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Evergrande: Keiner will die Konzern-Zentrale

15. Oktober 2021

Ein geplanter milliardenschwerer Verkauf der Zentrale des klammen chinesischen Immobilienriesen ist vorerst geplatzt. Nun hat sich auch Peking erstmals zur Evergrande-Krise geäußert und beschwichtigt.

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Hong Kong China Evergrande Group
Bild: Miguel Candela Poblacion/AA/picture alliance

Es war die Prestige-Immobilie des chinesischen Immobilienriesen Evergrande: 1,7 Milliarden sollte der Verkauf der Hongkong-Zentrale einspielen. Doch der dem Staat gehörende Immobilienentwickler Yuexiu Property hat sich aus den Gesprächen angesichts der schwierigen Finanzlage des Unternehmens zurückgezogen, wie zwei mit der Angelegenheit vertraute Personen berichteten. Evergrande und Yuexiu ließen Anfragen der Nachrichtenagentur Reuters nach einer Stellungnahme unbeantwortet.

Das Scheitern der Verhandlungen ist ein weiterer Rückschlag für Evergrande. Der Konzern sitzt auf einem Schuldenberg von mehr als 300 Milliarden Dollar und hat bereits mehrere Fristen für fällige Zinszahlungen an seine Anleihegläubiger verstreichen lassen. Angesichts des Umfangs der Verbindlichkeiten grassiert die Sorge, dass ein Kollaps von Evergrande einen Flächenbrand im chinesischen Immobiliensektor auslösen könnte.

Hong Kong China Evergrande
Prestigeträchtige Immobilie: Die Hingkong-Zentrale von EvergrandeBild: Vincent Yu/AP/picture alliance

Den Insidern zufolge stand Yuexiu bereits im August kurz davor, das Geschäft abzuschließen. Doch die Führung des in der Millionenmetropole Guangzhou ansässigen Immobilienentwicklers habe sich gegen eine Vereinbarung gestellt. Grund seien Befürchtungen gewesen, die ungelöste Verschuldungssituation bei Evergrande werde womöglich einem reibungslosen Abschluss der Transaktion im Wege stehen. Evergrande hatte das 26-stöckige Evergrande Centre im Wan-Chai-Distrikt in Hongkong vor sechs Jahren für umgerechnet 1,61 Milliarden Dollar erworben.

Chinas Regierung bricht Schweigen

Die chinesische Notenbank hat sich in der Krise um den Immobilienkonzern Evergrande erstmals geäußert. Die von der finanziellen Schieflage des Konzerns ausgehenden Risiken für das Finanzsystem seien kontrollierbar, sagte ein Sprecher der Notenbank. Es sei unwahrscheinlich, dass sich die Krise von Evergrande auf andere Bereiche ausdehne. Die Zentralbank rief allerdings die Banken des Landes dazu auf, für eine stabile Kreditversorgung der Immobilienunternehmen des Landes zu sorgen.

Zuvor hatte die Nachrichtenagentur Bloomberg unter Berufung auf Insider berichtet, dass die Regierung in Peking die Vergabe von Immobilienkrediten erleichtert habe, um die Gefahr eines Übergreifens der Evergrande-Krise auf die Finanzmärkte klein zu halten.

Demnach habe die Finanzaufsicht einigen Großbanken im vergangenen Monat aufgetragen, die Kreditvergabe für Immobilienkredite zu beschleunigen. Die Krise rund um Evergrande lastet auf dem chinesischen Finanz- und Immobilienmarkt. Der Handel mit Aktien des hoch verschuldeten chinesischen Immobilienriesen und seiner Hausverwaltung an der Börse in Hongkong ist seit dem 4. Oktober ausgesetzt. Unterdessen halten sich Spekulationen über Rettungsmaßnahmen wie einen Einstieg eines anderen großen chinesischen Konzerns. Bei den Zinszahlungen für Anleihen von Evergrande kam es zuletzt mehrfach zu Verzögerungen.

Immobiliensektor als Zugpferd des Wachstums

Die Immobilienwirtschaft in China war lange Zeit Lokomotive des Wirtschaftswachstums; Millionen Wohnungen wurden in den vergangenen Jahren gebaut. Für Chinesen ist der Erwerb von Wohneigentum ein sehr wichtiger Schritt nach oben auf der sozialen Leiter. Zahlreiche Firmen verschuldeten sich hoch, um an dem Geschäft teilzuhaben. Die Regierung begann im Sommer 2020, die Entwicklung zu bremsen.

So gab Peking den Immobilienkonzernen die sogenannten "drei roten Linien" vor. Diese setzten den Firmen Grenzen für die Kreditaufnahme und zwangen sie, ihre Verbindlichkeiten zu reduzieren. Damit begannen die Schwierigkeiten für Evergrande.

In den vergangenen Tagen hatten auch zwei weitere Immobilienentwickler ernste Probleme eingeräumt: So zahlte das Unternehmen Fantasia fällige Schulden nicht zurück, Sinic warnte vor dem Zahlungsausfall.

nm/hb (afp, rtr, dpa)