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GleichberechtigungPeru

Peru: Frauen im Kaffeeanbau stärken

Katrin Ewert
17. März 2024

Frauen, die Kaffee produzieren, werden in Peru häufig diskriminiert. Zum Teil verkaufen sie den Kaffee unter dem Namen männlicher Verwandter. Die junge Unternehmerin Carolina Peralta aus Cusco will das ändern.

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 Gründerin Carolina Peralta (Mitte) mit ihren Mitarbeiterinnen Elyanny Medina (links) und Rosana Mantilla (rechts).
Gründerin Carolina Peralta (Mitte) mit ihren Mitarbeiterinnen Elyanny Medina (links) und Rosana Mantilla (rechts)Bild: Hernán Martín/DW

Carolina Peralta füllt die Espressomaschine mit frischen Kaffeebohnen auf, kurz darauf übertönt ein Rattern das Quatschen der Gäste und der Duft von frisch gemahlenem Kaffee strömt durch den Raum. Es dauert nicht lange, bis ein Kunde an die Theke tritt und beginnt, die Karte zu scannen. "Welchen Kaffee hättest du gerne?", fragt Carolina, "den von Lidia oder den von Consuelo?" 

Lidia und Consuelo sind nur zwei von etwa ein Dutzend Frauennamen, die im Café "Florencia y Fortunata" in der peruanischen Stadt Cusco in großen Lettern auf den Behältern der Kaffeebohnen stehen, auf den Papierverpackungen, die sich im Regal hinter der Theke aneinanderreihen oder auf den Karten, die auf dem Tresen liegen.  

"Unsere Mission ist es, weibliche Kaffeeproduzentinnen in Peru sichtbarer zu machen", sagt die 27-jährige Carolina, die das Café 2021 gegründet hat. 

Das Café Florencia y Fortunata in Cusco
Das Café Florencia y Fortunata in Cusco zieht sowohl Touristen als auch Einheimische anBild: Hernán Martín/DW

"Wo sind die Frauen in der Kaffeebranche?"

Nachdem die junge Peruanerin Accounting an einer Business-Universität in Lima studiert hat, arbeitete sie bei einer großen Pharmafirma. Für den Job musste sie viel durch Peru reisen. "Ich hatte schon immer ein Faible für Cafés und habe die Reisen genutzt, um Kaffee an den unterschiedlichsten Orten zu trinken", erzählt Carolina.  

Dabei fiel ihr auf, dass die Kaffeekultur in Peru stark männlich geprägt ist. In den Cafés wurde fast ausschließlich von dem Kaffeeproduzenten, dem Röster, dem Barista gesprochen. "Ich fragte mich: Wo sind die Frauen in dieser Branche?" 

Und so begann Carolina auf eigene Faust zu verschiedenen Kaffeeplantagen in Peru zu fahren, vor allem in ihrer Heimatregion Cusco sowie in Cajamarca.

"Dort habe ich Muster gesehen, die sich wiederholt haben", berichtet sie. Natürlich würden Frauen auf den Plantagen arbeiten. Sie seien in vielen Familienbetrieben sogar das Rückgrat der Produktion, weil sie sich neben der Arbeit auch noch um die Organisation sowie um die Kinder und Tiere kümmern. "Die Frauen bringen alles zum Laufen", meint Carolina. 

 Blanca Flor Quispe Rubio auf ihrer Plantage in Cajamarca
Blanca Quispe ist eine der Produzentinnen, die ihren Kaffee jetzt unter ihrem eigenen Namen verkauftBild: Carolina Peralta

Frauen auf den Kaffeeplantagen: viel Arbeit, wenig Sichtbarkeit  

Doch am Ende werde der Kaffee, für den die Frauen hart arbeiten, unter dem Namen von Männern verkauft. Carolina berichtet von Frauen, darunter Blanca Quispe (Foto), die zwar ihre Betriebe leiten, jedoch für ihren Kaffee zunächst den Namen ihres Vaters oder ihres Mannes wählten. So gebe es mehr Anerkennung und die Verkaufszahlen fielen besser aus.  

Um das zu ändern, machte Carolina einen Plan: Ein Café eröffnen, in dem Kaffee von Frauen verkauft wird, um so die Gleichberechtigung in der Kaffeebranche zu fördern. Dafür kündigte sie ihren Job und zog zurück in ihre Heimatstadt Cusco.

Das Café lief zunächst nicht gut an  

In ihrem Viertel Magisterio eröffnete sie ihr Café unter dem Namen "Florencia y Fortunata", die Namen ihrer beiden Großmütter.  

