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EZB hält Leitzins bei null

8. Juni 2017

Die EZB hält den Leitzins im Euroraum bei Null. Weitere Zinssenkungen soll es vorerst zwar nicht geben, doch EZB-Chef Mario Draghi hält sich alle Optionen offen.

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Deutschland EZB PK in Frankfurt Mario Draghi
Bild: picture-alliance/Zumapress/L. Huanhuan

Die EZB wagt angesichts eines stärkeren konjunkturellen Aufschwungs einen Mini-Schritt in Richtung geldpolitische Wende. Die Euro-Wächter strichen am Donnerstag auf ihrer Ratssitzung in der estnischen Hauptstadt Tallinn die bislang stets erwähnte Option auf noch tiefere Schlüsselzinsen aus ihrem Ausblick. Die Wirtschaft der Euro-Zone habe inzwischen mehr Schwung, sagte Notenbank-Präsident Mario Draghi. "Sie dürfte laut Vorhersagen in einem etwas schnelleren Tempo expandieren als bislang erwartet wurde." Die Risiken für das Wachstum beschrieb der Italiener als "weitgehend ausgeglichen". Bislang hatten aus Sicht von Draghi & Co die Gefahren überwogen.

Trotzdem lässt sich der EZB-Chef alle Optionen offen. "Wenn Sie mich fragen, was ich erwarte, dann würde ich sagen, dass ich aufgrund der aktuellen Lage nicht mit niedrigeren Zinsen rechne. Falls Sie mich aber fragen, was wäre, wenn sich die Dinge zum Schlechteren wenden, wären Sie dann bereit, die Zinsen zu senken? Dann ist die Antwort: Ja."

Banken bekommen weiter frisches Zentralbankgeld zu null Prozent Zinsen - die Europäische Zentralbank (EZB) belässt den Leitzins im Euroraum vorerst auf diesem Rekordtief. Parken Finanzinstitute überschüssiges Geld bei der EZB, müssen sie dafür nach wie vor 0,4 Prozent Strafzinsen zahlen.

Anleiheprogramm bleibt

Zugleich bekräftigte der EZB-Rat, dass die Notenbank bis mindestens Ende 2017 weiterhin monatlich 60 Milliarden Euro in den Kauf von Staats- und Unternehmensanleihen stecken will. Mit Blick auf die Anleihekaufprogramme der EZB hatte deren Chef Mario Draghi noch unlängst betont: "Wir bleiben fest davon überzeugt, dass ein außergewöhnliches Maß an geldpolitischer Unterstützung ... immer noch nötig ist."  

Gründe finden die Währungshüter in der Preisstatistik. Die EZB strebt eine Inflationsrate von knapp unter 2,0 Prozent an - weit genug entfernt von der Nullmarke. Im Mai aber hatte sich der Preisauftrieb im Euroraum abgeschwächt. Die Verbraucherpreise lagen 1,4 Prozent höher als ein Jahr zuvor. Die um Energie- und Lebensmittelpreise bereinigte Kerninflation fiel von 1,2 auf 0,9 Prozent. 

Die Wirtschaft im Euroraum wächst dagegen robust. Bisher hatte Draghi stets darauf hingewiesen, dass Abwärtsrisiken für die Wirtschaft im Euroraum dominieren. Beobachter erwarten, dass die Währungshüter ihr milliardenschweres Kaufprogramm später schrittweise herunterfahren. "Die Frage ist nicht, ob die EZB ihr Anleihekaufprogramm bereits vor Dezember 2017 beenden wird, sondern wie schnell sie diese Anleihekäufe im kommenden Jahr zurückfahren kann", meinte der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher. Die EZB habe vorsichtig die geldpolitische Wende eingeleitet, wenn auch nur mit Worten, so Fratzscher. Dies sei ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, auch wenn es vielen in Deutschland zu langsam gehe.

"Zuckerbrot und Peitsche"

Ähnlich sieht es Holger Schmieding, Chefvolkswirt bei der Berenberg Bank: "Die EZB bewegt sich im Kriechgang auf den Ausstieg aus ihrer lockeren Geldpolitik zu." Der Wirtschaftsweise Volker Wieland sprach von einer minimalen, aber längst überfälligen Anpassung, "aber bei weitem nicht das, was notwendig wäre". "Heute gab es von der EZB Zuckerbrot und Peitsche", sagte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. Die Peitsche sei der Verweis auf die hartnäckig niedrige Inflation, die laut Draghi eine sehr lockere Geldpolitik weiterhin notwendig mache.

Mit Nachdruck machte der EZB-Chef in der Pressekonferenz nach der Zinssitzung deutlich, dass er fest entschlossen ist, seinen Kurs, wenn nötig noch zu verschärfen: "Wenn sich herausstellt, dass die Dinge weniger gut laufen, dann sind wir bereit, unser Anleihekaufprogramm auszuweiten."

ar, tko/wen (dpa, rtr)