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Für Afrika sind mehr als noble Gesten gefragt

Daniel Scheschkewitz, Washington DC8. Juni 2005

Tony Blair möchte, dass sich die reichen G-8-Länder zu einer umfassenden Aufstockung der Entwicklungshilfe bereit erklären. Bush sollte sich der Initiative anschließen, meint Daniel Scheschkewitz in seinem Kommentar.

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Afrika steht an einem Scheideweg. Erstmals seit Jahrzehnten besteht für den schwarzen Kontinent die historische Chance, aus dem Teufelskreis von Hunger, Elend und Gewalt auszubrechen. Kontinuierliche Wachstumsraten von zuletzt um die vier Prozent und die steigende Nachfrage nach afrikanischen Produkten sind ein Hoffnungsschimmer. Schuhe an den Füßen, sauberes Trinkwasser und ein Dach über den Kopf sind für Millionen von Menschen plötzlich in greifbare Nähe gerückt.

Bei Afrika im Wort

Die internationale Staatengemeinschaft steht mit den so genannten Milleniumszielen bei Afrika im Wort. Damit aber die Verheißungen eines menschenwürdigen Lebens in den nächsten Jahren Wirklichkeit werden und Afrika am Scheideweg den richtigen Pfad einschlägt, bedarf es eigener Kraftanstrengung und fremder Hilfe. Die eigene Kraftanstrengung muss vor allem in einer guten Regierungsführung liegen, die wertvolle Ressourcen nicht verschwendet, die Korruption bekämpft und demokratischen Strukturen in Wirtschaft und Gesellschaft zum Durchbruch verhilft.

Durch fremde Hilfe muss die Gunst der Stunde genutzt werden und Afrika von seiner drückenden Schuldenlast, die in einigen Ländern des Kontinents jede Initiative im Keim erstickt, befreit werden. Der britische Premierminister Tony Blair hat auf diesem Gebiet eine löbliche Initiative entwickelt und bemüht sich, das bevorstehende G-8-Treffen in Schottland im Juli zu einem Meilenstein in der Afrikahilfe werden zu lassen.

Schulden erlassen

Blair möchte den 33 ärmsten Entwicklunsgländern ihre Schulden bei der Weltbank und beim Internationalen Währungsfond erlassen. Außerdem soll eine Art Marshallplan die Entwicklungshilfe der reichen Länder für Afrika bis zum Jahr 2015 verdoppeln. Damit ließen sich erste Erfolge bei der Aidsbekämpfung ausbauen und die Schuldenlast könnte dramatisch gesenkt werden - Afrika hätte eine echte Entwicklungschance!

Bisher hat US-Präsident Bush seinem britischen Gegenüber Blair in diesem Punkt nur die kalte Schulter gezeigt. So ist Bush gegenüber einem Schuldenerlass von Seiten der Weltbank skeptisch, weil diese dann weniger Finanzierungsmöglichkeiten für Hilfsprojekte hätte.

Rücksicht auf das Gold

Großbritannien hat zusätzlich vorgeschlagen, einen Teil des Schuldenerlasses duch Goldverkäufe des Internationalen Währungsfonds zu finanzieren. Das aber lehnt Bush ab, weil er auf die Interessen der goldproduzierenden US-Bundestaaten im Westen Amerikas Rücksicht nimmt, die einen Rückgang beim Goldpreis befürchten. Die Ausgabe von Staatsanleihen der großen Industrieländer, um zusätzliche Mittel aufzubringen, fand bei Bush bislang genauso wenig Anklang. Haushaltstechnisch nicht möglich, beschied er dem südafrikanischen Präsidenten Mbeki kürzlich bei dessen Besuch in Washington.

Dabei bilden die USA mit 0,18 Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts für die Entwicklungshilfe das Schlusslicht unter den führenden Industrienationen. Angesichts der Summen, die Amerika für den Irak-Krieg und seine Folgen ausgibt, sind die 16 Milliarden an jährlicher Entwicklungshilfe geradezu lächerlich. Und die jetzt bereitgestellten 500 Millionen Euro für die Hungerleidenden in Äthiopien und Eritrea eine noble Geste, aber nicht mehr.

Mehr als das militärische Fundament

Allein zur Behandlung der Millionen mit dem Aidserreger infizierten Afrikaner bedarf es nach Schätzung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) jährlich einer Summe von zwölf Milliarden Dollar. Wenn Afrika Präsident Bush tatsächlich eine echtes Anliegen ist, dann muss er seinen Worten nun auch Taten folgen lassen. Amerika ist ein reiches Land, und Bush ein Präsident, dessen moralischer Führungsanspruch bislang hauptsächlich auf einem militärischen Fundament steht. Eine beherzte Initiative zugunsten Afrikas stünde Präsident Bush auch als weltweite Charmeoffensive gut zu Gesicht. Da kann Bush von Blair noch einiges lernen.