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Gesellschaft

Wie erkenne ich Fake News?

3. Januar 2022

Ob Corona, Klimawandel oder Migration - Falschnachrichten verbreiten sich in den sozialen Medien sechsmal schneller als Wahres. Doch wie kann ich Fake News identifizieren und überprüfen? Tipps vom DW-Faktencheck-Team.

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How to debunk disinformation | Fake News
Je mehr wir die sozialen Netzwerke nutzen, desto wahrscheinlicher ist es, dass wir auf Falschnachrichten stoßen. Doch wie erkennen wir solche?Bild: DW

Im April kursierte auf Facebook ein Screenshot eines Zitats von Annalena Baerbock. Darin forderte die Grünenchefin und damalige Kanzlerkandidatin angeblich ein Ende der privaten Tierhaltung, denn Haustiere würden zu viel CO2 freisetzen. 

In Brasilien wurden 2018, ebenfalls zu Wahlkampfzeiten, über WhatsApp millionenfach Nachrichten zugunsten des rechtspopulistischen Präsidenten Jair Bolsonaro verschickt. Darin wurde unter anderem nahegelegt, die linke Arbeiterpartei (PT) plane eine kommunistische Diktatur oder wolle Pädophilie legalisieren.

Während der Coronavirus-Pandemie gingen immer wieder Videos und Posts von Medizinerinnen und Medizinern viral, deren Aussagen zum Coronavirus im Widerspruch zu sonstigen wissenschaftlichen Erkenntnissen stehen. Und Tausende falsche Behauptungen zu Impfungen.

Was all diese Beispiele gemeinsam haben? Es handelt sich um Fake News, auch Falschnachrichten oder Desinformation genannt, also Informationen, die teilweise oder sogar komplett falsch sind und die absichtlich in die Welt gesetzt werden - etwa um politische Ansichten zu beeinflussen oder um möglichst viele Klicks zu generieren.

Social Media Apps | WhatsApp Facebook Twitter Instagram
Fake News verbreiten sich schneller als Wahres - sie bedienen oft Neid und Hass und behandeln emotionale ReizthemenBild: Nasir Kachroo/ZUMA Press/imago images

Fake News verbreiten sich oft blitzschnell und sind ein echtes Problem in der digitalen Welt geworden. Sie von glaubwürdigen Informationen zu unterscheiden, fällt oftmals schwer. Hier also einige Tipps, wie Sie der Flut an Falschinformationen im Internet begegnen können. In diesem Artikel geht es vor allem um Fake News in Textform - über gefälschte Bilder gibt es hier einen eigenen Beitrag, und über manipulierte Videos hier.

1) Misstrauen ist angebracht

Im jüngsten Digital News Report des Reuters Institute an der Universität Oxford gab mehr als die Hälfte der Befragten an, sie habe in der Vorwoche falsche oder irreführende Informationen zum Coronavirus gesehen. Mehr als ein Viertel erinnerte sich an Falschinformationen über Prominente. 

Das zeigt: Wer sich im Internet bewegt - und dazu gehören auch Messenger -, sollte ein gesundes Maß an Misstrauen an den Tag legen und nicht alles für bare Münze nehmen - vor allem, wenn es sich um emotionale und kontroverse Themen handelt, etwas allzu spektakulär erscheint und reißerisch daherkommt.

So wie beim schon erwähnten angeblichen Zitat der Grünen-Co-Vorsitzenden Baerbock. Sie hatte nie gefordert, Haustiere zu verbieten - und doch gingen viele dem ihr untergeschobenen Zitat auf den Leim.

Faktencheck: Wie erkenne ich Fake News?

Das wäre ihnen wohl nicht passiert, wenn sie einen Schritt zurückgetreten und sich folgende Fragen gestellt hätten:

  • Handelt es sich um ein Thema, dass mich besonders triggert, etwa weil ich selbst Haustiere habe? 
  • Ist nachvollziehbar, woher die Information kommt, also bei welcher Gelegenheit das Zitat gefallen sein soll?
  • Erscheint die Information, in diesem Fall eine solche Aussage Baerbocks, plausibel?
  • Wer könnte ein Interesse daran haben, eine solche Nachricht in die Welt zu setzen, also in diesem Fall vermutlich Baerbock und ihre Partei zu diskreditieren?
  • Gibt es weitere Hinweise auf einen unseriösen Ursprung wie etwa Rechtsschreibfehler?