Doch der Anfang verlief holprig. Zum einen sind es die Cusqueños gewohnt, starken, destillierten Kaffee zu trinken. Mit Cappuccino oder Flat White konnten sie wenig anfangen. "Zum anderen gab es in meinem Viertel wenig Verständnis für das Konzept des Cafés", erzählt Carolina. Die Kundschaft blieb aus. 

Gründerin Carolina Peralta vor ihrem Café im Zentrum Cuscos.
Carolina Peralta ließ sich nicht unterkriegen und eröffnete eine Filiale im StadtzentrumBild: Hernán Martín/DW

Neuanfang im Zentrum von Cusco  

So verlegte die Unternehmerin ihr Café ins Stadtzentrum, nur wenige Meter von der Plaza Mayor, dem Hauptplatz, entfernt. "Hier sind wir auf mehr Neugier und Offenheit gestoßen", berichtet Carolina. Mit Erfolg. Immer mehr Kunden kamen, um den Kaffee von Consuelo, Lidia, Sonia oder Blanca zu probieren. 

Cusco ist eine Stadt, die unter anderem wegen der Nähe zum Weltwunder Machu Picchu viele Touristen anzieht. Auch Carolinas Café besuchen Reisende aus aller Welt. Peruanischer Kaffee ist insbesondere im westlichen Ausland sehr beliebt. Doch über strukturelle Probleme wie die Diskriminierung der Frauen wissen die wenigsten Bescheid. 

Es kämen aber auch viele Menschen aus Peru - sogar etwas mehr Männer als Frauen, so Carolina. "Ich finde es toll, wie sich das Café für Frauen einsetzt", sagt die 40-jährige Kundin Rosalina Susano zwischen zwei Schlucken von ihrem Eiskaffee. "Außerdem ist der Kaffee ausgezeichnet und ich habe mich mit der ganzen Atmosphäre, mit der Musik und mit den Leuten direkt verbunden gefühlt."

Die Kundin Rosalina Susano sitzt an einem der Tische und trinkt einen Eiskaffee.
"Ich liebe das Konzept des Cafés", sagt Kundin Rosalina Susano Bild: Hernán Martín/DW

Mehr weibliche Baristas in Perus Cafés  

Rosalinas Kaffee wurde von Rosana Mantilla zubereitet. Die 29-Jährige kommt aus Venezuela und ist Barista und Servicechefin des Cafés. "In Lateinamerika findet man nur sehr wenige weibliche Baristas hinter den Theken", sagt sie. Frauen werden hauptsächlich im Service eingestellt, während die Männer an den Espressomaschinen arbeiten. "Aber in Peru gibt es langsam aber sicher mehr weibliche Baristas." Das ist zumindest ihr Eindruck, denn offizielle Statistiken gibt es dazu nicht. 

Rosana zaubert mühelos ein feines Muster in den Milchschaum eines Cappuccinos. "Ich denke, dass wir, egal ob Frau oder Mann, dieselbe Arbeit gleich gut erledigen können", meint sie. Das gelte sowohl für die Arbeit als Barista als auch für die Kaffeeproduktion.  

 Die Barista Rosana Mantilla serviert einen Cappuccino.
Rosana Mantilla liebt ihren Job als Barista im Café Florencia y FortunataBild: Hernán Martín/DW

Kaffeepackung mit eigenem Namen ist wie eine Trophäe 

Carolina hat vor kurzem eine zweite Filiale eröffnet - wieder in ihrem Heimatviertel Magisterio, in dem es anfangs nicht gut lief. Mittlerweile sind die Menschen auch hier offener und besuchen das Café. Außerdem nutzt Carolina das zweite Café als Röstlabor, um mit verschiedenen Kaffeesorten zu experimentieren.  

Bald möchte Carolina eine weitere Filiale im neuen Flughafen von Cusco eröffnen, der momentan gebaut wird. "Ich denke, dass Flughäfen ein großartiges Schaufenster sind", sagt Carolina. "So könnten wir den Kaffee unserer Produzentinnen bei Menschen aus aller Welt bekannt machen."

Auch bei den Produzentinnen spricht sich Carolinas Engagement herum. "Anfangs sind wir zu den verschiedenen Kaffeeplantagen gereist und haben die Frauen gefragt, ob sie ihren Kaffee direkt an uns verkaufen wollen", erzählt Carolina. Mittlerweile kämen Produzentinnen von selbst im Café vorbei und brächten Proben mit. 

"Wenn die Frauen ihre erste Packung, auf der ihr Name steht, in den Händen halten, ist das wie eine Trophäe für sie", berichtet Carolina. "Sie sind stolz darauf, dass sie ihren Kaffee unter ihrem Namen verkaufen können - ohne Unsicherheiten oder Diskriminierung."