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Assad lässt Parlament Demokratie vorgaukeln

6. Juni 2016

Das neugewählte Parlament Syriens ist zusammengetreten. Für die meisten Menschen in dem am Boden liegenden Land mit einem zerbrochenen Staat hat dies keine Bedeutung. An den Fronten wird wieder heftig gekämpft.

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Bei den Parlamentswahlen in Syrien die Stimmabgabe von Präsident Baschar al-Assad (foto: reuters)
Bild: Reuters/SANA

Ein Parlamentarier nach dem anderen trat im Abgeordnetenhaus von Damaskus ans Rednerpult und leistete seinen Amtseid: "Ich schwöre im Namen Gottes, dass ich die Verfassung des Landes und seine Gesetze respektiere (...) und die Interessen des Volks und seine Freiheit hüte", sprachen die Mitte April gewählten Kandidaten einzeln ins Mikrofon. Regimegegnern und Kritikern im In- und Ausland muss diese Inszenierung wie blanker Hohn vorgekommen sein.

Auch dass mit der Abgeordneten Hadija Chalaf Abbas erstmals eine Frau an die Spitze des Parlaments gewählt wurde, fand wenig positive Würdigung. Die Agaringenieurin gehört der regierenden Baath-Partei von Präsident Baschar al-Assad (Artikelfoto) an, die dieses neue Parlament ebenso dominiert wie alle Parlamente vorher. Mindestens 165 der insgesamt 250 Abgeordneten gehören der Baath-Partei direkt an, etliche weitere sind eng mit ihr verbunden.

Friedensgespräche gescheitert - ebenso freie Wahlen

Regimegegner und zahlreiche Regierungen hatten die Wahl vor zwei Monaten als undemokratisch bezeichnet und verlangt, sie auszusetzen. Sie sahen die Abstimmung lediglich als Störmanöver für die Genfer Friedensgespräche, die auch den Weg zu wirklich freien Wahlen unter UN-Aufsicht bahnen sollen. Die Oppositionsparteien boykottierten die Wahl.

Die Syrer hatten ohnehin nur in den von der Regierung kontrollierten Gebieten abstimmen können. Während man in Damaskus am Montag so tat, als herrsche angeblich wieder "demokratische" Normalität, eskalierten in vielen Landesteilen die Kämpfe - auch zum Beginn des Fastenmonats Ramadan.

Entscheidung im Norden?

Syrische Oppositionsmilizen haben nach eigenen Angaben die letzte Bastion der Extremistenarmee "Islamischer Staat" (IS) im Norden im Grenzgebiet zur Türkei nahezu eingekesselt. Die Syrisch-Demokratischen Streitkräfte (SDF), die auch die Kurdenmiliz YPG umfassen, seien bis auf sechs Kilometer auf die Stadt Manbidsch vorgerückt und hätten sie von drei Seiten eingeschlossen, berichtete der Sprecher des dortigen Militärrats, Scharfan Darwisch. Die von US-Spezialkräften unterstützte Offensive laufe nach Plan. Über 150 Dschihadisten seien getötet worden, aber auch die SDF hätten Verluste.

Syrische Kurden trauern um Kämpfer, die bei den Gefechten um Manbidsch gefallen sind (foto: Getty Images/AFP/D. Souleiman)
Syrische Kurden trauern um Kämpfer, die bei den Gefechten um Manbidsch gefallen sindBild: Getty Images/AFP/D. Souleiman

Die Vereinten Nationen warnten, die Offensive könne bis zu 216.000 Menschen aus der Gegend vertreiben, wenn sie fortgesetzt werde. 20.000 Menschen seien bereits auf der Flucht.

Im Osten wurden bei Luftangriffen auf einen Markt in einem Ort unter Kontrolle der IS-Terrormiliz mindestens 17 Zivilisten getötet, wie die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte aus dem Londoner Exil meldete. Unter den Opfern nahe der IS-Hochburg Dair as-Saur waren demnach auch acht Kinder. Verantwortlich gemacht wurden die syrische und die russische Luftwaffe.

Lawrow: Geben Aleppo nie auf

Bei der Schlacht um die Metropole Aleppo werde Russland die syrische Regierungsarmee "so aktiv wie möglich" unterstützen, erklärte in Moskau Außenminister Sergej Lawrow. Man werde den "Terroristen" niemals erlauben, dieses Territorium einzunehmen, so Lawrow vor der Presse.

Den USA warf er vor, ihren Verpflichtungen nicht nachzukommen, die loyalen Gruppen der Opposition von den Stellungen der terroristischen, islamistischen Al-Nusra-Front zu trennen. Somit könne man bei den Luftschlägen eben nicht zwischen "guter und schlechter Opposition" unterscheiden.

SC/wl (rtr, dpae, afp)