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Europol warnt vor IS-Anschlägen

25. Januar 2016

Die europäische Polizeibehörde Europol hat vor groß angelegten Terrorangriffen durch den "Islamischen Staat" gewarnt. Die Dschihadisten veröffentlichten ein Propagandavideo, das offenbar die Attentäter von Paris zeigt.

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IS-Kämpfer im Irak (Foto: AP)
IS-Kämpfer im IrakBild: picture-alliance/AP Photo

Der sogenannte Islamische Staat, IS, habe "neue gefechtsartige Möglichkeiten" entwickelt, um weltweit eine Reihe "groß angelegter Terroranschläge" zu verüben, sagte Europol-Direktor Rob Wainwright vor Journalisten in Amsterdam. Ein dazu erstellter Bericht der Polizeibehörde komme zu dem Schluss, dass die Dschihadisten "insbesondere Europa" im Visier hätten.

Es gebe "allen Grund" zu erwarten, dass der IS selbst, vom IS inspirierte "Terroristen" oder andere religiös motivierte Gruppen "irgendwo in Europa erneut einen Terroranschlag verüben". Diese Gefahr komme zu dem weiterhin bestehenden Risiko hinzu, dass Einzeltäter eine Attacke verüben könnten, fügte der britische Polizeibeamte hinzu.

Europol-Chef Wainwright (Foto: AP)
Europol-Chef WainwrightBild: picture-alliance/AP Photo/P. Dejong

Vor allem in Frankreich sei die Gefahr groß, sagte Wainwright. Die Terroranschläge von Paris markierten Europol zufolge eine deutliche Wende der IS-Strategie. Anschläge seien nun international ausgerichtet und würden von Spezialkräften ausgeführt, erläuterte Wainwright. Bei der Anschlagsserie in der französischen Hauptstadt waren am 13. November 2015 insgesamt 130 Menschen ermordet worden. Zu den Angriffen hatte sich der IS bekannt.

Neues Anti-Terrorzentrum

Wainwright stellte den Bericht am Rande des Treffens der EU-Innenminister in Amsterdam anlässlich der Eröffnung des neuen Europol-Antiterrorzentrums vor. Die Einrichtung sei "ein wichtiger Schritt vorwärts", um eine "aggressive, neue Form des internationalen Terrorismus zu bekämpfen", betonte der Europol-Chef. In dem Zentrum werden vorerst 40 bis 50 Experten arbeiten, die insbesondere einen besseren Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten ermöglichen sollen.

Größte Terrorgefahr seit 15 Jahren

Derweil warnte auch der bekannte Extremismusforscher Peter Neumann vor der Terrorgefahr in Deutschland: Diese sei "größer als je in den vergangenen zehn bis 15 Jahren", sagte er der Deutschen Welle. Er sprach sich für eine deutlich intensivere Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden und einen konsequenten Informationsaustausch aus. Zudem müsse es um stärkere Präventionsarbeit gehen, um junge Muslime vor einem Abgleiten in die Terrorismus zu bewahren. "Die Vorbeugung muss besser werden."

Neumann erläuterte, seit Anfang 2015 sei bekannt, dass der sogenannte Islamische Staat in Syrien gezielt junge Leute ausbilde, "die aus Europa kommen und später in Europa Anschläge verüben sollen". Dafür seien die Anschläge im November in der französischen Hauptstadt Paris das bislang bekannteste Muster. "Wir werden ähnliche Attacken in anderen europäischen Städten sehen", so Neumann. Es gehe um sensible Ziele in großen Städten wie zum Beispiel Stadien oder Untergrundbahnen.

Die Terrorgefahr, so der Wissenschaftler, sei gewiss in Frankreich oder Großbritannien höher als in Deutschland, sie sei aber auch hierzulande größer als in den vergangenen zehn bis 15 Jahren. Der am Londoner King's College tätige Neumann gilt als einer der führenden europäischen Experten für Terrorismus-Forschung.

IS droht in Video

Der "Islamische Staat" veröffentlichte unterdessen ein Propagandavideo, das Drohungen gegen alle Länder der Anti-IS-Koalition enthält und offenbar die Pariser Attentäter zeigt. Die Aufnahme ist knapp 18 Minuten lang und trägt den Titel "Tötet sie, wo Ihr sie findet". Darin werden vier Belgier, drei Franzosen und zwei Iraker als die Terroristen von Paris präsentiert. Die meisten der mutmaßlichen Attentäter sind in dem Video einzeln dabei zu sehen, wie sie eine vor ihnen sitzende Geisel ermorden.

Zugleich sprechen die in Tarnanzügen gekleideten Kämpfer Drohungen auf Arabisch oder Französisch aus: Ihre Botschaft sei "an alle Länder gerichtet", die sich an der US-geführten Militärkoalition gegen den IS in Syrien und im Irak beteiligen. Außerdem sind Bilder von Frankreichs Präsident François Hollande und Premierminister Manuel Valls zu sehen, deren Köpfe mit einer Zielscheibe markiert sind. Auch ein Bild des britischen Regierungschefs David Cameron taucht auf, dazu der Kommentar: "Wer immer sich auf die Seite der Ungläubigen schlägt, wird Zielscheibe unserer Schwerter sein."

Hollande: Weiter Angriffe auf IS

Hollande erklärte am Rande eines Staatsbesuchs in Indien, Frankreich werde sich von den IS-Drohungen nicht einschüchtern lassen. Sein Land sei entschlossen, den IS weiterhin energisch anzugreifen. Nach den Anschlägen vom November hatte die französische Armee ihre Luftschläge auf den IS in Syrien und im Irak verstärkt.

Auf Bitten Frankreichs unterstützt Deutschland seit Anfang Dezember die Anti-IS-Koalition, der mehr als 60 Staaten angehören. Die Bundeswehr ist jedoch nicht aktiv an den Luftangriffen beteiligt. Camerons Büro in London erklärte zu den Drohungen, das IS-Video sei ein "weiterer Schritt einer entsetzlichen Terrorgruppe, die klar im Verfall und auf dem Rückzug ist".

wl/kle (afp, dpa, rtr, DW)