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"Mittelklasse" für Rettung der Champions League

Michael da Silva
28. April 2022

Die UEFA möchte die Anzahl der Spiele in der Champions League erhöhen und den reichsten Vereinen ein Sicherheitsnetz bieten. Die Pläne erinnern an die umstrittene Super League. Einige Vereine wehren sich dagegen.

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UEFA-Präsident Aleksander Ceferin beim Überreichen des Champions-League-Pokals
UEFA-Präsident Aleksander Ceferin unterstützt die vorgeschlagenen Reformen der Champions LeagueBild: Peter Schatz/pool/Imago

Eine endgültige Entscheidung der UEFA über die Neugestaltung der Champions League wird für den 10. Mai erwartet, wenn sich die Organisation in Wien trifft. Auf dem Tisch liegt ein Vorschlag, die Zahl der teilnehmenden Mannschaften von 32 auf 36 zu erhöhen. In einer neu gestalteten Gruppenphase soll dann jedes Team zehn statt sechs Spiele in einem Ein-Liga-Format bestreiten.

Besonders umstritten ist die Einführung einer "Wildcard", mit der bestimmte Vereine - jene, die traditionell am Wettbewerb teilnehmen - aufgrund ihrer Leistungen in den vergangenen fünf Spielzeiten einen garantierten Platz in der Gruppenphase erhalten würden, auch wenn sie sich in einzelnen Jahren mal nicht über ihre nationale Ligaposition qualifizieren können. Eine Wildcard als zweite Chance für die reichsten Klubs Europas.

Etwas mehr als ein Jahr nach der Ausrufung und dem schnellen Platzen der europäischen Superliga sehen viele in den Plänen der UEFA, die ab der Saison 2024/25 in Kraft treten sollen, eine heimliche Superliga. Man hat das Gefühl, dass der europäische Fußballverband ein Format entwickelt hat, um die reichsten Vereine zu beschwichtigen und ein Kartell zu schaffen, das die Kluft zwischen den Reichen und den Armen im europäischen Fußball weiter vergrößert.

Champions-League-Monster

Eine Reihe von Vereinen aus dem Mittelfeld wehrt sich daher gegen die Vorschläge, die auch dazu führen könnten, dass sich die Sieger der nationalen Pokalwettbewerbe für die Champions League qualifizieren. Aber nur, wenn sie in Europa erfolgreich waren.

Axel Hellmann, Vorstandsvorsitzender von Eintracht Frankfurt, bei einer Pressekonferenz
Eintracht Frankfurts Axel Hellmann fordert andere Klubs auf, sich dem Kampf gegen die Reformen anzuschließenBild: Jan Huebner/IMAGO

Eintracht Frankfurt, nach dem Sieg gegen den FC Barcelona zum zweiten Mal in vier Jahren im Halbfinale der Europa League, gehört zu denen, die der UEFA den Kampf ansagen, um zu verhindern, dass die Champions League zu einem "Monster"-Wettbewerb wird. "Wenn man an der Champions League teilnimmt, wird der Koeffizient immer höher und der Laden immer geschlossener", sagte Eintracht-Vorstand Axel Hellmann diese Woche gegenüber Associated Press (AP). "Deshalb glaube ich nicht, dass das die richtige Voraussetzung für die Teilnahme an den europäischen Wettbewerben ist. Ich wäre offener für andere Ligen und andere Vereine. Und die nationale Qualifikation ist deshalb die wichtigste Tür, die man sich offen halten sollte."

Interesse der Mittelklassevereine

Hellmann kämpft für den Erhalt des Weges von der untersten zur obersten Spielklasse, der - zumindest theoretisch - jeder Mannschaft den Aufstieg in die höchste Spielklasse des europäischen Vereinsfußballs ermöglicht. "Die Alternative ist klar: Wenn wir das nicht bis zu einem gewissen Grad tun, bauen wir unser eigenes Monster", sagte Hellmann. "Die Champions-League-Klubs werden immer mehr Geld verdienen, und eines Tages werden sie versuchen, in eine Super League aufzusteigen, weil dies ihre einzige Möglichkeit ist, ihre finanziellen Bedürfnisse zu befriedigen."

Und das gelte es zu vermeiden, so Hellmann. "Das ist der Grund, warum ich zusammen mit einigen anderen Vereinen sehr stark in der Initiative bin, um die Interessen der europäischen Mittelklassevereine zu stärken."

West Ham trotzt den Widrigkeiten

Frankfurts Halbfinalgegner in der Europa League, West Ham United, gehört ebenfalls zur europäischen "Mittelklasse". Der Londoner Klub steht in seinem ersten europäischen Halbfinale seit 1976, damals zufälligerweise auch gegen Frankfurt, und Trainer David Moyes gehört zu denjenigen, die die Vorschläge der UEFA kritisieren. Mit Hinweis auf das eigene Beispiel erinnerte er den Verband daran, dass Abwechslung und Unvorhersehbarkeit das Lebenselixier des Fußballs sind.

David Moyes, Trainer von West Ham United, gestikuliert an der Seitenlinie
David Moyes hat West Ham United bis ins Halbfinale der Europa League geführtBild: Ashley Western/Colorsport/IMAGO

"Wenn wir ehrlich über einen Verein sprechen, der wieder in Europa ist, dann muss man sagen, dass wir neu sind", sagte Moyes nach dem beeindruckenden Viertelfinalsieg seiner Mannschaft gegen Olympique Lyon Anfang des Monats. "Wir sind die neuen Jungs im Block. Ich wette, die UEFA hat nicht erwartet, dass West Ham in dieser Position ist. Aber deshalb müssen wir die UEFA immer wieder dazu ermutigen, andere Mannschaften einzubeziehen", sagte Moyes und fügte hinzu: "Schauen Sie, wie gut wir abgeschnitten haben. Vielleicht wären wir nicht in diesen Wettbewerb gekommen, wenn es andere Regeln gegeben hätte."

Fangruppe: Super League "durch die Hintertür"

Auch viele Fangruppen sind bestürzt über den Vorschlag. Eine Interessenvertretung englischer Fans aus der Premier League beschuldigt die UEFA, erklärte in einem Statement: "Wir sind vereint im Widerstand gegen Vorschläge zur Reform der Champions League, die ein Versuch sind, durch die Hintertür zur diskreditierten Idee einer europäischen Superliga zurückzukehren", heißt es in der Erklärung der Organisation.

Protestplakat der Fans des FC Liverpool gegen die geplante Super League
Viele Fangruppen, unter anderem beim FC Liverpool, protestierten im Frühling 2021 gegen die Super LeagueBild: Carl Recine/REUTERS

"Vergangenes Jahr waren es unsere Fangruppen, die mit vereinten Kräften das Scheitern der europäischen Superliga erzwangen. Damals sagte uns die UEFA, dass die Fans das Herz des Fußballs seien und versprach, dass die Ansichten der Fans bei der Entscheidung über die Zukunft im Mittelpunkt stehen würden." Mit großer Bestürzung sehe man daher nun den Änderungen in der Champions League entgegen.

In der Erklärung wird der UEFA vorgeworfen, sie verachte die Fans, und das in einer Zeit, in der die Inflation und der Krieg Russlands in Europa die Budgets der einfachen Leute noch mehr belasteten. "Diese Vorschläge werden nur die Kluft zwischen den reichen Klubs und dem Rest vergrößern und gleichzeitig die Kalender der heimischen Ligen zerstören, mit der Erwartung, dass die Fans noch mehr Zeit und Geld für die Teilnahme an sinnlosen Gruppenspielen opfern."

Der Text wurde aus dem Englischen adaptiert.