Familienpolitik auf iranisch
14. März 2015Die iranische Führung ist schon seit längerem wegen des drohenden Bevölkerungsrückgangs alarmiert. Laut Statistik der Weltbank ist die Fruchtbarkeitsrate von sechs Kindern pro Frau im Revolutionsjahr 1979 auf heute 1,7 zurückgegangen. Um diesem Trend entgegenzuwirken, soll jetzt in Teheran ein Gesetzentwurf vom Wächterrat (im Artikelbild dessen Mitglied Mohammad Yazdi) genehmigt werden, der schon vor einigen Monaten vom Parlament beschlossen wurde.
Er enthält verschiedene Maßnahmen, von dem sich die Führung eine Zunahme der Geburten verspricht. Unter anderem sollen Unternehmen nur dann Frauen einstellen, wenn diese schon Kinder geboren haben. Des weiteren soll es für Frauen noch schwieriger werden als es bisher schon ist eine Scheidung einzureichen. "Frauen sollen auf die Bedürfnisse ihrer Männer eingehen und eine Scheidung möglichst verhindern", heißt es in dem Gesetzentwurf. An der problemlosen Möglichkeit für Männer, eine Scheidung einzureichen, wird dagegen nichts geändert.
"Furchtbare Folgen für Frauen in gewalttätigen Beziehungen"
Hassiba Hadj Sahraoui, bei Amnesty International zuständig für den Mittleren Osten und Nordafrika, appelliert an die iranischen Behörden: Sie müssten erkennen, "dass die Einführung solcher Gesetze furchtbare Folgen für Frauen haben können, die in gewaltsamen Beziehungen leben." Weiterhin soll die freiwillige Sterilisation, nach Aussagen von Experten die zweithäufigste Verhütungsmethode im Iran, verboten werden. Schon vor drei Jahren hatte die Regierung die staatliche Finanzierung für Familienplanungsprogramme eingestellt. Kondome, die bis dahin in sogenannten Gesundheitshäusern kostenlos abgegeben wurden, kann man inzwischen auch in vielen Apotheken nicht mehr kaufen.
Laut Hassiba Hadj Sahraoui werfen die vorgeschlagenen Gesetze die Rechte von Frauen und Mädchen im Iran um Jahrzehnte zurück. Die iranische Führung fördere "eine Kultur, die Frauen nur als Gebärmaschinen sieht und ihnen jegliche Art von Menschenrechte raubt." Experten der WHO sehen außerdem die Gefahr, dass durch die Versperrung des Zugangs zu Verhütungsmitteln heimliche Abtreibungen und damit die Müttersterblichkeit ansteigen werden. Das mit den gesetzlichen Maßnahmen offenbar verfolgte Ziel, dass die Frauen sich stärker auf ihre Rolle als Mütter fokussieren, steht unter anderem im Widerspruch zur Situation an den iranischen Hochschulen. Dort ist die Zahl der weiblichen Absolventen nämlich höher als die der männlichen.