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Politik

Europas Rechtspopulisten und ihre Spenden

24. Mai 2019

Beim Geld hört Patriotismus auf. Seit dem Strache-Video steht fest: Die Finanzierung der österreichischen FPÖ endet nicht an der Landesgrenze. Wie repräsentativ ist das Spendensystem für rechtspopulistische Parteien?

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Italien Mailand Treffen von Europas Rechtspopulisten
Bild: picture-alliance/AP Photo/L. Bruno

"Der österreichische Fall ist vielleicht eine Blaupause für andere populistische Parteien", meint Marcus Bensmann vom Recherchezentrum Correctiv. "Zum Finanzierungsmodell gehören ein gemeinnütziger Verein, dem vermögende Bürger Geld geben, und Versprechungen, die im Gegenzug für die Spenden gemacht werden." So hatte es der spätere österreichische Vizekanzler und Chef der rechtspopulistischen FPÖ, Heinz-Christian Strache, einer vermeintlichen russischen Investorin 2017 vorgeschlagen - ohne zu ahnen, dass er heimlich gefilmt wurde.

Bensmann weiß, wovon er spricht: Seine Recherchen trugen dazu bei, dass die AfD im April dieses Jahres von der Bundestagsverwaltung einen Sanktionsbescheid  in Höhe von 402.900 Euro erhielt. Die Begründung: Die Partei habe unrechtmäßige Wahlkampfhilfen aus der Schweiz angenommen. 

"Gemeinnützige" Parteipolitik

"Das Finanzierungsmodell, nach dem nicht die Partei selbst finanziert wird, sondern andere Gruppen, die dann Werbung für die Partei machen, ist im US-amerikanischen Wahlkampf sehr gängig", erklärt Bensmann. Vor dem Hintergrund des Videos mit Heinz-Christian Strache stehe jetzt die Frage im Raum: "Inwieweit verkauft auch die AfD ihr Land, so wie es Strache bereits vorhatte?"

Die FPÖ-Russland-Connection

Die deutsche AfD und die österreichische FPÖ befinden sich in bester Gesellschaft. Die Parteien von Nigel Farage, Marine Le Pen, Matteo Salvini, Jarosław Kaczyński, Jörg Meuthen und Viktor Orbán machen ähnliche Schlagzeilen - in vielen EU-Ländern geraten Rechtspopulisten durch Finanzskandale in Erklärungsnot.

Die Liste der Vorwürfe ist lang. So prüft eine Kommission des EU-Parlaments zurzeit eine mutmaßlich illegale Spende an den britischen Favoriten bei der EU-Wahl, Nigel Farage. Nach dem Brexit-Referendum 2016 in Großbritannien soll der damalige Vorsitzende der EU-feindlichen Partei Ukip illegal mehr als eine halbe Million Euro von dem Geschäftsmann Arron Banks erhalten haben.

Verdeckte Wahlkampfhilfe

In Deutschland dokumentierte die Organisation LobbyControl im März dieses Jahres, dass vermutlich auch die AfD-Politiker Guido Reil und Jörg Meuthen von verdeckter Wahlkampfhilfe profitiert haben. Parteivorsitzender Meuthen ist Spitzenkandidat der AfD für die Europawahlen, Reil kandidiert auf dem zweiten Listenplatz.

In Italien wurde der Gründer der Regierungspartei Lega, Umberto Bossi, bereits im November 2018 wegen Veruntreuung von Parteigeldern zu einem Jahr und zehn Monaten Haft verurteilt. Innenminister Matteo Salvinis Lega muss dem Staat einen Betrag in Höhe von 49 Millionen Euro erstatten.

Verschleierte Immobiliengeschäfte

In Polen deckte die liberale Zeitung "Gazeta Wyborcza" zu Beginn des Jahres verschleierte Immobiliengeschäfte des PiS-Vorsitzenden Jarosław Kaczyński zugunsten seiner nationalkonservativen Partei auf. Danach sollten die Mieteinnahmen aus den Kaczyński Towers im Zentrum von Warschau über das Lech-Kaczyński-Institut direkt in die Kasse der PiS-Partei fließen.

