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Politik

Erdogan stuft Botschafter als unerwünscht ein

23. Oktober 2021

Die Türkei hat die Botschafter Deutschlands, der USA und mehrerer anderer Staaten zu unerwünschten Personen erklärt. Er habe das Außenministerium dazu angewiesen, sagte Präsident Erdogan. Anlass ist der Fall Kavala.

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Türkei Präsident Erdogan
Paukenschlag aus Ankara: Präsident Recep Tayyip ErdoganBild: picture-alliance/AA/M. Cetinmuhurdar

Im Streit um den inhaftierten türkischen Kulturförderer und Menschenrechtsaktivisten Osman Kavala lässt Staatschef Recep Tayyip Erdogan den deutschen Botschafter, den US-Botschafter sowie acht weitere Botschafter zu "unerwünschten Personen" erklären. Er habe das Außenministerium angewiesen, die Diplomaten "so schnell wie möglich" zur "persona non grata" zu erklären, sagte Erdogan in Eskisehir. Auf diese Einstufung folgt in der internationalen Diplomatie in der Regel die Ausweisung.

Aus Kreisen des Auswärtigen Amts in Berlin hieß es als Reaktion darauf am Samstagabend: "Wir haben die Äußerungen des türkischen Staatspräsidenten Erdogan sowie die Berichterstattung hierüber zur Kenntnis genommen und beraten uns derzeit intensiv mit den neun anderen betroffenen Ländern." 

Der gemeinsame Appell

Die Botschafter hatten Anfang der Woche in einem gemeinsamen Appell zur Freilassung des seit vier Jahren ohne Verurteilung im Gefängnis einsitzenden Kulturförderers Osman Kavala aufgerufen. Sie verwiesen dabei auf Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR). Als Folge hatte die Türkei die Botschafter einbestellt und mit deren Ausweisung gedroht. Ankara bezeichnete den Aufruf der Länder zur Freilassung des Kulturförderers Kavala als "inakzeptabel". Der EGMR hatte 2019 bereits Kavalas Freilassung gefordert. Die Türkei ignoriert das Urteil bislang, obwohl sie als Mitglied des Europarats eigentlich zur Umsetzung verpflichtet ist.

Türkei Osman Kavala, prominenter Angeklagter in Istanbul
Sein Fall sorgt nun für diplomatische Schachzüge: Osman KavalaBild: ANKA

Der Menschenrechtsaktivist war ursprünglich wegen des Vorwurfs festgenommen worden, die regierungskritischen Gezi-Proteste in Istanbul im Jahr 2013 finanziert und organisiert zu haben. Im Februar vergangenen Jahres sprach ein Gericht ihn von diesem Vorwurf frei. 

Kavala wurde daraufhin nach zweieinhalb Jahren Haft aus dem Gefängnis entlassen, jedoch wenige Stunden später erneut festgenommen - diesmal im Zusammenhang mit dem Putschversuch gegen Erdogan im Jahr 2016 und Spionagevorwürfen. Im Januar dieses Jahres hob ein Berufungsgericht den ersten Freispruch auf. Bei einer Verurteilung wegen der Spionagevorwürfe droht Kavala lebenslange Haft. Kavalas nächste Gerichtsverhandlung ist für den 26. November angesetzt.

Klare Worten von deutschen Politikern

In Deutschland kritisierten Politiker von FDP, CDU und Grünen das Vorgehen der türkischen Regierung gegen den deutschen Botschafter in Ankara. "Die mögliche Ausweisung von zehn Botschaftern, darunter die Vertreter von Deutschland und vieler NATO-Verbündeter der Türkei, wäre unklug, undiplomatisch und würde den Zusammenhalt des Bündnisses schwächen", schrieb der FDP-Außenpolitiker Alexander Graf Lambsdorff bei Twitter. "Daran kann Erdogan kein Interesse haben."

Osman Kavala: Der bekannteste politische Gefangene der Türkei

Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth forderte Sanktionen. "Erdogans skrupelloses Vorgehen gegen seine Kritiker wird zunehmend enthemmt", sagte Roth der Deutschen Presse-Agentur. Man müsse dem "autoritären Kurs Erdogans international die Stirn bieten", Sanktionen erlassen und Rüstungsexporte in die Türkei stoppen, so die Grünen-Politikerin.

Der CDU-Außenexperte Norbert Röttgen sprach gegenüber der "Süddeutschen Zeitung" von einer "außenpolitischen Eskalation". Präsident Tayyip Erdogan "führt sein Land damit weiter in die umfassende Abwendung von Europa und dem Westen". Der außenpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion im Bundestag, Omid Nouripour, sagte der Zeitung: "Das ist komplett indiskutabel und muss Konsequenzen haben." Man werde sich davon nicht abhalten lassen, für Rechtsstaatlichkeit und Demokratie einzutreten. Man werde "auch in Zukunft einen sehr deutlichen Ton" Erdogan gegenüber anschlagen müssen.

ml/kle/qu (afp, dpa)