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"Wir erwarten nicht, dass Europa mit einer Stimme spricht"

4. Mai 2010

US-Vizepräsident Joe Biden reist in dieser Woche nach Europa. Während Washington über den Kampf gegen den Terrorismus sprechen will erwartet Europa eine grundsätzliche Wiederbelebung des transatlantischen Verhältnisses.

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Die Flaggen der USA und der EU (Foto: AP)
Bild: AP

US-Vizepräsident Joe Biden wird am Donnerstag (06.05.2010) eine Rede vor dem EU-Parlament in Brüssel halten. Zuvor wird er Gespräche mit EU- und NATO-Vertretern führen. Die USA wollen die Zusammenarbeit mit der EU im Antiterrorkampf vertiefen. Dabei werden die anstehenden Verhandlungen über ein neues Swift-Abkommen im Vordergrund stehen. Die USA und die EU wollen bis zum Sommer eine neue Übereinkunft unterzeichnen, die US-Fahndern Zugriff auf Daten von EU-Bankkunden wie Name, Adresse, Empfänger und Höhe der Überweisung geben soll. Das erste Swift-Abkommen war im Februar wegen Datenschutzbedenken vom Europaparlament abgelehnt worden. Seitdem ist der Zugriff für die Terrorfahnder unterbrochen.

EU erwartet mehr Verständnis von den USA

Die transatlantischen Beziehungen haben in der europäischen Wahrnehmung in der letzten Zeit gelitten: US-Präsident Barack Obama vernachlässige die EU zugunsten von Asien, so der Tenor in Brüssel. Und das äußern EU-Vertreter auch in Washington recht unverblümt: Bei seinem Besuch in der US-Hauptstadt stellte Jerzy Buzek unlängst freundlich aber bestimmt klar: "Zwischen den USA und Europa gibt es einiges zu verbessern."

Der Präsident des europäischen Parlaments hatte sich unter anderem mit Außenministerin Hillary Clinton getroffen. Bei der gemeinsamen Pressekonferenz erklärte Buzek anschließend, die Bekämpfung der Klimaerwärmung sei ein Thema, bei dem es offensichtliche Unterschiede zwischen Amerikanern und Europäern gebe. "Wir sagen in der EU oft, dass die USA diesen Kampf überhaupt nicht unterstützen. Wir wissen, dass die Amerikaner einen anderen Ansatz haben, aber wir müssen analysieren, warum das so ist. Vielleicht liegen wir ja falsch, vielleicht aber auch die Amerikaner", fügte er hinzu.

Diese Kritik lässt William Kennard nicht gelten. Der US-amerikanische Botschafter bei der EU in Brüssel betont, die USA und Europa seien sich einig, dass der Klimawandel eine existentielle Bedrohung für den Planeten darstellt. In Washington sagte er gegenüber DW-WORLD.de, das Problem sei der US-Kongress, denn "wenn der Präsident alleine Gesetze verabschieden könnte, hätten wir schon längst ein Klimagesetz, da bin ich mir ganz sicher."

US-Vizepräsident Joe Biden (Foto: AP)
Vom Besuch von Vizepräsident Biden erwartet die EU eine Belebung der transatlantischen Beziehungen.Bild: AP

Präsident Obama, dessen Auftreten beim Klimagipfel in Kopenhagen allgemein als enttäuschend empfunden wurde, sei weiterhin entschlossen, die Klimagesetzgebung voranzubringen. In vielen anderen Bereichen, so Kennard, würden Europa und die USA zusammen arbeiten. Er nannte die gemeinsamen Bemühungen im Atomstreit mit dem Iran und den Militäreinsatz und die Aufbauarbeit in Afghanistan. "Ich weise also den Gedanken zurück, dass die USA sich von Europa abgewandt oder es aus dem Blickfeld verloren haben. Wenn überhaupt, ist Europa mehr in den Mittelpunkt gerückt."

Vielstimmiges Europa

Dennoch: Obama hatte Anfang des Jahres seine Teilnahme an dem nächsten der regelmäßigen europäisch-amerikanischen Gipfeltreffen abgesagt. Die Europäer, so hieß es in Washington, hätten sich nicht einmal einigen können, wo der Gipfel stattfinden und wen von den europäischen Politikern Obama treffen soll: Herrman Van Rompuy, den EU-Präsidenten, den spanischen Ministerpräsidenten José Luis Rodríguez Zapatero, der derzeit den EU-Ratsvorsitz inne hat oder EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso. Aber sprechen die Europäer jetzt, nachdem der Vertrag von Lissabon in Kraft getreten ist, nicht mit einer Stimme? Die ebenso überraschende wie diplomatische Antwort von Botschafter Kennard: man habe "nie erwartet, dass Europa mit einer Stimme spricht."

US-Botschafter William Kennard (Foto: AP)
US-Botschafter William Kennard: "Die USA haben sich nicht von Europa abgewandt."Bild: DW

Das sei in den USA im Übrigen nicht anders. Hier könne der Präsident auch nicht immer alleine die Richtung vorgeben – siehe die Klimagesetzgebung. Der Vertrag von Lissabon werde in den USA aber unterstützt, so Kennard, und man erhoffe sich davon, dass Europa entscheidungsfreudiger vor allem in der Außenpolitik wird. "Der Vertrag von Lissabon ist eine weitere Stufe in der europäischen Integration. Wir halten ihn für einen positiven Schritt, wissen aber, dass es dauern wird, ihn umzusetzen. Das wird manchmal frustrierend sein, denn vieles ist verwirrend und man weiß nicht genau, wo das alles hinführt, aber im Großen und Ganzen sind wir sehr erfreut."

Sicher ist, das gibt auch Kennard zu, es wird noch eine ganze Weile dauern, bis Wirklichkeit wird, was EU-Parlamentspräsident Buzek in Washington als Ziel der transatlantischen Zusammenarbeit erklärte: Dass der Atlantik nichts weiter ist als ein Binnensee.

Autorin: Christina Bergmann
Redaktion: Mirjam Gehrke