neue und positive Entwicklungsperspektive eröffnen", sagte Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach.

Aus Sicht der Brüsseler Kommission hilft nur eine Doppelstrategie. Zum einen sei die Stabilisierung der Volkswirtschaften durch Mechanismen, wie sie für die Vertiefung der Währungsunion diskutiert werden, "dringend notwendig". Dies würde vermutlich auf einen Transfer von Nord nach Süd hinauslaufen, etwa durch einen Sonderhaushalt. Die EU-Kommission und Ratspräsident Herman Van Rompuy treten vehement dafür ein. Deutschland lehnt das strikt ab.

Zum anderen seien Arbeitsmarktreformen nach dem Vorbild Deutschlands unerläßlich. Die so genannten Hartz IV-Gesetze werden in dem Sozialbericht mehrfach als Grund für die gute Lage in Deutschland genannt. "Angemessene Arbeitsmarktreformen und besser gestaltete Sozialsysteme können den Ausstieg aus der Krise beschleunigen", so Andor. Ein Patentrezept gebe es aber nicht.

uh/kle (afp,dapd)