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Experten: Staat muss Bürger schützen

Marcel Fürstenau22. Mai 2014

Die Spionage ausländischer Geheimdienste in Deutschland verstößt aus Sicht von Verfassungsrechtlern gegen nationales Recht. Der Name Edward Snowden spielt im NSA-Untersuchungsausschuss nur eine Nebenrolle.

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Blick in die Sitzung des NSA-Untersuchungsausschusses des Bundestages (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Knapp zwei Stunden sind schon vergangen, als am Donnerstag im NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestages erstmals der Name jenes Mannes fällt, ohne den es dieses Gremium gar nicht gäbe: Edward Snowden. Dem ehemaligen Mitarbeiter des US-Geheimdienstes National Security Agency (NSA) verdankt die Welt die Erkenntnis, dass ihre elektronische Kommunikation von eben dieser NSA systematisch ausgespäht wird. Ob der Kronzeuge Snowden in Deutschland vernommen werden kann und soll, darüber wird seit Monaten heftig gestritten.

Die Bundesregierung lehnt es unter Hinweis auf ein Auslieferungsabkommen mit den USA ab, dem Whistleblower sicheres Geleit zu gewähren. In seinem Heimatland gilt Snowden als Verräter. Auch im Untersuchungsausschuss geht ein Riss quer durch die Fraktionen. Immerhin ist man sich einig, Snowden spätestens Anfang Juli befragen zu wollen. Allerdings will die CDU/CSU ihn auf keinen Fall auf deutschem Boden treffen, sondern bestenfalls in seinem russischen Exil oder per Video-Konferenz. Grüne und Linke drängen auf eine Befragung im Untersuchungsausschuss, die SPD wäre mit jedem Ort einverstanden.

Parallelen zur verfassungswidrigen Vorratsdatenspeicherung

Empfehlungen in der Causa Snowden zu geben ist indes nicht die Aufgabe der drei Verfassungsrechtler, die in der ersten öffentlichen Sitzung des NSA-Untersuchungsausschusses als Sachverständige gehört werden. Die Abgeordneten erwarten vielmehr sachdienliche Hinweise darauf, wie das Gebaren ausländischer Geheimdienste in Deutschland rechtlich zu bewerten ist und wie der Staat darauf reagieren müsste. Die Antwort ist unmissverständlich: Wenn gegen deutsche Gesetze verstoßen werde, sei es "Aufgabe der deutschen Staatsgewalt, dies zu unterbinden", sagt der frühere Verfassungsrichter Wolfgang Hoffmann-Riem.

Drei Experten im NSA-Untersuchungsausschuss: Hans-Jürgen Papier, Wolfgang Hoffmann-Riem und Matthias Bäcker (Foto: dpa)
Drei Experten im Ausschuss: Hans-Jürgen Papier, Wolfgang Hoffmann-Riem und Matthias BäckerBild: picture-alliance/dpa

Der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichtes, Hans-Jürgen Papier, verweist bei der Bewertung der NSA-Spionage auf das schon 2010 ergangene Urteil zur Vorratsdatenspeicherung. Demnach ist die anlasslose flächendeckende Speicherung von Telekommunikationsdaten, wie sie auch vom US-Geheimdienst praktiziert wird, verfassungswidrig. So sieht es auch der Europäische Gerichtshof (EuGH) in seiner im April bekannt gegebenen Entscheidung. Beide Urteile gehören nach Überzeugung Papiers zur "verfassungsrechtlichen Identität" Deutschlands. Dafür müsse sich die Bundesregierung auch international einsetzen.

Hoffmann-Riem kritisiert die Bundesregierung

Der Schutzbereich der Grundrechte sei territorial nicht auf Deutschland begrenzt, betont Hoffmann-Riem. Diplomatische Zurückhaltung gegenüber anderen Ländern darf deshalb nach Überzeugung des Verfassungsrechtlers nicht grenzenlos sein. Der Staat müsse notfalls "Flagge zeigen" und dürfe sich nicht mit "kleinen Beschwerden" zufrieden geben. Hoffmann-Riem spielt auf die Art und Weise an, wie sich die deutsche Regierung in der NSA-Affäre gegenüber den USA verhält. Spätestens seit dem jüngsten Besuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bei Präsident Barack Obama ist klar, dass es keinen vertraglich zugesicherten Verzicht auf das gegenseitige Ausspionieren geben wird.

Hoffmann-Riem hält globale Vereinbarungen für unumgänglich. Die seien unter den gegebenen Umständen schwer zu erreichen, "womöglich unrealistisch". Und weil es nach Lage der Dinge kein No Spy-Abkommen zwischen Deutschland und den USA geben wird, könne er sich nicht vorstellen, ein Freihandelsabkommen abzuschließen. Die Verhandlungen darüber laufen gerade auf Hochtouren und werden von der deutschen Regierungschefin trotz allem befürwortet.