In Frankreich entschied ein Berufungsgericht Ende 2018 in Paris, dem Rassemblement National (RN, ehemals Front National) eine Million Euro an öffentlichen Geldern zu streichen. Die Partei von Marine Le Pen soll sich über Scheinbeschäftigungen im EU-Parlament insgesamt sieben Millionen Euro erschlichen haben. Nun hat der Europäische Gerichtshof sie endgültig zur Rückzahlung von 300.000 Euro an das Europaparlament verurteilt.

Laut Recherchen französischer Medien soll der RN für den EU-Wahlkampf 2014 außerdem neun Millionen Euro von der First Czech-Russian Bank erhalten haben. Im EU-Parlament setzte sich Le Pen mehrfach dafür ein, die EU-Sanktionen gegen Russland aufzuheben.

Marine Le Pen in Mailand
Frankreichs Rechtspopulistin Marine Le Pen hat sich im EU-Parlament als Verteidigerin von Präsident Putin profiliertBild: picture-alliance/AP Photo/L. Bruno

"Völlig unüberschaubar"

In Ungarn ist die Parteienfinanzierung laut Insidern "völlig unüberschaubar" - das gilt auch für die rechtspopulistische Fidesz von Regierungschef Viktor Orbán. "Die Parteien müssen zwar jedes Jahr einen Finanzbericht vorlegen, aber der wird von der zuständigen Behörde nicht ernsthaft geprüft", sagt Bulcsú Hunyadi, politischer Analyst beim ungarischen Thinktank Political Capital.

"Es überrascht hier niemanden, dass Rechtspopulisten nationale Interessen zynisch mit ihren eigenen politischen Interessen gleichsetzen", erklärt Hunyadi. Neben der staatlichen Parteienfinanzierung gebe es mehrere Möglichkeiten für versteckte Finanzierung, "zum Beispiel Spenden für Sportorganisationen, die von der Körperschaftsteuer abgezogen werden können".

Viele Gesetzeslücken

Experte Marcus Bensmann von Correctiv macht für die kreativen Finanzierungsmodelle Lücken in den nationalen Parteispendengesetzen verantwortlich, zum Beispiel in Deutschland: "Viele Parteien im Bundestag haben ein Interesse daran, das Parteiengesetz so lasch zu halten, wie es ist, weil sie davon profitieren. Eine Änderung wäre dringend notwendig."

So müssten Organisationen oder Privatpersonen, die für Parteien werben oder spenden, ihre Zuwendung nur dann deklarieren, wenn die Partei darüber informiert ist und eine Verbindung zwischen Spender und Partei besteht.

Ungarn Budapest Ministerpräsident Orban und Vizekanzler Österreich Heinz-Christian Strache
Beste Freunde: Noch am 6. Mai trafen Viktor Orbán und Heinz-Christian Strache in Budapest zusammenBild: AFP/A. Kisbenedek

In Italien trug die vorübergehende Abschaffung der staatlichen Parteienfinanzierung im Dezember 2013 dazu bei, neue Geldgeber im Ausland zu aktivieren. Deren Spenden unterlagen im Gegensatz zu inländischen Zuwendungen keinen strengen Regelungen.

Doch nicht nur das Beispiel Italien macht deutlich: Bei der Suche nach Geld überschreiten auch Nationalisten nationale Grenzen. "Das Strache-Video zeigt, dass die klassischen rechtspopulistischen Bewegungen, wenn man es mal patriotisch ausdrückt, nicht davor zurückschrecken, Vaterlandsverrat zu begehen", so Bensmann. "Das trifft einen Markenkern der rechten Bewegung."

Unter Mitarbeit von Rahel Klein, Kay-Alexander Scholz und Bartosz Dudek.