2) Wer steckt dahinter?

Fake News erreichen Nutzerinnen und Nutzer oft als Post auf Plattformen wie Facebook, Twitter oder Instagram. Schauen Sie sich doch mal den Account genauer an, über den er verbreitet wurde - dabei wird manchmal schon einiges über die Interessen und Überzeugungen der Person klar. Vielleicht steckt auch gar niemand Echtes dahinter, sondern ein sogenannter Social Bot oder Troll - mehr dazu hier.

Ein anderer Verbreitungsweg zweifelhafter Informationen sind Messenger-Dienste. Ein Beispiel dafür sind die zuvor erwähnten WhatsApp-Nachrichten, mit denen Brasilianerinnen und Brasilianer während des Präsidentschaftswahlkampfes 2018 bombardiert wurden. Laut Recherchen der Zeitung "Folha de S. Paulo" hatten brasilianische Unternehmen bei Internetdienstleistern die Versendung der Massennachrichten zugunsten Bolsonaros bestellt. Die Handynummern der Empfänger kamen von der Wahlkampagne des Rechtspopulisten und von Drittanbietern.

Jair Bolsonaro
Mehr als 900 Mal sagte Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro 2020 laut Faktencheckern Falsches oder Irreführendes zu CoronaBild: Mateus Bonomi/AA/picture alliance

Erhalten Sie Inhalte über einen Messenger, können Sie die Senderin oder den Sender fragen, woher diese die Infos bekommen haben. Oft hat sie die Person auch nur weitergeleitet, ohne selbst Wahrheitsgehalt oder Ursprung zu hinterfragen - kein gutes Zeichen.

Weil das Problem weitergeleiteter Falschnachrichten so groß geworden ist, hat WhatsApp zuletzt einige Änderungen eingeführt. Sehen Sie einen kleinen Pfeil über einer Nachricht, wissen Sie, dass diese Nachricht an Sie weitergeleitet wurde (siehe Screenshot). Liegen dort zwei Pfeile übereinander, heißt es, dass diese Nachricht schon über eine Kette von mindestens fünf Chats lief, bis sie Sie erreicht hat. Wurden Nachrichten bereits so oft geteilt, können sie nur noch eingeschränkt weitergeleitet werden. In manchen Ländern werden solche Nachrichten mit einer kleinen Lupe versehen. Über diese können Sie die Google-Suche mit dem Nachrichtentext aufrufen.

Screenshot einer Unterhaltung auf Whatsapp
Der Pfeil und das Wort "Weitergeleitet" zeigen bei Whatsapp, der Inhalt stammt nicht von Ihrer Gesprächsperson selbstBild: Ines Eisele/DW

Enthält die Nachricht einen Link, können Sie auch überprüfen, auf welche Medien- oder sonstige Seite dieser führt. Dass überhaupt ein Link vorhanden ist, muss nicht heißen, dass die Informationen stimmen! So gibt es Websites, die es mit den journalistischen Grundsätzen alles andere als genau nehmen, und etwa zugunsten möglichst vieler Klicks auf Dramatisierung und Übertreibung setzen.

Vielleicht stellen Sie bei genauem Hinsehen auch fest, dass Sie auf einer staatlich gelenkten Seite, einem privaten Blog oder gar einer Satireseite gelandet sind. Alarmsignale für unseriöse Seiten sind unter anderem ein fehlendes Impressum, da in vielen Ländern eine Impressumpflicht für kommerzielle Angebote besteht, sowie Textfehler, übermäßige Werbung und ein unprofessionell wirkendes Layout.

Schauen wir uns als Beispiel die Webseite worldnewsdailyreport.com an. Optisch wirkt die Seite zwar modern und professionell. Doch viele der Artikel handeln eher von Kuriosem. So taucht ein im Bermudadreieck verschwundenes Schiff nach Jahren in der Sahara auf, ein Frisör landet im Gefängnis, weil er aus den abgeschnittenen Haaren seiner Kunden Voodoo-Puppen gefertigt hat - und das ist noch eine der harmlosen Kriminalgeschichten -, laut einem anderen Text auf der Seite darf ein Geschwisterpaar aus New Jersey nach einem zehnjährigen Rechtsstreit heiraten.  

Was erst bei ganz genauem Hinsehen auffällt: Es handelt sich um eine Satirewebseite. Im Logo des Portals heißt es "World News Daily Report - Where facts don't matter" - zu Deutsch: Wo Fakten keine Rolle spielen. Und wer ganz ans Ende der Webseite scrollt, findet dort eine weitere Erklärung, dass alles auf der Seite nur ausgedacht ist.  

Screenshot | World News Daily Report
Das Logo von World News Daily Report weist auf Satire hin: "Where facts don't matter" - wo Fakten keine Rolle spielenBild: Worldnewsdailyreport.com

Doch Vorsicht: Hinter unbekannten Links können auch Versuche stecken, Ihre Daten für Betrugszwecke abzugreifen. Wenn Sie an unangebrachter Stelle aufgefordert werden, Passwörter oder persönliche Daten einzugeben, könnte es sich um eine sogenannte Phishing-Seite, eine gefälschte Seite, handeln. 

3) Stimmt, was behauptet wird?

Und nun kommen wir zum eigentlichen Inhalt eines Posts, einer weitergeleiteten Nachricht oder eines sonstigen Textes, den man ebenfalls kritisch unter die Lupe nehmen sollte. Also: Erscheint das, was behauptet oder gezeigt wird, stimmig und vorstellbar? 

Fake News als Geschäftsmodell

Um mehr über das jeweilige Thema oder den Sachverhalt herauszufinden, können Sie über Suchmaschinen recherchieren, was sich sonst noch dazu finden lässt. Hat etwa eine Politikerin oder ein Politiker eine denkwürdige Aussage getroffen oder ist etwas Bahnbrechendes passiert, so ist dies wahrscheinlich auch in anderen und auch renommierten Medien nachzulesen. Deren Beiträge findet man bei Suchmaschinen meist am besten unter dem Reiter "News". Sie können auch Suchoptionen wie Veröffentlichungszeitraum oder Sprache ändern.

Auch die Seiten offizieller Organe und anerkannter Institutionen sind eine gute Anlaufstelle für glaubwürdige Informationen. Rund um das Coronavirus wäre zum Beispiel das Robert-Koch-Institut (RKI) eine weitaus bessere Informationsquelle als Youtube-Videos einzelner Medizinerinnen und Mediziner. Selbst wenn sie vom Fach sind, kann es sein, dass sie Einzelmeinungen vertreten, nicht den kompletten Überblick haben oder sogar Corona-Leugner sind.

London | Anti-Impf-Kundgebung Demonstranten
"Nein zur experimentellen Impfung" - Wo hat wohl diese Corona-Impf-Gegnerin in London ihre Informationen her?Bild: Martyn Wheatley/Parsons Media/imago images

Gibt es in der Nachricht, die Sie überprüfen möchten, bereits konkrete Hinweise auf den Ursprung der Information - etwa eine bestimmte Studie, ein Parteiprogramm oder eine Rede - dann schauen Sie, wenn möglich, beim Original nach, um zu überprüfen, was dort wirklich steht oder gesagt wurde. Manchmal werden Zitate verkürzt oder aus dem Zusammenhang gerissen und erhalten so eine andere Bedeutung.

Es gibt zudem verschiedene Webseiten, die sich der Aufklärung von Fake News widmen. Vielleicht finden Sie dort sogar schon einen Artikel, der die Nachricht als Falschmeldung entlarvt. Im deutschsprachigen Raum sind das unter anderem Correctiv, Hoaxsearch und auch die Deutsche Welle.

4) Nicht alles weiterleiten!

Sie als Internetnutzerinnen und -nutzer können etwas gegen den negativen Einfluss von Fake News tun, indem Sie nicht einfach unüberlegt weiterleiten, was Ihnen geschickt wurde. Denn oft geschieht genau das: Fehlinformationen werden nicht aus böser Absicht oder fester Überzeugung weiterverbreitet, sondern aus einem Mangel an Aufmerksamkeit und weil viele sich von Emotionen leiten lassen.

Besser ist: Wenn Sie Zweifel haben, woher die Information stammt und wie glaubwürdig sie ist, geben Sie sie nicht weiter. Sprechen Sie stattdessen mit der Senderin oder dem Sender über Ihre Bedenken. Sie können die vermutete Falschnachricht auch den Plattformbetreibern und/oder einer Faktencheck-Website melden

Infografik FaktenCheck Fake News DE

 

DW Fact Checking-Team | Ines Eisele
Ines Eisele Faktencheckerin, Redakteurin und AutorinInesEis